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Duerers Haende

Duerers Haende

Titel: Duerers Haende
Autoren: Petra Kirsch
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Jordanier und auch einen Pakistani kennengelernt, aber das hier war der erste Iraker, dem sie persönlich begegnete. Wenn auch erst als totem Mann.
    »Klaus, was ist denn da der Nachname, Shengali oder Abdulaziz?«
    »Shengali«, antwortete Dennerlein, der gebückt wieder auf Spurensuche ging, diesmal im angrenzenden Waldstreifen.
    »Woher weißt du das?«
    »Das ist wie bei unseren Pässen. Erst kommt der Nachname, dann der Vorname. Übrigens, Reifenspuren können wir vergessen. Das hier ist eine frisch geteerte Zufahrtsstraße, so glatt wie ein Kinderpopo. Und dann hat es ja die ganze Nacht geregnet. Auf abschüssigem Gelände. Selbst wenn was da gewesen wäre, hätte es der Regen mittlerweile die Pegnitz hinuntergespült.«
    Schließlich rief er ihr noch zu: »Aber Gewebeproben von seiner Kleidung haben wir genommen, für den Erkennungsdienst, vielleicht ergeben die ja was.«
    Nachdem der geteerte Weg somit für sie freigegeben war, drückte sie die Zigarette unterhalb der Bordsteinkante aus, um die feuchte Kippe anschließend mit spitzen Fingern aufzuheben. In diesem Moment sprach sie der Notarzt an, den sie bislang nicht wahrgenommen hatte.
    »Der Mann wäre jetzt vernehmungsfähig.« Er deutete auf das hinter ihr liegende Wiesenstück, von wo aus sie ein älterer Mann in Freizeitkleidung und ein großer, auffallend hässlicher, gefährlich wirkender Hund beobachteten.
    »Ich dachte, er steht unter Schock.«
    »Das dachten wir auch. Es waren aber nur ein leichtes Unwohlsein und eine vorübergehende Verwirrung, wie sie in solchen Fällen als normal zu betrachten ist.«
    Sie nickte und marschierte auf das Zeugen-Duo zu. Am Wiesenrand schnipste sie den übel riechenden Zigarettenstummel auf den Boden.
    »Guten Morgen. Mein Name ist Steiner, ich bin von der Mordkommission Nürnberg. Sie haben die Leiche heute Morgen gefunden, Herr …?«
    »Ich heiße Kupfer. Emil Kupfer. Nein, ich habe den Toten nicht gefunden, das war mein Paulinchen.«
    Als ihr Name fiel, blickte die Hündin, die bis dahin die Kommissarin grimmig und stirnrunzelnd ins Visier genommen hatte, hechelnd zu ihrem Herrchen auf und wedelte, einmal links, einmal rechts, kurz mit dem buschigen Schwanz. Wie ein Scheibenwischer auf Intervallschaltung, dachte Paula Steiner und griff in die rechte Brusttasche ihrer Jeansjacke. Sie war erleichtert. Zumindest Block und Stift trug sie bei sich. Sie notierte Name und Adresse des Hundehalters.
    »Wann war das?«
    »Zwei Minuten nach sieben.«
    »Woher wissen Sie das so genau, haben Sie auf die Uhr geschaut?«
    »Nein, das brauche ich nicht. Punkt sieben gehen Paulinchen« – wieder dieses kurze Schwanzwedeln – »und ich aus dem Haus. Und von da sind es nicht einmal hundert Meter bis hierher, also zwei Minuten zu Fuß.«
    Mal sehen, ob auch sie diesen Scheibenwischer in Gang setzen konnte.
    »So, das war also mein Namensvetter oder besser: meine Namenscousine, das Paulinchen.« Es funktionierte. Und wie! Gleichzeitig rückte die Hündin handbreit an sie heran und senkte den Kopf, eine Einladung, sie jetzt sofort, auf der Stelle zu streicheln. Paula zögerte einen Moment, dieser Aufforderung zu folgen, und schaute stattdessen Emil Kupfer fragend an. Da stupste sie der Schäferhund-Mischling mit den gelben Zähnen und den aufgestellten ausgefransten Dreiecksohren zur geflissentlichen Erinnerung sanft mit der Schnauze in die Kniekehle. Eine Gebärde, die sie von Max kannte und als harmlos einstufte. Während sie der Hündin wieder und wieder über das nasse Fell strich, erfuhr sie, was sie noch wissen musste.
    »Ja, wenn wir von der Erlenstegenstraße einbiegen, rennt sie sonst immer, ohne auf mich zu warten, ans Ufer. Heute nicht. Da saß sie vor dem Eingang zum Wasserwerk und hat laut angeschlagen. Das macht sie sonst nie. Ich bin hin zu ihr und habe diesen toten Mann gesehen. Sie wollen doch bestimmt wissen, ob wir ihn angerührt haben. Nein, haben wir nicht. Ich habe mit dem Handy die Polizei angerufen und bin einfach dort stehen geblieben. Paulinchen auch.«
    »Also lag der Ermordete«, bei diesem Wort zuckte Kupfer leicht zusammen, »dann noch genau so da, wie Sie ihn vorgefunden haben. Beine und Arme in einer geraden parallelen Linie, die Hände nach oben gerichtet.«
    »Ja, genauso war es.«
    Auf dem Weg zurück zu ihrem Auto hielt Paula Steiner nach dem Kollegen Ausschau, den sie so angeblafft hatte und den sie nun mit einer Freundlichkeit bedenken wollte. Doch der war mittlerweile durch eine Polizistin
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