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Durch die Hintertür

Durch die Hintertür

Titel: Durch die Hintertür
Autoren: James Lear
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durchaus schmerzhaft waren.«
    Ich hielt es für angemessen, nichts von seiner Behandlung durch Piggott und Kennington zu sagen, deren Zeuge ich geworden und die vermutlich das ganze Wochenende so weitergegangen war. Kein Wunder, dass Piggott einen Tag Verschnaufpause brauchte. Schließlich musste er am Montag wieder ganz bei Kräften sein, denn dann würde er Leonard ›verhören‹. Ich konnte mir vorstellen, dass der Piggotts Methoden durchaus nicht abgeneigt war.
    »Nun, ich mag Geschichten mit glücklichem Ende«, sagte ich, nicht ohne einen gewissen Neid zu verspüren. Rex und Charlie waren ihrer Gefühle zueinander so sicher; das konnte ich von mir und Morgan nicht behaupten – er war zwar verrückt vor Geilheit, sprach aber immer noch mit großer Begeisterung von seiner bevorstehenden Hochzeit mit Belinda.
    »Ohne Sie beide hätten wir das nie geschafft, Mitch und Morgan«, sagte Rex. »Wären Sie Leonard und Mrs. Ramage nicht auf die Schliche gekommen … ich will mir lieber nicht ausmalen, was dann passiert wäre.«
    »Apropos Mrs. Ramage«, warf ich ein, »was ist eigentlich aus ihr geworden – oder sollte ich lieber sagen: aus ihm?«
    »Ich sah sie aus dem Haus und über den Rasen rennen«, sagte West. »Sir James hatte mich auf mein Zimmer geschickt und gesagt, ich solle nicht eher herauskommen, bis er nach mir rufen ließe. Aber da war so viel Lärm im Haus, und als ich Mrs. R wie eine Irre schreiend in Richtung Klippen stürzen sah, hielt ich es für besser, ihr zu folgen. Zum Glück ist sie ziemlich beleibt und kann nicht sehr schnell rennen, während ich beim Wettlaufen in Cambridge immer ziemlich gut war …«
    »Erzählen Sie weiter, Vince.«
    »Nun, ich holte sie auf der anderen Seite der Rhododendren ein und versuchte, sie aufzuhalten – aber sie schlug mir in den Bauch und riss sich los. Sie mag wie eine Frau aussehen, aber sie hat einen Fausthieb wie ein Boxer. Als ich mich wieder gefangen hatte, hatte sie den Rand der Klippen erreicht und rief den Namen ihres Bruders. Ihr Haarknoten hatte sich gelöst, und auf ihrem Kopf war eine riesige kahle Stelle zu sehen. Sie fing an, sich die Kleider vom Leib zu reißen, und ein Großteil davon war gepolstert. Ich frage mich, wie lange sie wohl auf diese Weise gelebt hat?«
    »Das werden wir vielleicht nie erfahren.«
    »Ich konnte sie zu Boden zerren, ehe sie Schlimmeres anstellen konnte, und dann tat ich etwas, wofür ich mich sehr schäme. Ich schlug eine Frau.«
    »Sie ist keine Frau, Vince«, sagte ich.
    »Nun, jedenfalls schlug ich sie bewusstlos und trug sie dann auf meinen Schultern zurück ins Haus.«
    »Großer Gott«, sagte ich und sah West auf einmal in neuem Licht, »Sie sind stärker, als Sie aussehen.«
    »Nun, ich musste ein paar Pausen einlegen«, erwiderte er bescheiden. »Ich legte sie in der Küche ab und rief den Arzt. Man hat sie ins Krankenhaus gebracht. Ich glaube, sie hat völlig den Verstand verloren.«
    »Ich hoffe, man kümmert sich um sie«, sagte Rex. »Sie ist vielleicht sonderbar, aber sie war eine verdammt gute Hauswirtschafterin.«
    »Was ich nicht verstehe«, sagte Morgan, »ist, warum sie so verzweifelt versucht hat, Sir James zu schützen. Warum lässt sie sich in einen Mordfall verwickeln, der gar nichts mit ihr zu tun hat? Sie ist doch nur eine Hausangestellte.«
    »Das ist das Traurigste daran«, sagte Rex. »Das war ihre Art von Loyalität. Loyalität ist etwas Gutes und Edles, aber wenn sie sich in Blindheit verwandelt, kann sie überaus gefährlich werden. Mrs. Ramage verehrt Vater und Mutter – und jetzt, wo wir ihr Geheimnis kennen, können wir vielleicht auch den Grund verstehen. Hier in Drekeham Hall war sie sicher, hier konnte sie als Frau leben. Alles, was ihr Geheimnis zu enthüllen drohte …«
    »Ich verstehe«, sagte Morgan. »Verdammt merkwürdige Familie, in die ich da einheirate.«
    Nach und nach zogen wir uns auf unsere Zimmer zurück, um unsere letzte Nacht auf Drekeham Hall zu verbringen – doch nicht ohne zuvor eine weitere Überraschung zu erleben.
    Ich hatte die Absicht, am nächsten Tag nach Cambridge zurückzukehren, während Morgan Belinda und Sir James nach London bringen wollte – angeblich um nach Lady Caroline zu suchen, aber in Wahrheit doch eher, um, wie Morgan es ausdrückte, »nach all diesem Elend ein bisschen Abwechslung zu haben«.
    »Ich weise Hibbert an, euch alle morgen früh zum Bahnhof zu bringen«, sagte Rex, »sofern du nicht selbst den Wagen fahren möchtest,
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