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Durch die Hintertür

Durch die Hintertür

Titel: Durch die Hintertür
Autoren: James Lear
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zum Mord vor Gericht kommen würde. Rex kam in Begleitung von Charlie Meeks; in ihren Cutaways sahen sie aus wie Filmstars. Anfangs gab es böse Blicke und Gezischel unter den anderen Gästen, doch bald schon waren die beiden die Helden der Veranstaltung. Morgans Verwandte waren Methodisten und taten so, als bemerkten sie nichts – und vielleicht war genau das auch der Fall.
    Ich war der Trauzeuge und machte gute Miene zum bösen Spiel. Natürlich hatte ich mit Morgan am Vorabend den Junggesellenabschied gefeiert; wir hatten zu viel getrunken und uns in einem Zimmer über dem Pub um den Verstand gefickt. Am Morgen war er dann so aufgeregt (und verkatert), dass ich ihm erst einen blasen und ihm dann ins Gesicht spritzen musste, ehe er ruhig genug war, um zu baden und sich anzukleiden. Ich hatte keinerlei Bedenken, dass für die Hochzeitsnacht mit seiner sittsamen Braut noch genug übrig blieb.
    Morgan kehrte nicht mehr nach Cambridge zurück, sondern nahm einen Posten in der Firma von Sir James an, wo er sich als fähig und enthusiastisch erwies – er stieg rasch in der Firmenhierarchie auf und füllte die Lücke, die Sir James’ Rückzug aus dem öffentlichen Leben und Rex’ Entscheidung, nicht mehr für seinen Vater arbeiten zu wollen, hinterlassen hatte. Binnen eines Jahres schrieb die Firma wieder schwarze Zahlen, und Morgan und Belinda waren stolze Eltern einer wunderschönen Tochter. Sie leben in London, wo ich sie regelmäßig besuche; Morgan und ich stehen uns so nahe wie eh und je. Ich bin froh, dass meine romantischen Sehnsüchte sich in eine dauerhafte Zuneigung gewandelt haben, eine Freundschaft, gewürzt mit gelegentlichen Episoden von athletischem Sex.
    Sir James fiel in den Monaten nach dem Tod von Reg Walworth in eine tiefe Depression und sprach kaum mit seinen Kindern. Der Skandal forderte schrecklichen Tribut von ihm – Barrett hatte in seinem Zeitungsbericht eine Woche nach dem Mord zwar eine bereinigte Version der Dinge präsentiert, doch auch so gab es noch genug Andeutungen über den Tod des »arbeitslosen jungen Mannes«, der mit Sir James »auf vertrautem Fuß« stand, und über »Lady Carolines Flucht mit ihrem Chauffeur«, die dazu führten, dass der einst so mächtige und einflussreiche Sir James sich aus der Öffentlichkeit zurückziehen musste. Drekeham Hall glich einem Geisterhaus; ohne Burroughs und Mrs. Ramage, die sich auf Sir James’ Kosten in einer Privatklinik allmählich erholte, verkam der Haushalt ziemlich rasch. Es wurden keine Löhne mehr bezahlt, der Koch nahm seinen Hut, bald gefolgt vom Küchenmädchen und dem restlichen Hauspersonal – mit Ausnahme von Simon, dem taubstummen Hausburschen, der fortan für sämtliche Bedürfnisse von Sir James zuständig war. Zudem blieben der Gärtner und der Stallbursche und kümmerten sich emsig um die Außenanlagen und die Pferde – und bestimmt auch um einander.
    Simon war es, der Sir James schließlich aus seiner Privathölle herauslockte. Ich weiß nicht wie, aber nach und nach wurde Simon ihm nicht nur ein Diener, sondern ein zuverlässiger Freund – und natürlich war er sein Liebhaber. In Simons sanftmütigem Wesen, seiner glatten Haut und seiner lautlosen Fügung in ein hartes Leben fand Sir James genau das, wonach er gesucht hatte. Simon und Sir James leben mittlerweile zurückgezogen in einigen Räumen des gewaltigen Hauses, in dem sich derart chaotische Ereignisse abgespielt hatten.
    Von Leonard Eagle ließ sich nicht gerade behaupten, dass er ein neues Leben begonnen habe, doch die gemachten Erfahrungen brachten ihn zur Einsicht, dass es das Beste sei, sich von seiner Familie fernzuhalten – er ließ sich in London nieder und stellte sicher, dass ihre Wege sich möglichst nicht kreuzten. Die Anklage wegen versuchten Mordes wurde aus Mangel an Beweisen fallengelassen; ich kann mir gut vorstellen, dass Sir James dahintersteckte. Nach zweitägiger Haft in der Polizeiwache von Drekeham war Leonard wieder ein freier Mann und verließ das Dorf auf Nimmerwiedersehen. Amüsanterweise traf Letzteres auch auf Kommissar Piggott zu. Ich weiß es nicht mit Sicherheit, vermute aber, dass dies kein Zufall ist. Ganz wie Rex es prophezeit hatte, tauchte Sergeant Kennington wieder auf und versuchte, Sir James zu erpressen; er wurde allerdings rasch geschnappt und zum Tode durch den Strang verurteilt. So sehr ich die Todesstrafe auch verabscheue, konnte ich den Gedanken nicht unterdrücken, dass dies das angemessene Ende für einen Mann
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