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Dunkelerde: Gesamtausgabe

Dunkelerde: Gesamtausgabe

Titel: Dunkelerde: Gesamtausgabe
Autoren: Alfred Bekker
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Schatten in das Hier und Jetzt zu rufen, das wir die Wirklichkeit auf Erden nennen. Es war gleich zu setzen mit einer Verdoppelung des Goldes! Damit nicht genug: Sobald das Gold in der Wirklichkeit war, begann es, selber Schatten zu werfen - nach Dunkelerde. Man konnte den Vorgang wiederholen, mehrmals, bis es endlich keinen belebbaren Schatten mehr gab und das Gold somit vollends in die Wirklichkeit eingegangen war.
    Du weißt, Auserwählter, was das für unsere Geheimorganisation bedeutete: Nicht nur Macht, sondern auch unendlichen Reichtum! Wir konnten jeden Gegenstand verdoppeln, der uralte Traum eines jeden Alchimisten wurde Wirklichkeit. Wir hatten endlich gefunden, wonach wir immer gesucht hatten. Bislang vergeblich, aber nun dafür um so erfolgreicher! Doch wir konnten nicht nur totes Material verdoppeln, indem wir seinen Schatten belebten und in die Wirklichkeit herüber holten. Genauso gelang es uns auch mit lebenden Dingen. Sowohl Pflanzen, auf die sich unsere Experimente zunächst beschränkten, als auch Tiere, was wir als fortgeschrittene Experimente bezeichneten... Und Menschen!
    Ja, du liest richtig: Wir suchten und fanden Freiwillige. Das heißt, ganz so freiwillig taten sie es nicht. Es waren Menschen, die in tiefstem Elend zu leben gezwungen waren, falls man diesen Zustand überhaupt noch als Leben bezeichnen konnte. Wir brauchten sie nur zu fragen - und sie sahen endlich einen winzigen Hoffnungsschimmer, ihr Dasein sinnvoller oder zumindest angenehmer zu machen. Kein Wunder, dass sie begeistert einwilligten.
    Bis zum ersten tatsächlichen Ergebnis: Ein Mensch wurde verdoppelt. Als er sich selber sah, sein Ebenbild, seinen belebten Schatten, erfasste ihn das nackte Grauen. Wir hatten Mühe, ihn zu beruhigen. Bis wir den nächsten Schatten von ihm belebten - und den übernächsten. Damit war unsere Macht vorläufig erschöpft.
    Das Original verließ die Experimentierrunde, die weltweit von jenen Alchimisten auf magische Weise unterstützt wurde, die nicht persönlich anwesend sein konnten. Doch kaum hatte er die Runde verlassen, als er in seinem Wahnsinn Selbstmord beging. Seine Doppelgänger, die belebten Schatten, jedoch... lebten weiter, auch ohne ihn. Und wir experimentierten mit ihnen, ohne um den Toten zu trauern.
    Ich kann nur zu unser aller Entschuldigung sagen: Die Faszination des Entdeckten und die Gier nach immer mehr Erkenntnis war übermächtig in uns und ließen uns jede Vorsicht und vor allem sämtliche ethischen Bedenken außer Acht lassen. Dass dies später zu unser aller Verhängnis werden würde, ahnte ich nicht allein, sondern jeder mit seherischen Fähigkeiten. Aber wir waren zu schwach, um diesen bösen Ahnungen den gebührenden Vorrang zu geben. Ganz im Gegenteil: Begeistert machten wir weiter! Dabei fanden wir heraus, dass nach dem Tode des Originals ein weiterer Schatten geboren werden konnte, um belebt zum nächsten Doppelgänger zu werden. Und dieser konnte sich sogar an den Tod erinnern!
    Es erschreckte uns maßlos, weshalb wir diese Art von Experiment vorerst einstellten. Nur vorerst! Bis dann die erste Panne passierte.
    Ja, ich nenne es Panne, obwohl es mehr war - viel mehr! Denn die ersten Goldstücke, die wir verdoppelt hatten - verschwanden auf einmal! Es blieb nicht dabei: Nach und nach verschwand alles dorthin, wo es her gekommen war, nämlich nach Dunkelerde! Am Ende auch die Doppelgänger. Sie verschwanden einer nach dem anderen. Sie wurden wieder zu Schatten, aber da es kein Original mehr gab, denn dieses war ja tot, vergingen sie sogar als Schatten. Es blieb nichts von  ihnen... Das hieß, doch, eines blieb: Der Schatten des Toten - und der war nicht wiederbelebbar! Er blieb tot und konnte somit auch nicht mehr in die Wirklichkeit zurück gerufen werden.
    Es herrschte große Unruhe in unserer weltumspannenden Organisation. Diese drohte darüber sogar auseinander zu brechen.
    Ich erzähle dir das nicht, um unser weiteres Tun zu rechtfertigen, sondern es soll eine sachliche und nüchterne Schilderung sein, schonungslos und ohne meine eigene Rolle in diesem grausigen Spiel ruhmreicher zu machen, als sie war. Ich erwähnte es schon: Ich war der Führer nach Dunkelerde! Denn darin gipfelten all unsere Gedanken: Wir wollten die toten Schatten von jedwedem Ding auf Erden, ja, den Schatten der Erde selber... beleben!
    Wir, die Alchimisten mit seherischen Fähigkeiten, sahen deutlich die beiden Möglichkeiten, die sich uns damit eröffneten: Entweder endlich die Macht,
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