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Du sollst eventuell nicht töten - eine rabenschwarze Komödie

Du sollst eventuell nicht töten - eine rabenschwarze Komödie

Titel: Du sollst eventuell nicht töten - eine rabenschwarze Komödie
Autoren: Knaus Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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Transpiration.
     
     
     
    A n einem heißen Junitag spazierte ein Mann mit ekliger Brokatweste den Kiez auf und ab. Aus Abfalleimern fischte er leere Getränkedosen und ging damit zu Penny, um sie gegen volle einzutauschen. Die Hitze staute sich in seiner brokatenen Ein-Mann-Sauna. Und als er an der Davidwache vorbeikam, wurde er in die gute Verhörstube gebeten und mit gerümpfter Nase zu seinem Erscheinungsbild befragt. Der Mann konnte mit einer schlüssigen Erklärung aufwarten:
    Die Anziehsachen habe er vor ewigen Zeiten in einer Mülltonne gefunden. Sicher habe er sich gewundert, warum ein Mensch solch wertvolles Gewand (man beachte nur diese Stickereien auf der Weste!) wegwerfe, aber die Überflussgesellschaft schmeiße ja dauernd gute Sachen weg, und irgendwann würde Gott das rächen; dann würde jeder Mitteleuropäer, der mit dem Pfunde gewuchert hätte, bestraft werden. Sei′s mit Pest und Teuerung, sei′s, dass die große Hure Hamburg gänzlich überflutet würde.
    Sicher: Die Kleidung eigne sich nun gar nicht für einen heißen Sommertag, aber gestern Nacht hätte er furchtbar
kotzen müssen, und dadurch sei seine übliche Garderobe verdorben. Daher trage er nun im Hochsommer dieses dicke, aber saubere Outfit aus. Und ob es dafür Finderlohn gäbe?

Kapitel 25
    enthält den Sturz einer
gutsituierten Familie in die Hamburger Favelas
sowie ein final verhunztes Cabrio.

    W ir saßen und ermittelten verdeckt. Verdeckt von Mendelssohns Jalousie beobachtete ich den Auszug der Lövenichs und teilte Mendelssohn alles Bemerkenswerte mit: »Laura schleppt einen Wäschekorb. Ich tippe auf Küchengerät.« Cromwell lag auf dem Sofa und schmökerte in einem »Praxisleitfaden für private und behördliche Observationen«. Ab und an kicherte er respektlos.
    »Zum Einzug Salz und Brot,« sagte Mendelssohn. »Aber was bringt man den Nachbarn zum Auszug? Zucker und Zimt? Eine Nebenkostenrechnung aus Marzipan?«
    Mir tat die Familie nun doch leid: »Vor einem halben
Jahr hätten sie noch ein Unternehmen bezahlt und ein paar stämmige Thorstens hätten ihnen ruckzuck die Wohnung ausgeräumt. Und jetzt wuchten Ritchie und Katharina im Schweiße ihres Angesichtes ein Bettgestell. Jetzt setzen sie es schon zum vierten Mal ab! Das Ding scheint massiv.«
    »Vielleicht sollten wir ihnen helfen!«, sagte Mendelssohn lahm.
    »Das schlägst du jetzt aber nur vor, weil du eh nicht mitträgst! Du ziehst deine Mister-Wichtig-Hose an und fährst höchstens mal mit einem Läppchen über ein Regal!«
    »Ich kann auch nicht. Ich hab′s im Kreuz«, log Cromwell. »Außerdem kenne ich die Leute ja kaum. Ich weiß von ihnen so gut wie nichts.«
    »Außer, dass sie einen ermordet und verbuddelt haben«, stimmte ich zu.
    »Aber DU!«, quälte mich Cromwell. »Als Ex-Verlobter müsstest du eigentlich ran! Ein letzter Liebesdienst!«
    »Ich hab′s auch im Kreuz.«
    »Du hast′s am Kopf.«
    »Eben. Ich bin mehr der Mann fürs Ätherische. Ich komm ja nicht so vom Möbelpacken. Außerdem ist es schlechter Stil, der Ex bei ihrer Zwangsräumung zu helfen. Das hat irgendwie was Höhnisches.«
    »Wie seid ihr denn jetzt verblieben?«
    »Sie wollte Adressen tauschen.«
    »Und? Hast du sie ihr gegeben?«
    »Noch nicht. Ich weiß nicht. Ich fühl mich so – undeutlich.«
    »Was bist du nur für ein entsetzlich feiges Schwein.«

    »Und das sagt mir einer, der angeblich mal bei den Amish – He! Was kommt jetzt?«
    Zu viert schleppten die Lövenichs eine lange, dicke Teppichrolle. »Was is? Was is?«, boxte mich Mendelssohn. »Sie tragen einen Teppich. Eine – Wurst von einem Teppich! Sieht aus wie ein riesiger Rollbraten. Theoretisch könnte da jemand drinnen stecken!«
    Cromwell kam rasch ans Fenster: »Stimmt. Das könnte sein.«
    »Wie sehen sie aus?«, fragte Mendelssohn aufgeregt. »Sehen sie aus, als wär′s ein letztes Geleit? Haben sie was Verstohlenes? Oder Verdrucktes? Herrje, das sieht man Menschen doch an, ob sie einen Teppich tragen oder einen Kadaver entsorgen!«
    »Das hättest du doch gehört, wenn sie ihn rausgehämmert hätten!«
    »Vielleicht bin ich ja manchmal außer Haus! Sogar ich bekomme nicht immer alles mit!«
    Die Lövenichs hatten den verdächtigen Teppich in den gemieteten Transporter gewuchtet. Ritchie schloss hinter ihm die Türen. Die Mädchen trotteten erschöpft zurück ins Haus. Thorsten fuhr in einem gespenstisch schweigenden Cabrio vor und verschwand, ohne nach rechts und links zu sehen, im Haus der
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