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Dunkle Tage, helles Leben - Best Love Rosie

Titel: Dunkle Tage, helles Leben - Best Love Rosie
Autoren: Nuala O'Faolain
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Es ging ein ziemlich starker Wind, der die Fensterläden laut klappern ließ. Kurz zuvor hatten wir den Versuch unternommen, miteinander zu schlafen. Uns war allerdings schnell klar geworden, dass wir beide keine besonders große Lust dazu hatten. Für unsere Beziehung war es bestimmt ein gutes Zeichen, dass wir keine Hemmungen hatten, das zuzugeben. Dennoch war es für die Psyche nicht gerade aufbauend, wenn man merkte, dass man zu wenig sexuelle Energie hatte. Und die Tatsache, dass wir noch zwei Tage in einem schlecht geheizten, öden Hotelzimmer vor uns hatten, verbesserte die Stimmung auch nicht gerade. In Ancona gab es sonst nicht viel zu tun, da die wenigen Touristenattraktionen, die man hier besichtigen konnte, während der Feiertage geschlossen hatten.
    Weihnachten. Was für ein Zauber früher von diesem Wort ausgegangen war.
    »Leo!« Ich schlang den Arm um seine Taille und streichelte ihn zärtlich, um ihn möglichst sanft aufzuwecken. »Leo, mein Süßer – könntest du bitte die Signora fragen, ob sie uns zwei Tassen Kaffee kocht?«
    Als ich mich auf den Ellenbogen stützte, um zu überprüfen, ob meine Bemühungen erfolgreich waren, traf mich fast der Schlag: Leo lag hellwach da und starrte aus dem Fenster.
     
    Am nächsten Tag besuchten wir ein Orgelkonzert. Es fand in einer Kirche statt, die sonst nicht mehr benutzt wurde und in der es unglaublich zog. Leo schaltete auf seinen extremen Konzentrationsmodus, wie immer, wenn er Musik hörte. Man konnte ihn dann mit sieben Nadeln piksen, und er spürte es nicht.

    Irgendetwas musste sich ändern. Während ich so neben ihm saß und vor mich hin fror, schien mir das plötzlich sonnenklar. Früher waren wir – ach, ich wollte lieber gar nicht daran denken, was für ein wunderbares Liebespaar wir einmal waren. Ich konnte mir auch nicht eingestehen, dass es immer schwieriger wurde, ihn aus seiner Villa, die ein Stück landeinwärts von Ancona lag, wegzulocken. Dabei hatte er seinen Versuch, sie in ein luxuriöses Bed & Breakfast zu verwandeln, längst aufgegeben.
    Und weil ich nicht über die Liebe nachdenken wollte, dachte ich an Min.
    Jemand musste ein Auge auf sie haben, wenn es tatsächlich stimmte, dass sie anfing, sich in der Öffentlichkeit zu blamieren. Reeny verwaltete zurzeit eine Wohnanlage in Spanien und wohnte zum ersten Mal nicht mehr ständig im Nachbarhaus. Früher, als die beiden noch jünger waren, kam Reeny immer sofort angelaufen, wenn irgendetwas nicht stimmte. Und auch sonst.
    Dazu kam, dass in ein paar Monaten mein Vertrag auslief. Ich hatte einen Job in Brüssel, bei der Informationsabteilung der EU, für die ich Texte verfassen musste. Bei Ablauf des Vertrags stand mir eine gewisse Pauschalsumme zu – genug Geld, um mich so lange über Wasser zu halten, bis der nächste Auftrag des Weges kam. Manche meiner Kollegen gingen mit fünfundfünfzig in den Ruhestand. Das waren die Leute, die ihre Arbeit nicht mochten und die gut sparen konnten. Ich konnte mich noch nicht aus dem Berufsleben zurückziehen, und ich wollte es auch nicht. Aber mit dieser Summe hatte ich genug Geld, um ein, zwei Jahre zu überbrücken – vielleicht sogar drei, wenn ich nach Dublin zurückging.
    Und außerdem – beim Gedanken daran fuhr ich mir vorsichtig mit der Zunge über die Zähne – außerdem sprachen die Zahnärzte in Dublin Englisch. W. H. Auden sagte, dass viele
Tausend Menschen ohne Liebe leben konnten, aber keiner ohne Wasser. Er hätte ruhig auch noch die Zähne hinzufügen können. Meine Zukunft sah düster aus, wenn ich mich um die paar Zähne, die mir noch geblieben waren, nicht ordentlich kümmerte.
     
    Draußen war es stockfinster. Der Raum hatte nur ein einziges, schmales Fenster, hoch oben in der Wand, deren ockerfarbener Anstrich abblätterte. Dahinter nachtblauer Himmel, ein blinkender Stern. Auf dem Weg zum Orgelkonzert waren wir an einer sehr einladend wirkenden Trattoria vorbeigekommen. Dort konnten wir hingehen, wenn wir uns in der pensione noch einen warmen Pullover und ein zusätzliches Paar Socken holten. Und dann ab ins Bett.
    Wie sollte es mit uns weitergehen? Mit uns, mit den Cafés, dem Sex, den Fenstern aus dem sechzehnten Jahrhundert? Einer der fundamentalen Vorteile von Brüssel war, dass ich mich dort einfach in den Zug setzen konnte, und schon war ich bei Leo, ohne großen Aufwand. Ich hielt es nicht aus, lange von ihm getrennt zu sein, immer noch nicht. Ich achtete gewissenhaft darauf, dass meine Haare eine dezente
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