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Durch die Hintertür

Durch die Hintertür

Titel: Durch die Hintertür
Autoren: James Lear
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war, der selbst so gern zum Strick gegriffen hatte.
    Wachtmeister Shipton erhielt eine Beförderung und ist nun Leiter der Wache, wo ich ihn gelegentlich auf eine Zigarette besuche.
    Lady Diana Hunt hat ein neues Leben in Paris begonnen und ist seitdem Dauerthema in den Klatschspalten beiderseits des Ärmelkanals – dank ihres ausschweifenden Lebens, ihres modischen Kokainismus und ihrer nicht abreißenden Kette an Verlobungen mit Männern aus allen Schichten der Gesellschaft, zumeist aber mit grobschlächtigen Arbeitern. Von Hibbert hörten wir nie wieder etwas. Ich bin indes überzeugt, dass sich immer ein Mann oder eine Frau findet, der oder die bereit ist, gutes Geld für seinen beträchtlichen Charme zu zahlen.
    Und was wurde aus mir? Ich kehrte nach Cambridge zurück und setzte mein Studium fort. Ohne Morgan kam ich mir dort sehr einsam vor, aber ich hatte viel zu tun und fand Vergnügen an meiner neuen Aufgabe als Tutor einer frischen Generation von Studenten, die unter meiner Ägide eine Menge lernen konnte. Nach diesem aufregenden Sommer sehnte ich mich allerdings irgendwann nach neuen Fällen, die zu lösen waren – doch das ist eine andere Geschichte.
    Und zu meiner Überraschung und Freude hatte ich bald einen neuen Mitbewohner – kein Geringerer als Vincent West, der ehemalige Sekretär von Sir James, der Drekeham Hall verlassen hatte und sein Studium in Cambridge fortsetzen durfte, nachdem die College-Leitung überzeugt worden war, dass man ihn zu Unrecht der Schule verwiesen hatte. Sobald er in Cambridge angekommen war, ging er mich suchen und lud mich auf ein Bier in einen kleinen Pub am Fluss.
    Er wirkte jünger als bei unserer letzten Begegnung in Drekeham Hall; nachdem er sein Einsiedlerleben und die Last der Verantwortung endlich ablegen konnte, blühte er auf. Er stand aufrecht, die Augen strahlten, die Haut war nicht mehr fahl und käsig, sondern von der Sonne gebräunt. Und kaum hatten wir uns mit unseren Biergläsern in den Garten gesetzt, um unter dem goldenen Laub einer Kastanie den Sonnenschein eines frühen Herbsttages zu genießen, da brachte er auch schon ein lange vorbereitetes Anliegen vor.
    »Mitch, ich hoffe, du hältst das nicht für überstürzt, aber seit ich dich im Sommer in Drekeham Hall sah, kann ich an nichts anderes mehr denken. Tausendmal wollte ich dir schreiben, aber ich warf die Briefe nie ein, weil ich dachte, dass Morgan und du … na, du weißt schon. Aber jetzt ist er verheiratet, du bist hier allein und ich bin hier allein … nun …«
    Er verlor den Faden.
    »Ich hatte mir alles so schön zurechtgelegt, aber jetzt kommt es mir so unsinnig vor.«
    »Nur raus damit, Vince.«
    »Verdammt noch mal, Mitch, ich will dich so sehr, dass es wehtut.«
    Mehr brauchte er nicht zu sagen.
    »Trink aus, Vince«, sagte ich und leerte mein Bier in einem Schluck. »Wir gehen auf mein Zimmer. Und dort bleibst du auch.«
    Wie wir es die Treppe hinauf schafften, weiß ich nicht; wir rissen uns schon die Kleider vom Leib, als wir das Gebäude betraten. Wir schlugen die Tür hinter uns zu und fraßen uns mit Küssen auf. Wir schafften es nicht zu meinem schmalen Einzelbett; stattdessen liebten wir uns auf dem fadenscheinigen Teppich vor dem leeren Kamin. Die letzten Sonnenstrahlen fielen durchs Fenster auf unsere nackte Haut. Er war voller Leidenschaft – vielleicht der leidenschaftlichste Liebhaber, den ich je hatte, weil sich Monate, nein Jahre der Entsagung in ihm aufgestaut hatten. Als ich in ihn eindrang – er lag auf dem Rücken, seine Beine auf meinen Schultern –, glaubte ich, dass er gleich vor Freude weinen würde.
    Wir verließen das Zimmer erst wieder, als der Hunger uns in die Mensa trieb. Am nächsten Tag zog er ein, und die Hochschulleitung gewährte uns widerwillig ein zweites, schmales Bett. Beide nebeneinander ergaben genügend Platz für unsere Bedürfnisse.
    Und so lebten, studierten und liebten wir den Rest des Jahres zusammen. Meine Dissertation ist beinahe vollendet, und Vince wird seinen Abschluss mit Bravour bestehen. Wenn ich im Herbst nach Boston zurückkehre, wird er an meiner Seite sein.
    Ende

Über den Autor
    James Lear ist Experte für knisternd erotische schwule Krimis und historische Romane. Durch die Hintertür , auf Englisch unter dem Titel The Back Passage erschienen, begründete seinen Erfolg als internationaler Bestsellerautor. James Lear lebt in London.

Über das Buch
    „Witzig, geheimnisvoll und unverschämt erotisch“ (Richard Labonté)
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