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Dunkle Gier: Roman (German Edition)

Dunkle Gier: Roman (German Edition)

Titel: Dunkle Gier: Roman (German Edition)
Autoren: Christine Feehan
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abgeschrieben und ihre Welt verlassen, als er ihnen den Rücken zugekehrt und sich die Freiheit genommen hatte, seine Verpflichtungen aufzugeben. Aber ihre von Kummer und Verzweiflung geprägten Gesichter ließen ihn für einen Moment in der Bewegung innehalten.
    Wie mochte es sein, solch tiefen Kummer zu empfinden? Liebe zu verspüren? Überhaupt etwas zu fühlen ? Früher hätte er einfach an ihr Bewusstsein gerührt und mit ihnen geteilt, was sie bewegte, doch seit sie Seelengefährtinnen hatten, wollte er nicht riskieren, einen von ihnen mit der Finsternis, die er in sich trug, zu beflecken. Seine Seele war nicht nur in Stücke zerbrochen. Er hatte zu oft getötet, sich zu sehr von allen, die er schätzte, distanziert, um die, die er liebte, besser beschützen zu können. Wann war er an den Punkt gelangt, nicht mehr gefahrlos an ihr Bewusstsein rühren und ihre Erinnerungen teilen zu können? Es war so lange her, dass er sich nicht einmal mehr erinnern konnte.
    »Zacarias, tu das nicht!«, bat Riordan, dessen Gesicht vom gleichen tiefen Kummer geprägt war, der sich auf denen seiner Brüder zeigte.
    Er hatte viel zu lange die Verantwortung für sie getragen, um jetzt einfach wegzugehen, ohne ihnen etwas zu hinterlassen. Einen Moment lang stand Zacarias hoch erhobenen Hauptes und mit blitzenden Augen und wallendem Haar da und sah sie an. Dabei strömte unaufhörlich Blut über seine Brust und Schenkel. »Ich gebe euch mein Wort, dass ihr mich nicht werdet jagen müssen.«
    Das war alles, was er für sie hatte. Sein Wort, dass er nicht zum Vampir werden würde. Nun konnte er ruhen, und diese endgültige Ruhe würde er auf seine eigene Weise suchen. Er wandte sich von ihnen und von dem Verständnis und der Erleichterung in ihren Gesichtern ab, um seine Reise anzutreten. Er hatte einen weiten Weg vor sich, wenn er vor Tagesanbruch noch sein Ziel erreichen wollte.
    »Zacarias«, rief Nicolas ihm nach. »Wo gehst du hin?«
    Die Frage ließ Zacarias innehalten. Wo ging er hin? Der innere Zwang war stark – unmöglich zu ignorieren. Zacarias verlangsamte dennoch seine Schritte. Wohin ging er? Warum war der Drang so stark in ihm, obwohl er doch nichts fühlte? Aber etwas war da, eine dunkle Kraft, die ihn antrieb.
    » Susu – heim.« Er flüsterte das Wort, doch der Wind griff seine Stimme auf, und der leise Ton hallte in der Erde unter seinen Füßen nach. »Ich gehe heim.«
    »Das hier ist dein Zuhause«, erklärte Nicolas entschieden. »Wenn du Ruhe willst, werden wir deine Entscheidung respektieren, aber bleib bei uns! Hier bei deiner Familie. Dies ist dein Daheim«, wiederholte er.
    Zacarias schüttelte den Kopf. Er war getrieben von dem Drang, Brasilien zu verlassen. Er musste woanders sein, und er musste sich auf der Stelle auf den Weg machen, solange ihm noch Zeit blieb. Mit Augen, die so rot waren wie die Flammen, und einer Seele, die schwarz war wie der Rauch, verwandelte er sich und nahm die Gestalt einer großen Harpyie, eines Haubenadlers, an.
    Willst du zu den Karpaten?, fragte Nicolas ihn über ihre telepathische Verbindung . Dann werde ich dich begleiten.
    Nein. Ich gehe heim, wohin ich gehöre – allein. Ich muss allein gehen.
    Nicolas sandte ihm seine Wärme und hüllte ihn darin ein. Kolasz arwa-arvoval! Mögest du mit Ehre sterben! Kummer schwang in seiner Stimme mit, und auch Nicolas’ Herz war voll davon, aber Zacarias konnte das Gefühl nicht erwidern, nicht mal ansatzweise.
    Nun war es Rafaels sanfte Stimme, die in sein Bewusstsein drang. Arwa-arvo olen isäntä, ekäm! Möge die Ehre dich aufrechterhalten, mein Bruder!
    Kulkesz arwa-arvoval, ekäm! Gehe mit Ehre, mein Bruder!, fügte Manolito hinzu.
    Arwa-arvo olen gaidnod susu, ekäm! Möge die Ehre dich heimführen, mein Bruder!, sagte Riordan.
    Es war lange her, seit Zacarias seine Muttersprache gehört hatte. Gewöhnlich benutzten Karpatianer die Sprache und Dialekte der Orte, an denen sie sich befanden. Sie hatten andere Namen angenommen, als sie von Land zu Land gezogen waren, sogar einen Familiennamen, obwohl Karpatianer solche Namen gar nicht hatten. Zacarias’ Welt hatte sich mit der Zeit unglaublich stark verändert. Jahrhunderte der Verwandlung, in denen er sich immer angepasst hatte, um dazuzugehören. Und dennoch hatte er sich nie wirklich verändert, da sein ganzes Leben sich um den Tod drehte. Und nun würde er endlich heimkehren.
    Diese schlichte Feststellung bedeutete nichts – und alles. Zacarias hatte seit über tausend
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