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Du sollst eventuell nicht töten - eine rabenschwarze Komödie

Du sollst eventuell nicht töten - eine rabenschwarze Komödie

Titel: Du sollst eventuell nicht töten - eine rabenschwarze Komödie
Autoren: Knaus Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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recht – selbst bei einem derart lausigen Menschen wie der Wurst um einen Menschen. Und wir alle tun im Sinne von Zivilisation und Humanismus gut daran, diese letzte Barriere unserer kollektiven Beißfreude zu respektieren. Ja, es kann eigentlich nicht oft genug gesagt werden: Egal, wie sehr uns unsere Mitmenschen auch auf die Nüsse gehen, egal, wie dreist, unhöflich, inkompetent und ekelerregend sie auch sein mögen – niemand hat das Recht, einem anderen Menschen das Lichtlein auszublasen. Die Unversehrtheit des Individuums sollte uns allen als quasi reflektorisches Gesetz in Fleisch und Blut übergegangen sein, egal wie unwillig auch das Fleisch und wie blutrünstig auch die Gedanken…

Kapitel 21
    enthält einige Tipps des großen
Beziehungsvermeiders Cromwell zur hohen Kunst
der Beziehungsvermeidung.
     
     
     
    W ie schon an anderem Orte erwähnt, mag ich den frühen Tag nicht, der gerade krächzend erwacht. Ich mag ihn lieber, wenn er schon etwas älter ist. Ich mag den Tag also quasi erst, wenn er bereits gestillt und gewindelt ist. Beziehungsweise wenn er sich demnächst wieder zur Ruhe begibt.
    »Guten Abend, mein lieber Cromo.«
    »Guten Abend, mein lieber Schlomo. Was führt deine müßigen Hände ans Telefon? Ist was passiert? Jemand gestorben?«
    »Wie passend! Haha! A propos: Wird dein Telefon abgehört?«
    »Ich denke nicht. Jedenfalls nicht mehr, seit ich konvertiert bin.«
    »Du bist konvertiert? Von wohin nach wohin, wenn man fragen darf?«
    »Na, vom Islamismus weg. Zu … äh … Werder Bremen.«
    »Ist die Neue also aus Bremen?«
    »Papperlapapp. Ich bin so solo wie frisch gefallener Schnee! Und selbst?«
    »Deswegen rufe ich ja an. Du musst mir helfen.«

    »Okay: Versuch′s mal mit Pralinen. Oder einem Diamantring. Am besten mit einem aus Blutdiamanten. Frauen stehen auf Blutdiamanten. Oder auf abgeknallte Tiere am Hals. Sagt jedenfalls das Fernsehen.«
    »Nee, nee! Ich will doch das Gegenteil! Ich will wieder raus aus der Nummer!«
    »Ach! Was sagt man denn dazu! Endlich klug geworden?«
    »Hilf mir!«
    »Dafür brauche ich aber vorher ein paar präzise Informationen über den derzeitigen Stand der Dinge.«
    »Du willst doch nur intime Details, du Drecksack, du voyeuristischer!«
    »Mein Lieber: Das nennt man eine ANAMNESE! Jeder verantwortliche Wissenschaftler arbeitet nicht ohne ein ausführliches Abklärungsgespräch!«
    »Saubeutel, gieriger!«
    »Bedenke: DU hast MICH angerufen! Also runter mit den Hosen!«
    Ich schilderte meinem Freund und Experten also sachlich meine Wonnen des leichten Verliebtseins, das überglückliche inwendige Trullalla bei offensichtlicher Erwiderung meiner Gefühle sowie das rasante Absterben derselben. Und spätestens seit ich sie, mein vorheriges Honignäpfchen, meinen einstigen Feger, in ihrer Rolle als »Wurst auf dem Heimwege« gesehen hätte, sei es mir derart auf die Triebe geschlagen, dass ich befürchtete, noch nicht mal während einer Gegenüberstellung mit einer egal wie lasziv, aufreizend oder nackig daherkommenden Marvie einen hoch zu kriegen.

    »Ist es nur dieses Bild der Verkleideten, das dich stört? Oder stört dich noch etwas anderes? Kennst du dieses Störbild vielleicht aus anderen Zusammenhängen?« Man merkte Cromwell doch immer wieder die harte therapeutische Schule der Geschlossenen an. Ich überlegte etwa zehn Minuten, dann konnte ich mit Bestimmtheit sagen: »Es ist nicht nur dieses Wurstbild. Es ist – fürchte ich – die gesamte Person Marvie, die mir nichts mehr zu sagen hat. Aber wie werde ich sie jetzt wieder los? Wir haben uns nicht mehr getroffen, weil wir das wegen der Wurstgeschichte so vereinbart hatten. Aber je mehr Zeit ins Land geht… kurz: Ich trau mich schon nicht mehr, das Telefon abzunehmen. Und zu Mendelssohn schleiche ich mich im Schutz der Dunkelheit! Wie ein verdammter Dieb in der Nacht! Mein Leben ist zur Zeit die Hölle! Und dann noch diese nächtlichen Schweißbäder! Und die politische Lage überhaupt. Das macht mich alles so fertig!«
    Cromwell seufzte empathisch: »Ach ja, ich weiß, ich weiß.« Danach machte er mich mit den Rahmenrichtlinien für eine feige-verlogene Trennung vertraut.
    Punkt eins: Marvie so lange auf Abstand halten, bis dass ihr Interesse von selbst erlöschen würde. Ich könnte zum Beispiel eine angeblich längere Reise ins angebliche Ausland antreten. Und zwar an einen bestimmten Flecken des Auslandes, der mit den modernen technologischen Greifarmen E-Mail oder Handy
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