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Duddits - Dreamcatcher

Duddits - Dreamcatcher

Titel: Duddits - Dreamcatcher
Autoren: Stephen King
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dann ruft er Henry vom Münzfernsprecher in Joe’s Smoke Shop aus an, drüben am Monument Square. Er rechnet mit dem Anrufbeantworter – Henry ist noch in der Uni, macht gerade Examen –, aber Henry ist tatsächlich zu Hause und nimmt nach dem zweiten Läuten ab.
    »Wie geht’s dir, Mann?«, fragt Biber.
    »Ach, weißt du«, sagt Henry. »Selbe Scheiße, anderer Tag. Und dir, Biber?«
    Biber schließt die Augen. Für einen Moment ist wieder alles gut; so gut jedenfalls, wie es in so einer Kackwelt sein kann.
    »Genauso, Alter«, erwidert er. »Genauso.«

    1993: Pete hilft einer Dame aus der Patsche

    Pete sitzt an seinem Schreibtisch hinter dem Ausstellungsraum von Macdonald Motors in Bridgton und zwirbelt an seiner Schlüsselkette herum. Der Anhänger besteht aus vier Buchstaben aus blauem Email: NASA.
    Träume altern schneller als Träumer – das hat Pete im Laufe der Jahre feststellen müssen. Doch die letzten Träume sind oft erstaunlich hartnäckig, melden sich immer wieder mit leisen, jämmerlichen Stimmen aus dem Hinterkopf. Es ist lange her, dass Pete in einem Zimmer schlief, dessen Wände mit Bildern von Apollo- und Saturn-Raketen gepflastert waren, von Astronauten und Weltraumspaziergängen (EVAs für Eingeweihte), von Raumkapseln, deren Schutzschild in der sagenhaften Wiedereintrittshitze fast geschmolzen wäre, von Mondautos und Voyager-Sonden und mit dem Foto einer schimmernden Scheibe über dem Interstate Highway 80 – die Leute stehen auf dem Standstreifen und schauen mit der Hand über den Augen zu ihr hoch, und unter dem Bild stand: DIESES OBJEKT, 1971 IN DER NÄHE VON ARVADA, COLORADO, FOTOGRAFIERT, IST NIE ERKLÄRT WORDEN. ES IST EIN ECHTES UFO.
    Verdammt lange her.
    Doch trotzdem hat er eine seiner zwei Wochen Urlaub dieses Jahr in Washington DC verbracht, ist dort jeden Tag ins Smithsonian Institute gegangen und mit einem verwunderten Lächeln auf den Lippen durch die Raumfahrtausstellung gewandert. Und lange stand er vor dem Mondgestein und dachte: Diese Steine kommen von einem Ort, wo der Himmel immer schwarz ist und die Stille ewig währt. Neil Armstrong und Buzz Aldrin haben zwanzig Kilo einer anderen Welt mitgebracht, und jetzt ist es hier.
    Und da ist er jetzt und sitzt an seinem Schreibtisch, an einem Tag, an dem er noch kein einziges Auto verkauft hat (die Leute kaufen ungern Autos, wenn es regnet, und in Petes Weltgegend nieselt es seit dem Morgengrauen), zwirbelt an seinem NASA-Schlüsselanhänger herum und schaut hinauf zur Uhr. Die Zeit vergeht nachmittags langsam, und umso langsamer, je mehr es auf fünf Uhr zugeht. Um fünf ist es dann Zeit für das erste Bier. Nicht vor fünf, das auf keinen Fall. Wenn man tagsüber trinkt, muss man aufpassen, dass man nicht überhaupt zu viel trinkt, denn so was machen nur Alkoholiker. Wenn man aber warten kann … einfach am Schlüsselanhänger herumzwirbeln und warten …
    Ebenso wie auf das erste Bier des Tages freut sich Pete auf den November. Es ist zwar schön gewesen, im April nach Washington zu reisen, und das Mondgestein hatte ihn sprachlos gemacht (er findet es immer noch überwältigend, wenn er daran denkt), aber er war allein gewesen. Es war nicht schön, allein zu sein. Im November, wenn er seine zweite Woche Urlaub nimmt, wird er mit Henry und Jonesy und dem Biber zusammen sein. Dann wird er es sich gestatten, tagsüber zu trinken. Wenn man im Wald ist und mit seinen Freunden auf der Jagd, spricht nichts dagegen, tagsüber zu trinken. Das gehört praktisch dazu. Das ist –
    Die Tür geht auf, und eine attraktive Rothaarige kommt herein. Knapp ein Meter siebenundsiebzig groß (Pete steht auf große Frauen) und etwa dreißig Jahre alt. Sie lässt den Blick kurz über die ausgestellten Autos schweifen (der neue Thunderbird in dunklem Burgunderrot ist das Prachtstück, aber der Explorer ist auch nicht schlecht), aber nicht so, als hätte sie irgendein Kaufinteresse. Dann entdeckt sie Pete und geht auf ihn zu.
    Pete steht auf, wirft den NASA-Schlüsselanhänger auf seine Schreibtischunterlage und kommt ihr bis zur Tür seines Büros entgegen. Mittlerweile hat er sein bestes Verkäuferlächeln aufgesetzt – zweihundert Watt, Baby, kannste glauben – und streckt ihr die Hand entgegen. Ihre Hand fühlt sich kühl an, und sie greift fest zu, ist aber nicht ganz bei der Sache.
    »Das geht wahrscheinlich sowieso nicht«, sagt sie.
    »Also, so sollten Sie einen Autoverkäufer nicht ansprechen«, sagt er. »Wir lieben
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