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Dunkler Fremder

Dunkler Fremder

Titel: Dunkler Fremder
Autoren: Jack Higgins
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irgend etwas oder irgend
jemanden gebraucht hatte.
      Der Mietwagen setzte sie vor dem Gartentor zu ihrem
Haus ab, und Shane wartete, bis sie durch das Tor gegangen war, ehe er
den Fahrer bezahlte und ihr folgte.
      Der Garten erschien ihm noch vernachlässigter zu
sein als je zuvor. Die Vorhänge vor den Fenstern waren zugezogen,
und das verlieh ihnen irgendwie den Ausdruck großer, blickloser
Augen, die blind auf ihn hinabstarrten.
      Er ging um das Haus herum und schlug den Weg zu ihrem
Atelier ein. Shane stieg die Stufen zum Studio hinauf und öffnete
die Tür.
      Wie ein dunkler Schatten schoß der Dobermann
durch den Raum auf ihn zu, doch das Knurren in seiner Kehle erstarb und
unerwartet schob er schnüffelnd seine Schnauze in Shanes Hand.
Laura Faulkner hatte vor dem großen Fenster gestanden und drehte
sich überrascht um.
      Ihre Augen wirkten in ihrem verhärmten Gesicht zu
groß. Sie blickte ihm ungläubig entgegen, und dann entrang
sich ihrem Mund ein leises Stöhnen, und sie machte zögernd
einen Schritt auf ihn zu.
      Einen Augenblick später lag sie in seinen Armen,
und er drückte sie fest an sich, während sie von einem
Weinkrampf geschüttelt wurde. Nach einer Weile faßte sie
sich und blickte mit einem unsicheren Lächeln zu ihm auf.
»Weshalb bist du nicht im Krankenhaus in deinem Bett?«
      Er lächelte. »Dort spielen sie jetzt
wahrscheinlich verrückt, aber das ist mir gleichgültig. Ich
mußte dich einfach sehen.« Nach einer kurzen Pause
fügte er noch hinzu: »Es tut mir leid wegen deinem
Vater.«
      Sie seufzte und löste sich von ihm. »Mir
eigentlich nicht, nachdem nun alles vorüber ist. Er hat in den
vergangenen Jahren nicht mehr viel von seinem Leben gehabt.«
      »Und du selbst wohl auch nicht«, ergänzte Shane.
      Sie atmete schwer. »Bevor wir weiter
darüber reden, es gibt ein oder zwei Dinge, die du wissen
solltest. Mir war bekannt, daß Charles Graham in Wirklichkeit
Simon war.«
      »Das weiß ich schon«, erwiderte er. »Simon gestand es mir, kurz bevor er starb.«
      »Aber noch etwas anderes mußt du
erfahren«, fuhr sie mit tonloser Stimme fort. »In der
Nacht, als du hier warst, nachdem du Steele gezwungen hattest, dir
seine Schlüssel auszuhändigen, und in sein Büro gehen
wolltest, um dir dort diese Briefe zu holen, habe ich Simon gewarnt.
Das tat ich gerade, als du mich am Telefon überraschtest.«
      »Auch das weiß ich«, entgegnete Shane.
      Einen Augenblick lang schien sie überrascht zu
sein, doch dann ließ sie die Schultern sinken und sagte
erschöpft: »Ich erwarte nicht, daß du mir glaubst,
aber von all den anderen Dingen weiß ich nichts. Ich hatte keine
Ahnung, daß er versuchte, dich in den Wahnsinn zu treiben.«
      Shane nahm sie wieder fest in seine Arme. »Aber ich glaube dir doch«, versicherte er.
      Sie blickte verwundert zu ihm auf und fragte dann bekümmert: »Aber warum solltest du das?«
      »Weil ich dich liebe. Ich glaube, ich habe dich
vom ersten Augenblick an geliebt. Und ich brauche dich so dringend,
ebenso dringend, wie du mich brauchst. In gewisser Weise wurden wir
beide neu geboren, und eine Geburt ist ein schmerzvoller Prozeß.
Es wird für keinen von uns beiden leicht, die Fäden unseres
Lebens neu zu knüpfen.«
      Für einen unendlich langen Augenblick schaute sie
ihn mit Tränen in den Augen an, dann lächelte sie
plötzlich, faßte ihn bei der Hand und zog ihn zur Tür.
      »Wo willst du denn hin?« fragte er überrascht.
      »Den Wagen holen«, antwortete sie fest.
»Du mußt sofort wieder ins Krankenhaus und ins Bett.«
      Sein erster Impuls war, ihr zu widersprechen, aber sie
blickte ihn energisch an. Zum ersten Mal seit Jahren fühlte er
sich glücklich, und zusammen gingen sie zum Haus hinüber,
während der Dobermann ihnen auf den Fersen folgte.
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