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Duncans Lady

Duncans Lady

Titel: Duncans Lady
Autoren: Emilie Richards
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ungewöhnlich kalt, und die Heizsaison im Hotel hatte noch nicht begonnen. Über den nächsten Schritt dachte Duncan nicht nach. Er nahm eine weiche Wolldecke vom anderen Ende des Sofas und legte sie Mara um die Schultern.
    „Ich kann sehr gut selbst auf mich aufpassen“, sagte sie.
    „Ich weiß.“
    Sie öffnete die Augen, aber sie hätte sie genauso gut geschlossen lassen können, so ausdruckslos war ihr Blick. „Ich habe dir von Anfang an gesagt, dass ich glaube, dass Lisa es nicht böse gemeint hat. Ich glaube, sie hat die feste Absicht, April zurückzubringen.“
    „Das hast du gesagt.“
    „Was ich dir nicht gesagt habe, ist, dass mich auch noch andere … Gefühle quälten. Ich weiß nicht, wie ich es erklären soll. Ich kann nur sagen, dass da etwa ganz und gar nicht in Ordnung ist.“
    Duncan setzte sich neben sie, anstatt in einen Sessel am anderen Ende des Zimmers. Sie versteifte sich fast unmerklich, als wollte sie nicht, dass er sie berührte. „Erzähl mir mehr“, sagte er. „Sag mir so viel du kannst.“
    „Ich hatte Albträume und Tagträume. Die Bilder sind furchterregend. Sie ergeben keinen Sinn für mich, und sie sind mit der Zeit auch nicht klarer geworden. Es ist, als würde ich alles nur durch dichten Nebel sehen. Manchmal reißt er kurz auf, und ich sehe ein Gesicht oder eine Gestalt, und dann wird das Bild schon wieder vom Nebel verdeckt.“
    „Kannst du irgendjemanden oder irgendetwas erkennen?“
    „Nein. Das Unheimliche ist, dass nichts, was ich sehe, so aussieht … wie es sein sollte.“ Unsicher hob sie die Schultern „Ich weiß nicht, warum.“
    „Okay. Vielleicht sollten wir da anfangen.“
    „Anfangen?“
    „Ja. Versuch die Bilder festzuhalten. Vielleicht sollten wir damit anfangen, warum die Dinge nicht so aussehen wie sie sollten. Was ist so merkwürdig an ihnen, dass du sie bisher nicht richtig fassen konntest?“
    „Ich war noch nie in der Lage, meine Visionen festzuhalten, wie du es nennst.“ Sie setzte ihre Tasse ab und stand auf, als könnte sie es nicht ertragen, neben ihm zu sitzen. Sie begann hin und her zu gehen. „Ich habe keine Kontrolle über das, was ich sehe oder nicht sehe.“
    „Warum läufst du herum?“
    „Ich fühle mich wohler so.“
    „Mara …“
    Sie blieb stehen. „Ich bin hier, weil ich um April Angst habe. Versuch nicht, etwas anderes daraus zu machen, Duncan, oder ich bin gezwungen zu gehen.“
    Er ließ die Hand in den Schoß sinken. Er hatte nicht einmal gemerkt, dass er den Arm nach ihr ausgestreckt hatte. „Kannst du beschreiben, was du siehst?“
    Sie nahm ihre Wanderung wieder auf. „Gesichter. Nebelschwaden.“ Sie schüttelte den Kopf.
    Er beobachtete sie. „Was ist mit den Gesichtern? Sind es Männer? Oder Frauen?“
    „Ich weiß es nicht.“ Unvermittelt blieb sie stehen und wandte ihm das Gesicht zu. „Ich kann nicht schlafen, denn wenn ich es tue, beginnen die Träume. Und dann wache ich auf und habe das Gefühl, schreien zu müssen.“
    Die Emotionen, die in ihrer Stimme mitschwangen, berührten ihn. Sie bemühte sich, ihn nicht merken zu lassen, wie sehr ihre Visionen sie mitnahmen, aber der Kampf war für ihn deutlich herauszuhören. „Ist das sehr ungewöhnlich?“
    „Aye. Ich hatte schon oft prophetische Träume, aber noch nie einen, der ständig immer wiederkommt.“
    „Wenn du aufwachst, was fühlst du dann? Du musst Angst haben, wenn du bereit bist zu schreien.“
    „Nicht Angst. Jedenfalls nicht um mich selbst.“ Sie begann erneut, hin und her zu laufen.
    „Dann also um jemand anderes? Um April?“
    „Ich glaube nicht, dass April in dem Traum auftaucht. Aber er hat trotzdem etwas mit ihr zu tun.“
    „Das verstehe ich nicht.“
    „Ich auch nicht.“
    „Mara, du bist völlig erschöpft. Bitte setz dich hin. Du hast keine Kraft mehr.“
    Sie ging weiter. Sie hatte das Tempo höchstens noch gesteigert. „Da ist ein Gefühl von Verrat …“
    „Verrat?“ Er beugte sich vor.
    „Ein entsetzlicher Verrat.“
    Er dachte an seinen eigenen Verrat, und Scham erfüllte ihn. „Nun, dann gibt es kaum einen Zweifel, wo das herkommt.“
    „Wie meinst du das?“
    Er stand auf und hielt sie auf, indem er ihr die Hand auf den Arm legte. Sie entzog sich ihm, als könnte sie seine Berührung nicht ertragen. „Ich habe dich verraten“, sagte er leise. „Ich habe dich benutzt, und ich habe dich verraten. Und du hattest recht, ich habe dasselbe mit Lisa gemacht, auch wenn die Umstände vollkommen anders
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