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Du sollst eventuell nicht töten - eine rabenschwarze Komödie

Du sollst eventuell nicht töten - eine rabenschwarze Komödie

Titel: Du sollst eventuell nicht töten - eine rabenschwarze Komödie
Autoren: Knaus Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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auf gar keinen Fall amoklaufende Soziopathen. Und jetzt schilder′ mir ihr Äußeres! Mal sehen, wie richtig ich mit meinem Bild liege!«
    Wir gingen in das Richtung »Plumpskuh« weisende Zimmer, das ich mit Blick auf unsere zukünftige Detektei
schon mal »Mein Büro« nannte. Mendelssohn setzte sich auf einen Karton, während ich begann, seine Regale zusammenzuschrauben.
    »Mit wem soll ich anfangen?«
    Mendelssohn tat so, als würde er überlegen und sagte dann erwartungsgemäß: »Mit dem Knaben Ritchie.«
    »Okay: Circa zwanzig Jahre alt. Etwa ein Meter achtzig Länge. Braune Haare, braune Augen.«
    »Ah!«, machte Mendelssohn.
    »Eher dünn als schlank. Leger bis schlampig gekleidet. Ansonsten ein – würde ich mal sagen – frisches, offenes Gesicht. Dann: Katharina, um die vierzig. Hellbraune Haare, braune Augen. Schlank mit ganz leichter Tendenz zum – Stämmigen. Etwa ein Meter fünfundsiebzig. Dann: Laura. Schätze, um die dreißig. Dunkelbraune Haare, nackenlang und wie von Ebenholz. Und jetzt, wo du mich fragst: Ziemlich attraktiv.«
    »Warte mal: zwanzig, dreißig und vierzig Jahre? Interessante Kombination! Oder du liegst mal wieder voll daneben und sie sind alle vierundzwanzig. Und dreieiige Zwillinge.«
     
    D as erste Regal stand. Beziehungsweise lehnte. An der Wand. Weil es ansonsten einen Spagat gemacht hätte. Ich beschloss, Mendelssohn nichts davon zu sagen und machte mich an den großen Bruder des Regals: Ein stabiles Element mit Türen. Das würde für Solidität sorgen. Da könnte sich das kleine Spagatregal gut anlehnen.
    In diesem Augenblick kam die Plumpskuh zurück nach
Hause – das war unschwer zu hören. Wieder grölte es aus dem Cabrio, wieder stand das Auto ein paar Minuten im Leerlauf, dann wieder ein Kavalierstart – keine Frage: Marita und ihr Freund gehörten an die Wand gestellt.
    Wir mussten uns dringend etwas einfallen lassen.

Kapitel 2
    bietet eine Bastelanleitung, wie man Cabriofahrern
das Maul stopft. Außerdem kettet sich unser Schlomo
aus Versehen & aufkeimender Liebe an einen Zaun und
erfährt aus dem Internet, dass er bald sterben muss.

    A ls ich am Morgen erwachte, schien meine Einraumbutze über Nacht geschrumpft zu sein. Jedenfalls sah sie nach weniger aus. Ja, von meinem Bett aus sah sie eher nach einer finsteren Nische aus. Auch mein Bett schien verändert. Über Nacht musste es jemand gegen eine schmale Pritsche ausgetauscht haben. Obendrein war diese Pritsche klitschnass. Mein detektivischer Spürsinn sagte mir sofort, dass es sich hier schon wieder um einen klaren Fall von sogenanntem »Nachtschweiß« handelte. Seltsam. Wie kam ein längst nicht mehr drogenabhängiger Mensch – noch dazu mit meinem inzwischen hervorragenden Blutbild – zu einem derartigen Nachtschweiß? Besorgt runzelte ich die Stirn – und bemerkte einen dubiosen Schmerz in meinem
Schädel. Der nasse Schlafanzug presste sich wie ein tiefgekühltes Totenhemd auf meine Haut. Ich nahm innerlich Anlauf, sprang von der Pritsche, riss mir die beinahe triefenden Fetzen vom Leib und stellte meinen klammen Körper unter die Dusche.
    Auf der Fahrt zu Mendelssohn klang der rätselhafte Schädelschmerz ab. Mein Fahrrad sauste über Hamburgs Radwege, und als ich meine Slums verlassen und Mendelssohns Villenviertel erreicht hatte, fühlte ich mich schon wieder frisch wie ein Millionär. – Oder jedenfalls so, wie ich mir eine morgendliche Millionärsbefindlichkeit vorstelle.
     
    B ei Mendelssohn angekommen, traf ich auch die vierte Person aus dem Lövenich-Haushalt. Das musste die Jüngste, Marvie, sein: ein sehr graziles Geschöpf, feingliedrig bis zur Zerbrechlichkeit, lange braune Haare, große braune Augen, die kugelrund über eine schmale Nase, die an ein Schnäbelchen gemahnte, hinwegschauten. Ein Mädchen wie aus einem meiner alten Bilderbücher. Ein sehr schönes Kind. Und meiner inkompetenten Altersschätzung nach zwischen fünfzehn und fünfundzwanzig. Ich kettete gerade mein Fahrrad an Mendelssohns Gartentor, als sie – ebenfalls in Begleitung eines Fahrrades – aus der Lövenich-Tür trat. Sie schaute interessiert und freundlich zu mir herüber, grüßte mit einer spannenderweise ebenso hellen wie rauen Stimme, ich grüßte zurück und bemerkte im selben Moment eine gewisse Befangenheit: Vater unser, ist DAS vielleicht ein Feger! Prompt wurden
meine Bewegungen ungelenk. Ich hantierte an dem Schloss herum, als wären mir die Finger erfroren. Und ärgerte mich über mich
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