Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dunkler Fremder

Dunkler Fremder

Titel: Dunkler Fremder
Autoren: Jack Higgins
Vom Netzwerk:
geöffnet wurde, wandte er sich
ärgerlich danach um.
      Lomax stand mit einem verlegenen Lächeln auf dem
Gesicht im Zimmer. »Sie scheinen enttäuscht zu sein. Haben
Sie jemand anderes erwartet?« fragte er.
      Shane antwortete. »Ich dachte, es könnte Laura Faulkner sein.«
      Lomax schüttelte den Kopf. »Ihr Vater wurde
am gleichen Tag wie Sie hier eingeliefert«, erklärte er.
»Er ist gestern gestorben. Soviel ich weiß, ist heute
vormittag die Beerdigung. Miß Faulkner wird sehr in Anspruch
genommen sein.«
      Shanes Hand schloß sich fest um den Saum seiner
Bettdecke, und bei dem Gedanken, daß sie völlig auf sich
selbst gestellt war, fluchte er lautlos vor sich hin. Er schob den
Gedanken bewußt von sich und fragte: »Haben Sie eine
Zigarette?«
      Lomax reichte ihm die Packung und sagte: »Diese
Frau hat sehr viel Kraft. Ihr Bruder wurde vor drei Tagen begraben, und
sie folgte seinem Sarg bis ans Grab. Unter den gegebenen Umständen
gehörte dazu schon etwas. Nach allem, was ich in Erfahrung bringen
konnte, hat er nie etwas für sie oder den alten Herrn
getan.«
      Lomax gab ihm Feuer. Dankbar zog Shane den Rauch ein
und seufzte. »Ich hätte nie gedacht, daß ich es noch
einmal genießen könnte.« Er deutete auf einen Stuhl in
der Nähe des Bettes. »Setzen Sie sich und klären Sie
mich darüber auf, was alles geschehen ist.«
      Lomax zog seine Pfeife aus der Tasche. »Da gibt
es nicht viel zu berichten. Faulkner war nach seinem Sturz auf der
Stelle tot. Steele ist in Haft. Wir beschuldigen ihn der Beihilfe bei
der Vorbereitung eines Verbrechens und bei mindestens einem Mord sowie
einer ganzen Reihe anderer Straftaten. Bei der Durchsuchung seines
Büros fanden wir eine ganze Menge interessanter Dinge. Er und
Faulkner hatten die Finger in ungefähr allem drin, von
organisierter Prostitution bis zum Rauschgifthandel.«
      Shane runzelte die Stirn und schloß die Augen.
Er versuchte angestrengt, sich Simon Faulkner vorzustellen. Simon, den
guten Kameraden, sicher und zuverlässig in jeder gefährlichen
Situation, immer vergnügt und lächelnd. Aber es war
vergeblich. Die Erinnerungen waren verschwommen und unwirklich
geworden, als ob sie nicht mehr als fragwürdige Gebilde seiner
Phantasie wären.
      Hilflos schüttelte er den Kopf. »Das zeigt
wieder einmal, wie wenig man einen anderen Menschen kennen kann –
selbst wenn es der engste und vertrauteste Freund ist.« Mit einem
halben Lächeln fuhr er fort: »Und was wird aus mir? Keine
Anklage wegen Widerstand? Was ist mit dem jungen Konstabler in der
Hintergasse und mit dem Detektiv im Zug? Ich fürch te, ich hatte
nicht die Zeit, behutsam mit ihnen umzugehen.«
      »Juristisch gesehen könnte ich Anzeige
gegen Sie erstatten, aber unter den gegebenen Umständen
…« Lomax hob die Schultern und stand auf.
      »Ich sehe Sie hoffentlich noch einmal, bevor ich abreise«, sagte Shane.
      Lomax nickte. »An dem Tag, an dem Sie hier
herauskommen, können Sie mir ein Bier ausgeben.« Er grinste.
»Ich muß weiter. Sie können nach Ihrem Belieben hier
ruhig im Bett liegen, aber für mich gilt, sobald ein Verbrechen
aufgeklärt ist, liegt das nächste schon vor.«
      Als er die Tür öffnete, sagte Shane:
»Lomax – dieser Faulkner.« Der Inspektor drehte sich
zu ihm um und sah ihn neugierig an, und Shane fuhr fort: »Er war
nicht durch und durch übel, müssen Sie wissen. Er hat mir
einmal das Leben gerettet. Ich bekam einen Granatsplitter in den
Fuß, und er trug mich unter schwerem Beschuß auf seinem
Rücken zurück zu den eigenen Linien.«
      Lomax zuckte mit den Schultern. »Wie Sie selbst
ganz richtig gesagt haben: Wer weiß schon, was im Kopf eines
anderen Menschen vorgeht?« Mit einer knappen Handbewegung
bekundete er seine Ratlosigkeit und faßte damit alles zusammen.
Dann schloß sich die Tür hinter ihm.
      Shane lag in seinem Bett, starrte an die Decke und
dachte über Simon Faulkner nach. Nach einer Weile öffnete
sich wieder leise die Tür, und Pater Costello erschien. Er hatte
einen dunklen Regenmantel an und trug in der rechten Hand eine schwarze
Tasche. Er lächelte Shane herzlich an und setzte sich zu ihm auf
die Bettkante. »Es tut meinem Herzen wohl, Sie zurück im
Land der Lebenden zu sehen, Martin.«
      »Das danke ich Ihnen, Pater«, antwortete
Shane. »Wenn Sie kein Vertrauen in mich gehabt hätten
…« Er verstummte, ohne
    seinen Satz zu beenden.
      »Unsinn«, widersprach Pater Costello.
»Die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher