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Dunkle Schatten (German Edition)

Dunkle Schatten (German Edition)

Titel: Dunkle Schatten (German Edition)
Autoren: Günther Zäuner
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dass der Kleine seine Mutter so
sieht.
    Obwohl Sonja ihr körperlich überlegen ist, gegen eine trainierte,
ausgebildete, wenn auch nicht mehr aktive Polizistin hat sie keine Chance.
Einige präzise Griffe und Sonja liegt wehrlos auf dem Bauch. Lena drückt ihr
ein Knie in den Rücken, dreht ihr einen Arm nach hinten und fixiert den anderen
mit ihrem Fuß.
    »Brauchst du Hilfe?«
    »Nein, ich habe sie im Griff. Kümmere du dich um Günther.«
    »Was ist mit meiner Mama?«
    »Mama ist sehr, sehr krank, und Lena versucht, ihr zu helfen.«
    »Ich will zu meiner Mama.«
    »Später, Günther, später. Erst muss Mama wieder ganz gesund werden.«
    Sonja brüllt, schreit hysterisch wie am Spieß, schimpft wie ein Rohrspatz
und versucht verzweifelt, sich aus Lenas eisernem Griff zu winden.
    Endlich bleibt ein Radfahrer stehen. »Was ist denn hier los?«
    »Haben Sie ein Handy dabei?«, fragt Kokoschansky. In der Aufregung hat er
sein Cryptophone zu Hause liegen gelassen.
    »Ja.«
    »Dann rufen Sie die Polizei, 133.«
    »Klar.«
    »Danke. Bleiben Sie so lange in der Nähe, bis die Funkstreife kommt.«
    »Natürlich.«
    »Hast du dich beruhigt, Sonja?«
    Ihr Ja kommt ganz leise.
    »Willst du jetzt aufstehen?«
    »Ja, bitte.«
    »Du versprichst mir, keine Dummheiten zu machen.«
    Wieder nickt Sonja, und Lena lockert ihren Griff, richtet sich auf, hilft
Sonja auf die Beine. »Jetzt lande ich sicher in der Psychiatrie.«
    »Ich weiß es nicht, Sonja. Aber zu einem Arzt wirst du wohl müssen.«
    »Und Günther werde ich wohl nie wiedersehen.«
    »Es wird alles gut«, weicht Lena aus und streicht ihr sanft über die
Wange, »glaube mir, es wird alles wieder gut.«
    Kokoschansky dreht sich vorsichtig um, hält Günther fest, deckt mit der
Hand das Gesichtsfeld des Kleinen ab. Er soll so wenig wie möglich sehen, was
los ist. Inzwischen weint er nur noch leise vor sich hin, und sein Zittern hört
langsam auf.
    Plötzlich verzerrt sich Sonjas Gesicht zu einer teuflischen Fratze, ihren
Augen scheinen etwas zu sehen, was Normalsterbliche nie zu Gesicht bekommen.
»Ihr seid alle verflucht!« Sie versetzt Lena einen heftigen Stoß vor die Brust,
hechtet über das Geländer und stürzt sich in die Tiefe.
    »Sonja!«, brüllt Lena.
    Kokoschansky realisiert nicht, was soeben geschehen ist, erst als er den
Aufschlag hört, wird es ihm bewusst.
    »Halt den Kleinen!«, schreit er den verschreckten Radfahrer an, drückt
ihm Günther in die Arme, reißt sich die Schuhe von den Füßen und springt Sonja
nach.
    Irgendwie gelingt es ihm, aus dieser großen Höhe mit den Füßen voran
einzutauchen, das eiskalte Wasser schwappt über ihm zusammen. Sofort saugt
seine Kleidung sich voll, er kretscht unter Wasser die Beine, um das Abtauchen
zu verringern, öffnet die Augen, versucht, sich in der dunklen Brühe zu
orientieren, sieht etwas Schemenhaftes vor sich, schwimmt mit kräftigen Tempi
in die Richtung, greift ins Leere, taucht kurz auf, schnappt nach Luft. Die
starke Strömung reißt ihn fort.
    Kokoschansky taucht wieder unter, das Dreckswasser brennt in seinen
Augen, er stößt an etwas an, langt zu und bemerkt, es ist ein Fuß. Er tastet
sich an dem Körper vorwärts, umschlingt ihn und mit übermenschlicher
Kraftanstrengung gelingt es ihm, gemeinsam mit dem treibenden Bündel Mensch
aufzutauchen. Er hat Sonja gefunden, dreht sich in Rückenlage. Sie ist ohne
Bewusstsein. Kokoschansky hält ihren Kopf über Wasser, versucht, mit kräftigen
Stößen das Ufer zu erreichen. Kein leichtes Unterfangen, er schwimmt ungefähr
in der Mitte der Donau und kämpft mit seiner Last gegen die Strömung. Die
vollgesogenen Klamotten ziehen ihn immer wieder kurzfristig unter Wasser, er
prustet, kämpft und glaubt, keinen Meter vorwärts zu kommen. Plötzlich hört er
ein Motorengeräusch, ein Rettungsring landet ungefähr einen Meter vor ihm.
Sonja festhaltend, zwei kräftige Tempi und Kokoschansky hat es geschafft. Zum
Glück ist die Polizeiinspektion Handelskai, zuständig für den See- und
Stromdienst, unweit der Reichsbrücke stationiert. Daher war das Motorboot auch
blitzschnell zur Stelle. Zuerst holen die Beamten die bewusstlose Sonja aus dem
Wasser, danach Kokoschansky an Bord. Nach der Erstversorgung kommt sie langsam
zu sich, hustet und spuckt das geschluckte Wasser aus, wirkt völlig
geistesabwesend und apathisch. Ein Beamter umhüllt die Geborgenen mit Decken.
Das Boot wendet und braust zum Ufer, wo bereits ein Rettungsfahrzeug
eingetroffen ist. Lena
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