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Dumpfbacken

Dumpfbacken

Titel: Dumpfbacken
Autoren: Kerstin Klein
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überhaupt nicht lustig.«
    »Spekulantenpack! Maklerschlampe«, krähte der Gnom triumphierend vor der Tür. Ich hämmerte weiter, aber der verrückte alte Mann reagierte nicht mehr. Nachdem ich bestimmt zehn Minuten gehämmert und gerufen hatte, hörte ich endlich Frau Marschacht mit ihrem Vater streiten.
    »Vater, was soll das, rück sofort den Schlüssel wieder raus.«
    Die Tür wurde aufgeschlossen, und Frau Marschacht wurde blass, als sie mich sah.
    »Oh mein Gott, es tut mir ja so leid. Was ist das in Ihren Haaren, sind das etwa Tomaten? Wirklich, manchmal könnte ich meinen Vater umbringen.«
    Nun, damit war sie nicht allein.
    Sie half mir, meine Kostümjacke einigermaßen in Ordnung zu bringen und begutachtete meine Haare. »Die müssen gewaschen werden«, stellte sie fest und reichte mir ein Haarshampoo.
    Etwas später ging ich mit einem Handtuchturban auf dem Kopf und notdürftig gereinigter Jacke zu ihr ins Wohnzimmer.
    »Ich bin gerne bereit, mir das Haus weiter anzuschauen, aber nur, wenn Ihr Vater hier bei Ihnen im Wohnzimmer bleibt. Und lassen Sie ihn nicht aus den Augen, bitte.«
    So schnell es mit meinem lädierten Fuß möglich war, sah ich mir den Rest des Hauses an und rief Frau Marschacht im Hinausgehen noch zu, dass ich mich telefonisch bei ihr melden würde. Ich humpelte mit nassen Haaren zum Auto und fuhr zu mir nach Hause, um mich umzuziehen und meine Haare zu fönen. Mein Fuß war nur ein wenig geschwollen, das würde nicht für eine Krankschreibung reichen.
    Zurück im Büro, erstellte ich ein vorläufiges Exposé und rief Frau Marschacht an. Die entschuldigte sich nochmals.
    »Ich kann gar nicht sagen, wie leid es mir tut. Mein Vater nimmt den Verkauf sehr schwer, aber er wird bestimmt bald Vernunft annehmen. Sind Sie trotzdem noch interessiert, das Haus für mich zu verkaufen?«
    Eigentlich nicht, aber da Bernie für eine Ablehnung sicher wenig Verständnis hatte, bejahte ich das und einigte mich mit ihr auf einen Kaufpreis. Den Rest des Tages war ich mit der Vorbereitung des Verkaufsangebotes beschäftigt und bekam nur am Rande mit, wie Mimi am Telefon mit verschiedenen Partnervermittlungsagenturen verhandelte. Dieser Tag war zu eklig gewesen, um mich auch noch damit zu beschäftigen, darum wünschte ich ihr nur einen schönen Feierabend und machte mich auf den Weg zur Bushaltestelle.
    Ich war gerade aus der Fußgängerzone raus und nahm eine Abkürzung durch eine stille Nebenstraße, als ich Schritte hinter mir hörte. Bevor ich mich auch nur umdrehen konnte, wurde mir von hinten ein Arm um meinen Hals gelegt und die Luft abgeschnürt.
    »Es tut mir wirklich leid«, sagte eine Männerstimme hinter mir. »Glauben Sie mir, ich möchte das nicht tun. Aber ich muss Sie bitten, mit mir zum Auto zu kommen.«
    Die Straße war menschenleer. Selbst wenn ich hätte schreien können, hätte mich niemand gehört. Auch wenn sich der Mann sehr höflich anhörte, bekam ich panische Angst. Und eines wusste ich. Sobald mich dieser Vergewaltiger oder Serienmörder in seinem Auto hatte, gab es keine Chance mehr, seiner Axt zu entkommen. Fast reflexartig kickte ich mein Bein nach hinten und traf ihn mit meinem acht Zentimeter hohen Absatz in den Oberschenkel. Vor Schmerz lockerte er kurz seinen Griff, und ich rannte los. Doch weit kam ich nicht, der Mistkerl hatte Turnschuhe an und war klar im Vorteil. Nach ein paar Metern hatte er mich eingeholt und riss mich zu sich rum. Da sah ich das erste Mal sein Gesicht und schnappte überrascht nach Luft.
    »Bashkin? Was machst du? Was habe ich dir getan?«
    Genauso entsetzt guckte Bashkin mich an. Er war Albaner, und ich hatte ihn vor drei Monaten kennengelernt, als er für sich und seine Familie verzweifelt eine Wohnung gesucht hatte. Obwohl er einen festen Job bei einer Baufirma hatte, wollte ihm niemand eine Wohnung vermieten. Trotzdem versuchte er es immer weiter. Mir war er bei einer öffentlichen Wohnungsbesichtigung aufgefallen, weil er so traurig guckte. Als alle Interessenten die Fragebögen ausgefüllt hatten und wieder gingen, blieb er noch und kam auf mich zu.
    »Hören Sie, ich brauche wirklich ganz dringend diese Wohnung. Ich lebe mit meiner Frau und unseren Kindern in einem feuchten Loch. Durch den Schimmel an den Wänden ist mein Jüngster schon ganz krank. Bitte, können Sie nicht was für uns tun?«
    Er tat mir ganz furchtbar leid. »Ich will es gerne versuchen«, versprach ich ihm. »Aber wenn Sie Kinder haben, ist diese Wohnung hier doch viel
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