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Dustlands - Der Herzstein: Roman (German Edition)

Dustlands - Der Herzstein: Roman (German Edition)

Titel: Dustlands - Der Herzstein: Roman (German Edition)
Autoren: Moira Young
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du bist.«
    Dann hat sie ihn geküsst. Bis er nicht mehr denken konnte. Bis ihm schwindlig war vor Verlangen nach ihr.
    Er steckt den Stein wieder ins Hemd.
    Das Unwetter bricht los. Abrupt hört er das Sulfat dumpf aufs Dach prasseln. Bald wird der Regen folgen und alles abwaschen.
    Die Tür springt auf. Der Wind dringt heulend in die Schenke, lässt die Dachsparren ächzen, wirbelt den Sand am Boden auf, zupft an seinem Mantel. Er steht auf, um die Tür zu schließen.
    Zwei Männer kommen herein. Sie sind überall mit Sulfat bestäubt. Lederrüstung. Armbrüste. Bolzenschießer. Lange schwarze Gewänder. Lange Haare. Bärte.
    Tonton. Von der alten Sorte.
    Gefahr. Jeder Nerv, jeder Muskel in Jacks Körper spannt sich an und bebt. Dennoch sagt er in beiläufigem Ton: »Der Laden ist leer, Leute. Sieht so aus, als wären alle abgehauen.«
    »Ich will zu dieser Lilith«, sagt der eine. »Wo ist sie?«
    »Weg«, sagt Jack, »wie ich gesagt hab. Guckt doch selber nach.«
    Der Tonton sieht ihn an. Dann geht er zu einer Tür in der Ecke. Sie führt auf einen Gang, von dem vier kleine Zimmer abgehen, in denen die Mädchen ihrem Gewerbe nachgingen. Er geht auf den Gang und brüllt: »Lilith! Hey, Lilith! Komm raus da!«
    Dann werden Türen aufgerissen, eine nach der anderen.
    Ein Tonton aus dem Weg. Jacks Blick zuckt zur Theke, wo sein Waffengürtel liegt.
    Eine blitzschnelle Bewegung, und der andere Tonton richtet einen Bolzenschießer auf Jack. Es hat nur eine Sekunde gedauert. Der Tonton geht zur Theke und leert einen der Schnapsbecher. Er lässt Jack nicht aus den Augen.
    Der erste Tonton kommt wieder zurück. »Wo ist sie hin?«, fragt er.
    »Ich weiß nicht, mein Freund«, sagt Jack. »Wie gesagt, hier ist keiner.«
    Genau in diesem Augenblick entfährt Molly ein Schrei. Ein langgezogener, klagender, tierischer Schmerzensschrei.
    Als er verklingt, fragt der an der Theke: »Und wer ist das?«
    Er und Jack starren einander an.
    »Lasst sie in Ruh«, sagt Jack.
    Der Tonton richtet den Bolzenschießer auf Jacks Herz. Träge. Er lächelt.
    »Ruf sie«, sagt er. »Na los … mein Freund. Ruf sie.«

Das Ödland
Einen Monat später
    I ch steh auf dem Hügelkamm und seh die Sonne aufgehen. Weißgesichtig und gnadenlos fängt sie an, die Erde zu versengen. Ein neuer Tag im Ödland. Ein neuer Tag in diesem Nirgendwo. Hochsommer. Hitze und Staub. Durst und Hunger und Vorwürfe.
    Lugh und Tommo und Emmi und ich. Gegenseitig. Wer was getan hat. Wer was gesagt hat. Wer schuld ist, dass wir hier festsitzen. Dass wir mitten in diesem Land aus Tod und Knochen festsitzen, wo wir doch in Saus und Braus im Westen leben sollten. Uns ein neues Leben aufbauen sollten.
    Hinter den Bergen. Am Großen Wasser. Wo die Luft nach Honig duftet. Wo Jack auf mich wartet.
    Ach, Jack. Bitte. Warte.
    Ich zähl drauf, dass du wartest.
    Wir hätten längst da sein sollen. Schon vor Wochen. Emmi sagt, dass das Land uns hier festhält. Dass es uns gefangen hält. Ich wünschte, sie würde so was nicht sagen. Man weiß, dass es dumm ist, aber sie sagt’s, und irgendwie setzt es sich im Kopf fest, und dann muss man immer dran denken. Die Sache ist die: Wir haben es falsch angefangen. Wir haben keinen Plan gehabt. Wir haben einfach die Köpfe nach Westen gedreht und sind los. Kaum zu glauben, dass vier Leute so dumm sein können, aber so ist es. Wir haben nicht richtig nachgedacht, keiner von uns. Zu viel ist passiert. Wir hatten gerade erst die Tonton in einem harten Kampf besiegt. Und das auch nur knapp und nur dank Maev und ihren Hawks. Wenn die nicht aufgetaucht wären, wären wir geliefert gewesen. Dann Jack. Der Wiedersehen gesagt hat, statt mir Lebewohl zu wünschen: Ich seh dich im Westen – ach, und übrigens – du bist in meinem Blut, Saba.
    Deshalb ist mein Kopf voll von ihm und all dem andern gewesen und … ich hab Lugh wieder. Seit die Tonton ihn am Silverlake gefangen hatten, hab ich nur das im Sinn gehabt. Lugh zu finden und zurückzuholen. Und ich bin einfach so froh gewesen. So froh und so dankbar, dass er und ich wieder zusammen sind.
    Damit will ich nicht sagen, es wär mir egal, dass Ike in dem Kampf getötet worden ist. Es macht mich unendlich traurig, wenn ich an ihn denk. Das Herz tut mir weh. Nicht wie Tommos, nicht so. Tommo trauert schwer und tief um Ike. Taube Jungs sind bestimmt nie sehr gesprächig, aber er ist so am Boden, dass wir seine seltsame heisere Stimme neuerdings kaum noch zu hören bekommen. Em hat sich
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