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Dunkle Herzen

Dunkle Herzen

Titel: Dunkle Herzen
Autoren: Nora Roberts
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hinzuziehen?« fragte sie ihn.
    »Wir denken drüber nach.« Himmel, noch einmal siebzehn sein, dachte er, und im selben Atemzug: alles, nur das nicht. »Danke für eure Hilfe. Wenn ihr das nächste Mal einen Platz zum Schmusen sucht, geht woanders hin.«
    Sally errötete. Der Wind wehte ihr Haar über ihr argloses Gesicht. »Wir haben nur miteinander geredet, Sheriff.«
    Und Schweine reiten auf Besenstielen. »Wie dem auch sei. Ihr zwei geht jetzt jedenfalls nach Hause.«
    Cam sah ihnen nach, als sie zwischen den Grabsteinen hindurch davongingen, über Stücke weichen Erdreichs und Flecken wilden Grases hinweg. Sie flüsterten bereits aufgeregt miteinander, Sally quiekte auf und kicherte, dann blickte sie über ihre Schulter zurück, um einen letzten Blick auf Cam zu erhaschen. Diese Kinder, dachte er kopfschüttelnd, als ein loser Dachziegel der alten Kirche im Wind schepperte. Kein Gespür für Atmosphäre.
    »Ich brauche ein paar Fotos hiervon, Bud, und zwar heute noch. Und wir sperren die Stelle besser ab und stellen ein oder zwei Warnschilder auf. Morgen früh weiß die ganze Stadt Bescheid.«
    »Kann mir nicht vorstellen, daß es in Emmitsboro Grabräuber gibt.« Bud kniff die Augen zusammen und setzte eine amtliche Miene auf. Zugegeben, der Friedhof war ihm unheimlich, aber andererseits hatten sie, seitdem Billy Reardon den Pickup seines Vaters kurzgeschlossen und mit diesem vollbusigen Gladhill-Mädchen und einem Sechserpack Miller’s eine Spritztour unternommen hatte, keinen nur annähernd so aufregenden Fall mehr gehabt. »Vandalismus, schätz’ ich. Eine Horde Kids mit seltsamem Humor.«
    »Vermutlich«, murmelte Cam, doch als Bud zum Auto ging, um die Kamera zu holen, beugte er sich tiefer über das Grab. Das sah nicht nach Vandalismus aus. Keine Graffiti, keine sinnlose Zerstörungswut.
    Das Grab war fein säuberlich – systematisch, dachte er – ausgehoben worden, die umliegenden Grabsteine blieben
unberührt. Lediglich dieses eine kleine Grab war von Interesse gewesen.
    Und wo zum Teufel war die Erde geblieben? Um das Loch herum hatten keine Erdhäufchen gelegen. Was bedeutete, daß die Erde fortgeschafft worden war. Aber was in aller Welt konnte jemand mit ein paar Schubkarrenladungen Erde von einem alten Grab anfangen?
    Wieder schrie die Eule, dann breitete sie ihre Schwingen aus und schwebte über den Friedhof. Als der Schatten über seinen Rücken glitt, erschauerte Cam.
     
    Da der nächste Tag ein Samstag war, fuhr Cam morgens in die Stadt und parkte vor Martha’s , einem Speiselokal, das schon seit ewigen Zeiten einen beliebten Treffpunkt in Emmitsboro bildete. Seitdem er als Sheriff in seine Heimatstadt zurückgekehrt war, hatte er es sich zur Gewohnheit gemacht, dort jeden Samstagmorgen bei Kaffee und Pfannkuchen zu verbringen.
    Seine Arbeit hinderte ihn nur selten daran. Meistens konnte er sich samstags zwischen acht und zehn loseisen, um sich bei Martha’s zwei oder drei Tassen Kaffee zu genehmigen, mit den Kellnerinnen und den Stammgästen zu plaudern und, während die Musikbox Platten von Loretta Lynn oder Randy Travis spielte, die Schlagzeilen der Herald Mail zu überfliegen, ehe er sich in den Sportteil vertiefte. Die leise brutzelnden Würstchen und Schinkenstreifen verbreiteten einen würzigen Duft, und das Tellerklappern und das unterschwellige Gemurmel einiger alter Männer, die an der Theke standen und über Baseball oder die Wirtschaftslage diskutierten, wirkte beruhigend.
    In Emmitsboro, Maryland, plätscherte das Leben ruhig und friedlich vor sich hin. Deswegen war er zurückgekommen.
    Die Stadt war seit seiner Jugend ziemlich gewachsen. Emmitsboro zählte mittlerweile über zweitausend Einwohner  – die umliegenden Farmen und Berghütten mitgerechnet  – und verfügte über eine eigene Grundschule; vor fünf Jahren waren die altgedienten Faulbehälter sogar
durch eine moderne Kläranlage ersetzt worden. Derlei Dinge gaben in Emmitsboro Gesprächsstoff für mehrere Wochen ab.
    Es war eine ruhige, ordentliche kleine Stadt, die Samuel Q. Emmit im Jahre 1782 gegründet hatte. Sie lag in einem Tal, umgeben von Bergen und hügeligem Farmland, und stieß nach drei Seiten an Luzerne-, Mais-, und Futterheufelder. Zur vierten Seite grenzte sie an das Waldgebiet Dopper’s Woods, so benannt, weil es direkt neben der Dopper-Farm lag. Der dichte Wald erstreckte sich über eine Fläche von mehr als zweihundert Morgen. An einem kühlen Novembermorgen des Jahres 1958 hatte Jerome
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