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Dunkle Diamanten (Shades of Brilliance) (German Edition)

Dunkle Diamanten (Shades of Brilliance) (German Edition)

Titel: Dunkle Diamanten (Shades of Brilliance) (German Edition)
Autoren: E.L. Jannings
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erwarten kann, bis sie einem die Windeln anlegen und die Magensonde einführen kann. Holen Sie uns lieber einen Gin Tonic, oder was Sie sonst um diese Tageszeit bevorzugen.” Wieder wies der Stock die Richtung, diesmal auf ein Kabinett unter dem Treppenbogen. Eiswürfel klickten, der Gin floss weich in die Gläser und das Tonicwasser zischte auf. Guter Gott, sie hatte ihm verziehen, dass er hier herumgeschlichen war. Tom fand sie unglaublich imposan t.
    „Gut bemessen, mein Lieber,” lachte sie nach dem ersten Schluck. „Ich kann diese faden Longdrinks nicht ausstehen, wo man überhaupt nicht schmeckt, was da eigentlich drin ist. Sie haben also gekellnert, um ihr Studium zu finanzieren? Ganz schön hart, Sie müssen ziemlich zäh sein,” stellte sie mit einem prüfenden Seitenblick fest.
    „Ja, es gab keine andere Möglichkeit. Mein Fach ist nicht so gefragt, dass es dafür reihenweise Stipendien gibt.” Sein Blick wanderte hinaus auf die dichten Baumwipfel, die jetzt nur noch als schwarze Schatten erkennbar waren. „Die Steine, die Mineralien. Sie sind ein eigener Kosmos. Unendlich vielfältig, konstant und doch so wandelbar. Exakt bestimmbar, aber immer wieder voller Überraschungen, in unendlichen Varianten. Sie sind so prächtig und geheimnisvoll anzusehen, und dabei doch so unglaublich nützlich für moderne Technologien.”
    Er hatte solche Erklärungen schon öfter abgegeben. Meistens wurden sie von seinen Gesprächspartnern mit einem höflichen Lächeln quittiert. Die alte Frau lächelte nicht. Sie machte überhaupt keine Anzeichen, dass sie Toms Worte wahrgenommen hatte. Sie saß regungslos, in der einen Hand den Stock, in der anderen Hand den Gin, die grünen Augen geweitet wie die einer Katze und blickte durch ihn hindurch. Als das Schweigen schon peinlich wurde, murmelte sie: „Weiter.”
    „Ja, also kurz und gut, ich habe vor zwei Wochen einen Vertrag im Forschungslabor von General Compounds unterschrieben. Ich fange in vier Tagen dort an, und Ihre Party ist mein letzter Job als Kellner.” Er hoffte, dass dieser Satz nicht allzu erleichtert geklungen hatte.
    Sie nahm einen Schluck, schaute hinunter auf das Glas in ihrer Hand und bewegte es sacht im Kre is, dass das Eis leise klirrte.
    „General Compounds, hm? Erfinder der Diamantsynthese. Hochdruck- und Hochtemperaturtechnologie, Nachvollziehung der atmosphärischen Drücke und Temperaturen im Erdinneren, aus Kohlenstoff werden Diamanten. 1955, wenn ich mich recht erinnere. Eine bessere Adresse hätten Sie nicht finden können.”
    „Sie wissen darüber Bescheid?” Die eigenartige Stimmung war gebrochen, Jayata Humphreys Augen waren wieder auf ihn fokussiert.
    „Ich bin in einer Familie aufgewachsen, wo man sich für diese Dinge immer interessiert hat. Mein Vater, Harry Humphreys …”
    „Der Eisenbahn- und Minenmagnat?”
    „Ja, genau der. Amerikanischer Entrepreneur, Börsenspekulant, Patriot, Lobbyist in Washington, Kapitalist mit Gletscherherz. Ich kenne alle Stereotypen, die über meinen Vater so kursieren. In allen steckt ein Funken Wahrheit.” Leises Lachen, ein Schluck aus dem Glas. „Er kam aus Wales, wo sein Vater eine kleine Schiefergrube betrieb, und hatte in Cardiff Bergbau studiert. Während des Goldrausches ging er, wie Hunderttausende andere, nach Alaska. Der Rest ist Geschichte. Er war einer der ganz wenigen, denen es gelungen ist, sich gute Claims dauerhaft zu sichern, das Gold professionell abzubauen und sein gewonnenes Kapital nicht auf den Kopf zu hauen, sondern profitabel zu investieren. Zuerst in Kohle, Kupfer, Silber, später dann in Öl, Eisenbahnlinien, Pipelines.”
    Tom lehnte sich tiefer ins Sofa zurück, seine Bewegungen wurden entspannter, die Züge aus dem Gin Tonic tiefer. Er verlor seine Scheu und stellte ihr mehr und mehr Fragen. Sie war das, was man wohl eine große alte Dame nannte. Sie hatte Stil und war an keinen Zeitgeist angepasst. Gleichzeitig umgab sie das Flair von Eleganz und verfeinerter Lebensart. Tom verfiel ihrer Aura. Er erzählte ihr von seinem verstorbenen deutschen Vater, seinen Großeltern in Berlin, und schließlich konnte er seine Neugier nicht mehr zurückhalten und fragte:
    „Ihr Mann, für den Sie morgen Abend das Dinner geben, er war auch ein Deutscher, nicht wahr?”
„Ja, ich habe ihn 1927 in Berlin kennengelernt. Ich war 24 Jahre alt. Meine Mutter war einige Jahre zuvor gestorben, und seither begleitete ich Vater auf all seinen Reisen. Es gab kein einziges seiner
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