Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dumpfbacken

Dumpfbacken

Titel: Dumpfbacken
Autoren: Kerstin Klein
Vom Netzwerk:
zu klein für Sie, es gibt ja nur zwei Zimmer. Wie viele Kinder haben Sie denn?«
    »Vier«, antwortete er. »Und darum und auch, weil wir Albaner sind, kriegen wir einfach keine Wohnung. Auch wenn zwei Zimmer wenig sind, wäre uns damit schon sehr geholfen.«
    Ich überlegte, während ich mir seine Selbstauskunft anguckte. Er hatte einen festen Job, seine Frau hatte zwei Putzstellen, er konnte also problemlos Miete zahlen. Das Ganze war sehr unfair.
    »Wissen Sie was?«, sagte ich zu ihm. »Ich werde Ihnen helfen. Diese Wohnung hier ist nichts für Sie, aber ich glaube, wir haben genau die richtige für Sie und Ihre Familie. Wenn Sie Zeit haben, fahren wir gleich dorthin.«
    Er sah mich so dankbar an, dass mir ganz warm ums Herz wurde. Ich war wirklich ein netter Mensch. Wir fuhren in einen belebten Stadtteil zu einem Mietshaus aus den Fünfzigerjahren.
    »Kommen Sie rein, hier ist eine Vier-Zimmer-Wohnung, frisch renoviert, und die Miete müssten Sie sich leisten können. Dazu kommt, dass in diesem Haus schon einige Familien mit Kindern wohnen, da dürfte es hier also keine Probleme geben.«
    Ungläubig sah er sich die Wohnung an. »Die ist wunderschön. Wenn wir die wirklich haben können, werde ich Ihnen das nie vergessen.«
    So war das gewesen. Nach der Besichtigung bekam er dank meiner Empfehlung den Mietvertrag und zog zwei Wochen später ein. Nur drei Tage nach dem Einzug der Familie wurde ich von ihnen zu einem tollen Essen eingeladen, das seine Frau Aida gekocht hatte. Es wurde ein langer, lustiger Abend, und beim Abschied legte er mir seine Hände auf die Schultern. »Das werde ich niemals vergessen. Ab sofort gehörst du zur Familie. Wann immer du mich brauchst, ich werde da sein.« Dann schenkte er mir noch eine Kette mit einem Adler-Anhänger. »Das ist der albanische Adler, der wird dich immer beschützen.«
    Und jetzt überfiel er mich? War das ein albanischer Brauch?
    Anscheinend nicht. »Ich wusste nicht, dass du das bist. Es ist alles so eine schreckliche Geschichte. Ich fühle mich ganz furchtbar«, stammelte er.
    »Hey, hör mal, ich bin hier das Opfer«, beschwerte ich mich. »Ich hatte Todesangst. Erklär mir das Ganze bitte mal.«
    Bashkin guckte gehetzt über seine Schulter. »Geht nicht, ich muss zurück zu meinem Boss, der steht mit dem Wagen um die Ecke und wartet auf uns. Pass auf, ich sag ihm, es sind Leute aus dem Haus gekommen, und ich konnte dich nicht mitnehmen. Komm heute Abend um acht ins Alba , das ist das Restaurant in der Ringstraße. Dann erkläre ich dir alles.« Mit diesen Worten verschwand er.
    Na, da war ich aber gespannt. Was wollte denn bloß der Chef einer Baufirma von mir? Und warum rief er mich nicht einfach an, anstatt zu versuchen, mich zu kidnappen? Ich rätselte bis um halb acht darüber nach. Hatte ich irgendeinen Baulöwen geärgert? Ich kannte ja nicht mal einen.
    Um acht ging ich ins Alba , ein albanisches Restaurant, wo ich in eine Nische geführt wurde, in der bereits Bashkin saß.
    »Alice, ich kann nur wiederholen, wie leid mir das tut. Ich hoffe, du hast dich von deinem Schrecken erholt?«
    »Ja, habe ich. Aber ich will jetzt sofort wissen, was das sollte.«
    »Ich habe vor sechs Wochen meine Arbeit verloren, die Firma ist pleitegegangen. Ich habe mich danach überall vorgestellt, aber keiner in der Baubranche hatte einen Job für mich oder wollte mir einen geben. Und dann hab ich vor drei Wochen auf eine Anzeige in einer Zeitung geantwortet. Hätte ich das doch nur nie getan«, klagte Bashkin.
    »Wieso, was war denn das für eine Anzeige? Kräftiger Albaner für Kidnapping gesucht?«
    »Nein, nein, es klang doch alles so gut. Ein Geschäftsmann suchte Handwerker, die ein Haus für ihn renovieren sollten. Ich habe angerufen und mich mit dem Mann getroffen. Hörte sich alles toll an. Unterkunft und Essen frei, dazu ein guter Stundenlohn. Vor drei Tagen habe ich angefangen, mit noch zwei anderen. Heute sagt der Boss zu mir, er hat einen Spezialauftrag für mich, ich soll ihn in die Stadt fahren. Plötzlich sagt er Stopp und zeigt in eine Straße. ›Da ist gerade eine Frau in einem rosa Kostüm reingegangen. Geh hinterher und bring sie zu mir ins Auto. Schüchtere sie ein, aber mach es unauffällig.‹ Ich wollte das wirklich nicht tun, aber der Mann hat etwas Schlimmes an sich. Und er sagte, bring mir die Frau, und du bekommst von mir einen festen Job. Tja, und darum habe ich es gemacht. Aber ich hätte nie zugelassen, dass er dir etwas tut, das musst du
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher