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Dunkle Tage, helles Leben - Best Love Rosie

Titel: Dunkle Tage, helles Leben - Best Love Rosie
Autoren: Nuala O'Faolain
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Irgendjemand hatte mir einmal erzählt, in Australien gebe es erstklassige Weine. Oder was war mit Maracaibo, Venezuela? Dort suchten sie jemanden, der die große Akademie leitete, an der die Ölarbeiter Englisch lernten. Männer. Aber Latinos … Es war mir schon immer schwergefallen, mich ihrem Anspruch entsprechend zu verhalten. Selbst als ich noch jung war und es allen recht machen wollte.
    Guatemala – schon eher. Ich war vermutlich die bestqualifizierte Lehrerin für Englisch als Fremdsprache auf der ganzen Welt, und in der wunderschönen Stadt Santiago gab es jede Menge Schulen, die solche Leute brauchten. Also lud ich mir ein Bewerbungsformular für Santiago herunter. Aber andererseits – ich stand ja nicht unter Druck. Ich konnte mir Zeit lassen.
     
    Es dauert eine ganze Weile, bis man wirklich ankommt, wenn man zurückkehrt.
    In der Zeit, als ich alle paar Jahre in ein anderes Land ging, erwarb ich mit jedem Umzug von Neuem die Privilegien, die man als Ausländerin besitzt. Aber hier in Kilbride ließen mir meine Freundinnen nichts durchgehen. Offenbar wussten sie ganz genau, wie ich mich zu benehmen hatte. Dabei war Peg, die durch die Beziehung zu Monty nie hier weggekommen war, sogar etwas jünger als ich. Und Tessa war ein ganzes Stück älter. Mit ihr war ich seit meinem ersten Arbeitstag in Boodys Buchhandlung befreundet.

    Sie war damals im Betriebsrat gewesen und ziemlich streng mit uns allen. Mir gegenüber verhielt sie sich noch immer so, bis zum heutigen Tag. Nicht lange nach meiner Rückkehr gab es eine große Party für sie, weil sie in den Vorruhestand ging. Ich trug ein schickes schwarzes Kostüm aus Italien, in das ich gerade noch hineinpasste. Dazu Pumps mit sieben Zentimeter hohen Absätzen.
    »Du hast dich ja ganz schön in Schale geworfen«, brummelte Tessa, als wir anschließend zusammensaßen und den Abend noch einmal gemeinsam Revue passieren ließen. »Alle haben über dich geredet, Rosie. Na ja, ist nicht weiter verwunderlich – du hast ja immer noch Neuigkeitswert, weil du noch nicht so lange wieder hier bist. Und das schwarze Kostüm ist echt sensationell. Aber hättest du dir nicht wenigstens etwas um den Hals binden können?«
    Und Peg sagte, scheinbar beiläufig: »Viele der Mädels sind direkt von der Arbeit gekommen und hatten gar keine Zeit mehr, sich aufzumotzen.«
    Ich lachte. »Also bitte!« Aber die beiden merkten gar nicht, dass sie ständig versuchten, mir beizubringen, wie eine alleinstehende Frau mit Mitte fünfzig sich in Kilbride, Dublin, Irland, zu benehmen hatte. Sie fragten mich zum Beispiel: »Kommst du um elf in den Gottesdienst?«, als wüssten sie nicht ganz genau, dass ich nicht in die Kirche ging. Und als ich Andy ins Kino mitbrachte, weil er mich in die Stadt gefahren hatte, wechselten sie kaum ein Wort mit ihm, obwohl sie ihn schon ihr ganzes Leben kannten, wie ich auch. Sie wollten damit demonstrieren, dass kein Mann geduldet wurde, wenn ein Frauenabend geplant war.
    Ich wusste, dass sie mir helfen wollten, mich meiner Umwelt anzupassen, weil sie sich um mich sorgten. Zum Trost schaute ich mir immer wieder die Karte an, die mir meine Freunde von der Informationsabteilung in Brüssel zum Abschied überreicht hatten, zusammen mit einem Fernglas. Wir waren in einer Kneipe
gewesen und hatten den ganzen Abend zu Walzermusik aus einer Drehorgel getanzt. »Danke, dass du so viel Spaß in unser Leben gebracht hast«, stand auf der Karte. Dieser Satz machte mir Mut. Auch wenn ich im Moment etwas deprimiert war – es hatte schon bessere Zeiten in meinem Leben gegeben, und irgendwann würde es wieder aufwärtsgehen.
     
    Ich unterhielt mich mit der Katze.
    »Odysseus war zwanzig Jahre weg von Ithaka, aber sein Hund hat die ganze Zeit auf ihn gewartet. Wusstest du das? Argos hieß der Hund. Er war so alt, dass sein Fell schon ganz weiß war, aber er hat unermüdlich auf seinen Herrn gewartet, und erst, als Odysseus zurückkehrte, hat der Hund beschlossen zu sterben. Hast du dir schon überlegt, ob du vielleicht auch sterben möchtest, weil ich wieder da bin, Bell?«
    Sie hörte auf, sich das Fell zu lecken, und warf mir einen hochmütigen Blick zu.
    Apropos Tod – der Versicherungsvertreter hatte sich erkundigt, ob ich den Beitrag für Mins Sterbeversicherung erhöhen wolle. Zum ersten Mal fing ich an, mir Geldsorgen zu machen. Dann kam die Rechnung für die neue Zentralheizung. Und eines Tages schwärmte Min sehnsüchtig von den fantastischen Lammhaxen beim
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