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„Du kommst hier nicht rein!“: Der Mann an der härtesten Tür Deutschlands packt aus (German Edition)

„Du kommst hier nicht rein!“: Der Mann an der härtesten Tür Deutschlands packt aus (German Edition)

Titel: „Du kommst hier nicht rein!“: Der Mann an der härtesten Tür Deutschlands packt aus (German Edition)
Autoren: Klaus Gunschmann
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ihn gleich in der Hauptbahnhofgegend ins Bananas, eine fiese Cocktailbar mit Südsee-Feeling, die aber jeden Abend voll bis unters Dach war. Welch eine Fügung, dass Kurt im vierten Stock über dem Bananas wohnte und dort seinen Mango-Daiquiri als Aperitif zu sich nahm, bevor er zur Arbeit ging. Speedy freundete sich schnell an mit dem P-1-Boss und Kurt mit DJ Speedys Musik. Es dauerte nicht lange, dann zog ihn Kurt aus dem Saftladen am Hauptbahnhof hinüber in den Sündenpfuhl an der edlen Prinzregentenstraße.
    Speedy war ein begnadeter DJ. Ab elf liefen immer die ruhigeren Songs seiner Lieblingsbands: Charlatans, The Cure, Boomtown Rats. Nach ein paar Tagen haben alle mitgesungen: »Tell me why I don’t like Mondays …«
    An meinem dritten Abend als Türsteher gab es eine Party. Etwa zweihundert Leute waren eingeladen, der britische Musiker John Miles trat live auf. Sein Rock-Opus »Music« war das One-Hit-Wonder schlechthin. Unglaublich, aber im Chor sollte angeblich Tina Turner mitsingen. Ich musste erst lernen, dass im P1 Gerüchte wahr werden können. Bis drei Uhr morgens rockte Tina mit John in einem Vier-Stunden-Set die provisorische Bühne auf der Empore vor knapp 180 Gästen, bis die Glasabdeckungen der Lichtquader unter dem Balkon an Theos Bar einigen Gästen auf die Köpfe fielen. Nix passiert. Music was my first love and it will be the last. Die Einladungskarte für die Party hatte ich mir aufgehoben. Es sollte sich als Fehlgriff herausstellen.
    Am Mittag nach der Party nahmen DJ Speedy und ich ein spätes Frühstück bei Corsario ein. Der Don unter den Italo-Wirten war ein cholerischer Pferdemetzger aus dem Friaul und eröffnete Anfang der Achtziger den ersten Steh-Italiener Münchens. Nach ein paar Kräuterschnäpsen holten wir die Einladungskarte der Party vom Vorabend raus – eine Fünfzigmarknote mit dem Konterfei von John Miles und zwei Musikern. Mit großem Gelächter hatten wir Corsario den Schein als Bezahlung der Rechnung gegeben und gesagt: »Stimmt so!« Der Anwalt am Nachbartisch fand das gar nicht so lustig und zeigte uns bei der Polizei wegen der Verbreitung von Falschgeld an. Als der kleine Kripomann Bertl Halbritter den falschen Fünfziger bei meiner Anhörung im Kriminalfachdezernat 2 in die Hände bekam, musste er lachen. Der Anwalt zog seine Anzeige zurück und kam nie wieder ins Corsario.

DREI
    Gangsta’s Paradise
    I ch schob die Tonbandkassette in den Rekorder und trommelte den Rhythmus auf dem Lenkrad mit. Ich war mit dem R 4 auf dem Weg zum P1 und hatte lauthals mitgesungen, weil ich mir alle noch so schwierigen Texte eines jeden dämlichen Songs merken konnte, dafür aber – nicht unbedingt die beste Qualifikation für einen Türsteher – keine Telefonnummern und auch keine Namen. Ein Türsteher ohne Namens- beziehungsweise Personengedächtnis, der seine Gäste womöglich mit einer indifferenten Grußformel wie an der Lebensmitteltheke mit »Guten Abend die Dame, grüß Gott der Herr« empfängt, das geht überhaupt nicht.
    Die Tonbandkassette begann zu leiern: »Ai-ai-ai was-was made fo-fo-for lo-lo-lo-ving you-you.« Gene Simmons und Paul Stanley hätten mir wahrscheinlich nie verziehen, dass mir der größte Kiss-Hit als Stotter-Remix eigentlich ganz gut gefiel. Mit der rechten Hand schlug ich mehrmals auf die Tastatur des Rekorders, um so die Kassette vielleicht wieder rauszubekommen. Umsonst. Bandsalat. Der Kassettenrekorder in meinem weißen Renault 4 gab nun endgültig seinen Geist auf. Und zu allem Übel verhakte sich auch noch der dritte Gang der Revolverschaltung, die sich direkt über dem Rekorder befand. Mit einem schauderhaften, ohrenbetäubenden Krächzen brachte ich den Dritten wieder rein und bog ohne Musik ab auf den Parkplatz vom P1.
    Der Parkwächter hatte immer viel Geld in der Tasche. Keine Ahnung woher, er hatte es einfach. Nachts, wenn das P1 offen hatte, konnte man nicht nur freie Parkplätze bei ihm kaufen. Außer »fünf Mark« und »zehn Mark« – das waren die Preise für die Plätze von hinten nach vorne – konnte er kein Deutsch. Mit seiner stoischen Art hatte er schon manchen Parker zur Weißglut gebracht. Angeblich ist einer der Parkplatz-Bittsteller mal vor lauter Frust in den Eisbach gesprungen. Im Winter! Im Sommer mag es ja ganz nett sein, darin zu baden, oder vom Trockenen aus den Surfern auf der stehenden Welle zuzuschauen.
    Gianni saß zusammengekauert auf der zerschlissenen Hollywoodschaukel vor dem Eingang. Als ich ihn sah, wurde
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