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Das Licht der Flüsse

Das Licht der Flüsse

Titel: Das Licht der Flüsse
Autoren: Aufbau
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Vorwort der Erstausgabe
    Wer ein so kleines Buch mit einem Vorwort ausstattet, versündigt sich wohl ein wenig am Ebenmaß. Doch kann kein Autor einem
     Vorwort widerstehen, da es eine Belohnung für seine Mühen darstellt. Sobald der Grundstein gelegt ist, erscheint der Architekt
     mit seinen Bauplänen und stolziert eine Stunde lang vor den Augen der Öffentlichkeit herum. Ebenso macht es der Schriftsteller
     mit seinem Vorwort: Auch wenn er rein gar nichts zu sagen hat, muss er sich kurz mit dem Hut in der Hand und in weltmännischer
     Haltung im Säulengang zeigen.
    Unter solchen Umständen ist es am besten, dem Auftritt einen vornehmen Anschein zwischen Bescheidenheit und Überlegenheit
     zu verleihen: als habe ein anderer das Buch geschrieben und als hätte man beim flüchtigen Durchblättern lediglich die guten
     Stellen eingefügt. Doch mir ist es bislang nicht gelungen, diesen Trick zur Perfektion zu bringen. Ich kann die Herzlichkeit
     meiner Gefühle gegenüber einem Leser nicht verbergen, und wenn ich ihm auf der Schwelle entgegentrete, dann nur, um ihn mit
     ländlicher Warmherzigkeit zu begrüßen.
    Um die Wahrheit zu sagen, hatte ich kaum die Druckfahnen dieses kleinen Buches überarbeitet, als ich von einer beunruhigenden
     Erkenntnis erfasst wurde. Mir kam plötzlich in den Sinn, dass ich nicht nur der Erste war, der diese Seiten las, sondern womöglich
     auch der Letzte; dass ich diesen heiterenLandstrich völlig vergeblich erkundet haben und keine Menschenseele in meine Fußstapfen treten könnte. Je länger ich nachdachte,
     desto weniger gefiel mir die Vorstellung, bis mein Verdruss zu einer Art panischer Angst anwuchs und ich hastig dieses Vorwort
     zu schreiben begann, das nichts anderes darstellt als ein Lockmittel für Leser.
    Was kann ich zugunsten meines Buches sagen? Kaleb und Josua brachten aus Palästina köstliche Weintrauben mit, doch ach, mein
     Buch bietet nichts, was vergleichbar nahrhaft wäre. Außerdem leben wir in einem Zeitalter, in dem man eine genaue Erklärung
     mehr schätzt als Obst in jeder noch so großen Menge.
    Ich frage mich, ob man einen Mangel auch als verlockenden Vorteil anpreisen kann. Denn der Band hat, wie ich ganz unbescheiden
     meine, gerade wegen seiner Mängel einen gewissen Vorzug. Obwohl er beinahe zweihundert Seiten umfasst, enthält er keine einzige
     Bemerkung über den Schwachsinn von Gottes Universum und nicht einmal eine winzige Andeutung, dass ich ein besseres hätte erschaffen
     können. – Wo war ich nur mit meinen Gedanken? Ich scheine alles vergessen zu haben, was dem Menschenleben Ruhm beschert. –
     Eine Auslassung, die das Buch im philosophischen Sinne bedeutungslos macht, doch hege ich die Hoffnung, dass diese Eigenart
     vielleicht in frivolen Kreisen Vergnügen bereitet.
    Dem Freund, der mich begleitete, schulde ich bereits großen Dank, und ich wünschte wirklich, ich würde ihm nicht noch mehr
     schulden, doch empfinde ich ihm gegenüber in diesem Moment eine fast übertriebene Zärtlichkeit. Zumindest er wird mein Leser
     sein – und sei es nur, um seinen eigenen Spuren neben den meinen zu folgen.
    R. L. S.

Von Antwerpen nach Boom
    In den Docks von Antwerpen erregten wir großes Aufsehen. Ein Schauermann und ein Trupp Hafenarbeiter hoben die beiden Kanus
     an und liefen mit ihnen zur Helling. Eine Kinderschar rannte jubelnd hinterher. Die
Cigarette
sauste mit einem Platschen voran und wirbelte eine kleine Bugwelle auf. Die
Arethusa
folgte im nächsten Augenblick. Ein Dampfer kam uns entgegen, Männer am Schaufelradkasten riefen grobe Warnungen, der Schauermann
     und seine Arbeiter brüllten vom Kai. Doch mit ein, zwei Ruderschlägen brachten wir die Kanus in die Mitte der Schelde, und
     alle Dampfer und Schauermänner und andere Nichtigkeiten an den Ufern blieben zurück.
    Die Sonne strahlte, die Flut setzte ein – vier lustige Meilen die Stunde. Der Wind blies gleichmäßig, mit gelegentlichen Sturmböen.
     Ich meinerseits hatte noch nie zuvor in einem Kanu unter Segeln gesessen, und mein erster Versuch inmitten dieses großen Flusses
     war nicht ganz frei von Befürchtungen. Was würde geschehen, wenn der Wind zum ersten Mal meine kleine Leinwand erfasste? Ich
     denke, es war eine ähnlich große Herausforderung, wie sich in andere unbekannte Regionen vorzuwagen, etwa ein erstes Buch
     zu veröffentlichen oder zu heiraten. Doch meine Zweifel hielten nicht lange an, und Sie werden nicht überrascht sein zuerfahren, dass ich nach
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