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Dunkle Umarmung

Dunkle Umarmung

Titel: Dunkle Umarmung
Autoren: V.C. Andrews
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maßgeschneiderte Skihosen mit einer passenden italienischen Seidenbluse. Im Lauf des Sommers hatte Mama viele Male den Wunsch geäußert, Winterurlaub in St. Moritz zu machen und im Palace Hotel zu wohnen, »in dem die beste Gesellschaft absteigt«. Die Skikleidung war wunderschön.
    Ich sah noch einmal all meine wunderbaren Geschenke an, quietschte vor Freude und drückte Mama an mich. Sie gelobte, sie würde immer dafür sorgen, daß ich schönere Geburtstagsgeschenke bekäme, als sie damals in Texas bekommen hatte. Obwohl ihre Familie nicht arm gewesen war, sagte sie, ihre Mutter, meine Großmama Jana, sei so asketisch wie ein puritanischer Geistlicher. Wieder und immer wieder hatte sie mir die traurige Geschichte erzählt, wie man es ihr noch nicht einmal erlaubt hatte, als kleines Mädchen eine Puppe zu besitzen. Mamas Schwestern, die beide älter waren, waren wie ihre Mutter: Sie sahen beide so schlicht aus und legten keinen Wert darauf, feminin zu wirken und schöne und wertvolle Dinge zu besitzen.
    Tante Peggy und Tante Beatrice wären wirklich so häßlich wie die böse Hexe in Der Zauberer von Oz. Wir sahen sie nicht allzu oft, aber wenn, dann war es mir verhaßt, wie sie mich durch ihre breitrandigen Brillengestelle ansahen. Beide trugen die gleiche häßliche Brille mit dem schwarzen Gestell.
    Die Gläser vergrößerten ihre stumpfen braunen Augen und ließen sie wie Frösche aussehen. Wenn Mama von ihnen sprach, dann immer so vereinheitlichend, daß ich sie mir als Zwillinge vorstellte. Ihre Figuren waren genau gleich.
    »Bügelbretter« nannte Mama sie. Sie sagte, Großmama Jana hätte Männer für sie gefunden, die so rückgratlos und hausbacken waren wie sie selbst: Einer war der Besitzer eines Kolonialwarenladens in Ludville, Texas, und der andere ein Bestattungsunternehmer im nahegelegenen Fairfax.
    Nach Mamas Angaben waren die beiden texanischen Städte und auch die, aus der sie kam, »so staubig und schmutzig, daß man nach einem Bummel durch die Hauptstraße ein Bad nehmen mußte«. Daddy brauchte nicht lange, um Mama von alldem fortzulocken. Ich brachte sie dazu, mir diese Geschichte immer wieder von neuem zu erzählen, und ich störte mich nie daran, daß sie jedesmal, wenn sie sie erzählte, etwas hinzufügte, etwas abänderte oder etwas vergaß, was sie mir schon erzählt hatte. Der Kern der Geschichte war immer derselbe, und das war eins der ersten Dinge, die ich in meinem Buch niederschreiben wollte.
    Als sie am frühen Abend in mein Zimmer kam, um mit mir zu reden, während wir uns beide fertig machten, um mein Geburtstagsessen in einem schicken Bostoner Restaurant einzunehmen, bat ich sie daher, mir die Geschichte noch einmal zu erzählen.
    »Wirst du denn nie müde, dir das anzuhören?« fragte sie und warf mir einen schnellen Seitenblick zu.
    »O nein, Mama. Ich finde, das ist eine wunderbare Geschichte, eine Geschichte wie aus einem Traum. Niemand könnte je eine so schöne Geschichte schreiben«, sagte ich, und das machte sie sehr glücklich.
    »Nun gut«, sagte sie und setzte sich an meine Frisierkommode. Sie begann, sich das schöne Haar zu bürsten, bis es wie gesponnenes Gold schimmerte. »Ich habe gelebt wie das arme Aschenbrödel, ehe sein Prinz kam«, begann sie die Geschichte wie immer. »Aber so war es nicht immer. Ich war der Augapfel meines Vaters. Er war als Aufseher verantwortlich für das gesamte Geschehen auf einem Ölfeld gleich in der Nähe. Er hatte zwar keine Angst, sich die Hände schmutzig zu machen, wenn es sein mußte, aber er war ein äußerst eleganter Mann. Ich hoffe, eines Tages wirst du einen Mann wie meinen Vater finden.«
    »Ist Daddy denn nicht auch so? Ihm macht es doch auch nichts aus, auf seinen Schiffen zu arbeiten und mit seinen Männern im Maschinenraum zuzupacken.«
    »Ja«, sagte sie trocken, »es stört ihn nicht. Aber ich wünsche mir jemanden für dich, der ganz anders ist, einen richtigen Geschäftsführer, der Männer herumkommandiert und in einem Herrenhaus wohnt und…«
    »Aber wir leben doch in einer herrschaftlichen Villa, Mama«, protestierte ich. Unser Haus war das größte und luxuriöseste Stadthaus dieser Straße, eine klassische Villa im Kolonialstil mit überdimensionalen Eingangshallen und einer Deckenhöhe von vier Meter zwanzig. Alle meine Freundinnen waren begeistert von unserem Haus, und besonders beeindruckte sie das Eßzimmer mit seiner Deckenkuppel und den ionischen Säulen. Mama hatte es vor zwei Jahren umgestalten
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