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Dunkles Feuer

Dunkles Feuer

Titel: Dunkles Feuer
Autoren: Elvira Zeissler
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dem alten Geheimgang im Erdgeschoss ein.
»Ah, wie ich sehe, ist Peter recht fleißig gewesen«, sagte Julie mit einem Blick auf die durchbrochene Wand im hinteren Teil des Raums. Sie schnappte sich eine bereitstehende Öllampe und zündete sie geschickt an. Als sie sich dem Durchbruch zuwandte, versperrte Frederik ihr erneut den Weg.
»Lass mich durch, Frederik.«
»Nein.«
»Das ist doch kindisch. Du kannst mir doch nicht für immer hier den Weg versperren.«
»Ich bin ein Geist, ich kann vieles.«
Sie lächelte leicht. »Wieso hast du eine so große Angst davor, was ich da finden könnte?«
»Julie, bitte, vertrau mir, da ist nichts drin, von dem du etwas wissen solltest.«
»Was erwartest du eigentlich von mir? Dass ich einfach so von hier wegfahre, ohne auch nur zu wissen, was eigentlich los ist? Dass ich mich mein Leben lang mit der Ungewissheit quäle? Dass ich dich einfach aufgebe? Nein, schlimmer noch zu einem Dasein verdamme, bei dem der Tod eine Erlösung wäre? Und du erwartest ernsthaft, dass ich danach ein ruhiges und zufriedenes Leben führen kann? Selbst wenn du tot wärst, wäre der Gedanke für mich leichter zu ertragen als die Gewissheit deiner immerwährenden, in den Wahnsinn treibenden und völligen Einsamkeit. Bitte, geh' beiseite, und lass mich endlich meine eigenen Entscheidungen treffen.«
Er rührte sich nicht vom Fleck.
»Wie du willst.« Julie konzentrierte sich und sah ihm direkt in die Augen. Dann trat sie direkt durch ihn durch. Es war ein eigenartiges Gefühl. Für den Bruchteil einer Sekunde bestand eine intensive, beinahe körperliche Verbindung zwischen ihnen beiden. Dann riss sie ab und hinterließ ein merkwürdiges Gefühl der Leere. Julie stolperte in den nächsten Raum. Auf einmal war sie sich gar nicht so sicher, ob sie noch weiter gehen wollte. In dem Augenblick ihrer Verbindung hatte sie viele widersprüchliche Gefühle bei Frederik gespürt. Alles beherrschend war jedoch seine Angst, dass ihr etwas zustoßen könnte.
»Wow, was war denn das?« entfuhr es Frederik, der Julie auf einmal in seinem Rücken hatte.
Sie lächelte neckend. »Tja, wie du schon gesagt hast, mein Schatz, du bist ein Geist. Das eröffnet auch mir ein paar Möglichkeiten.«
Aufmerksam sah Julie sich in dem Raum um, als sie plötzlich Peters Stimme hörte, die nach ihr rief. Wenige Sekunden später tauchte er selbst in dem Durchgang auf. »Ich konnte dich nirgends finden, Julie.«
»Es war ja auch so schwer vorauszusehen, wohin sie als nächstes gehen würde«, bemerkte Frederik sarkastisch.
Peter schoss ihm einen zornigen Blick zu. »Halt du dich lieber da raus.«
Julie reagierte nicht auf die Streitereien der Männer. Der Schein ihrer Lampe fiel auf ein offenes Buch. »Julie, nein, bleib stehen!« rief Peter, der endlich ihre Absicht erkannte.
Doch es war zu spät. Schon beugte sich Julie über die vergilbte Seite, auf der sich in großen schwarzen Buchstaben Frederiks Fluch abhob. Sie überflog ihn einmal, zweimal, dann erfasste sie seinen ganzen Sinn.
Ruhig sah sie die beiden Männer an, die vor Anspannung ihren Atem angehalten hatten.
»Das ist es, was ich nicht erfahren sollte?«
Betretenes Schweigen war ihre Antwort.
Sie sah Peter an. »Das hast du also gemeint, als du sagtest, dass Frederik mich nur für seine Zwecke benutzt. Du dachtest, dass er das von mir verlangen würde. Nur, dass er es nicht verlangt hatte.«
»Und wenn du dich da raus gehalten hättest, wäre dies alles nicht passiert«, fügte Frederik grimmig hinzu.
»Wie hätte ich ahnen können, dass er es diesmal nicht macht?« rechtfertigte sich Peter.
»Ach, Peter, Frederik könnte so etwas niemals verlangen, verstehst du?«
»Du irrst dich, er hatte es früher schon sehr wohl verlangt.«
Julie ließ sich aber nicht beirren. »Das zeigt doch nur, dass er es selber nicht verstanden hatte. Darum ist er auch gescheitert.« Ihr Blick wanderte wieder zu Frederik. »So etwas kann man nicht verlangen oder einfordern, das hast du jetzt erkannt, nicht wahr?«
Frederik nickte nur und versuchte, den Kloß in seinem Hals herunter zu schlucken. Julies Gelassenheit jagte ihm eine Heidenangst ein.
»So etwas kann nur aus völlig freiem Willen und tiefstem Herzen erfolgen. Mein Leben, um dir eine Ewigkeit des Schmerzes zu ersparen, das klingt doch recht fair.«
»Julie, du weißt nicht, was du da sagst«, mischte Peter sich in das Gespräch ein. »Er ist so ein Opfer nicht wert, Julie. Er hat zwar dein Leben nicht gefordert, dennoch ist er ein ganz
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