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Dunkle Schatten (German Edition)

Dunkle Schatten (German Edition)

Titel: Dunkle Schatten (German Edition)
Autoren: Günther Zäuner
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wartet mit Günther im Arm.
    »Wohin wird sie gebracht?«, fragt Kokoschansky keuchend.
    »Nachdem Ihre Exfrau keinerlei sichtbare Verletzungen aufweist,
transportieren wir sie auf die Baumgartner Höhe in die Psychiatrie«, sagt der
Doktor. »Das ist bei Selbstmordversuchen die gängige Praxis.«
    »Ich weiß«, antwortet Kokoschansky und ringt weiter nach Luft.
    »Was ist mit Ihnen? Brauchen Sie Hilfe?«
    »Nein, danke. Ich bin okay.«
    »Fährt wer mit?«, erkundigt sich einer der Sanitäter.
    »Nein, ist besser so«, verweigert Kokoschansky, »mein Sohn braucht mich.«

 
    *

 
    Die Aufregung war zu viel für den Kleinen. Nach und nach brach das
Erlebte und Gesehene aus ihm heraus, er weinte und schrie, verlangte nach
seiner Mutter, war kaum zu beruhigen. Nach der Verabreichung eines leichten
Beruhigungsmittels liegt er nun erschöpft in seinem Bettchen im Preyer’schen
Kinderspital und schläft. Lena und Kokoschansky halten Wache. Die Ärzte meinen,
Günther solle ein bis zwei Tage zur Beobachtung bleiben, dann könne er wieder
nach Hause.

 
    »Der Kleine bleibt jetzt für immer bei uns«, flüstert Lena, während sie
sein Patschhändchen streichelt. »Das Jugendamt wird Sonja sicherlich das
Sorgerecht entziehen und dir übertragen. Auch wenn sie wieder gesund werden
sollte, darf sie ihn nicht weiter großziehen. Leider hast du recht gehabt.
Niemals hätte ich das gedacht. Wir müssen jetzt alles dafür tun, dass der Junge
so schnell wie möglich alles vergisst.«
    Kokoschansky sitzt schweigend da, sieht lange seinen Sohn an und dann
Lena. Für Sonja empfindet er, obwohl sie beinahe seinen Sohn getötet hätte, nur
tiefes Mitleid, und Selbstvorwürfe plagen ihn. Wenn er das und jenes nicht
getan hätte, dann … Geschehen ist geschehen und lässt sich nicht mehr
rückgängig machen. Niemand kann das Rad der Zeit zurückdrehen. Jetzt wird er an
seinem Buben und Lena gutzumachen versuchen, was er bei seinen beiden Exfrauen
vernachlässigt und versäumt hat.
    »Ich werde eine gute Mutter sein.« Lena rückt die bunte Bettdecke
zurecht. »Günther ist jetzt auch mein Sohn. Ich wollte schon immer ein Kind.
Jetzt sind wir eine Familie.«
    »Ich blase alles ab.« Kokoschansky fährt sich mit beiden Händen über das
Gesicht. »Morgen übergebe ich Katterka das Material. Was interessieren mich
Midas, Madeo und sämtliche anderen Arschlöcher. Sollen sie doch machen, was sie
wollen. Was kann ich denn verändern? Nichts. Heute sind mir die Augen geöffnet
worden. Ich musste ziemlich alt werden, um endlich zu begreifen, was
tatsächlich von Wert ist und Bestand hat. So gesehen, muss ich Sonja dankbar
sein. Das war’s, ich gebe auf.«
    »Nein«, widerspricht Lena heftig, und ihre Augen funkeln, »du bringst es
zu Ende. Wenn du jetzt das Handtuch wirfst, haben sie gewonnen. Danach können
wir uns überlegen, wie es weitergeht. Heinz Kokoschansky, du hast heute zwei
Menschenleben gerettet. Ich bin unsagbar stolz auf dich und glücklich, einen
Helden an meiner Seite zu haben. Zwei Helden, einen großen und einen kleinen.
Du hast dir nichts vorzuwerfen. Berechtigte Vorwürfe kannst du dir machen, wenn
du jetzt aufgibst. Du ziehst es durch. Das bist du deiner Familie, Mitnick,
Freitag, allen, die an dich glauben, schuldig. Auch den ermordeten Kindern in
Montenegro. Ich bleibe bei Günther, wir kommen schon klar. Bewahre einen kühlen
Kopf, und zünde deine Bombe.«

Dienstag, 28. September 2010

 
 
    Die kurz gefasste Ankündigung »Die Wahrheit über FNews und deren
Hintergründe. Pressekonferenz, 9 Uhr, 28. 9. 2010, Café Landtmann«, noch in der
vergangenen Nacht über die APA, die Austria Presse Agentur, ausgeschickt,
reichte, um einen Ansturm der heimischen Medien auszulösen.
    Das berühmte Kaffeehaus neben dem Burgtheater an der Wiener Ringstraße,
traditioneller Ort für große Pressekonferenzen, ist zum Bersten voll. Gespannt
wartet die Journalistenmeute auf die kommenden Ereignisse.
    »Gilt die Wette?« Ein ORF-Kameramann hält seinem Kollegen vom
Privatsender ATV die Hand hin, der sofort einschlägt.
    Die Inszenierung ist perfekt durchgeplant. Um noch mehr Verwirrung zu
stiften, tritt zuerst Freitag auf und setzt sich auf seinen Platz hinter dem
Podium. Dann folgt Alfred Cench, dem seine Beurlaubung und das damit verbundene
Interviewverbot gänzlich egal sind. »Das Risiko ist es mir wert«, sagte er noch
vor Beginn der Pressekonferenz zu Kokoschansky, »jetzt habe ich mich so weit
aus dem Fenster
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