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„Du kommst hier nicht rein!“: Der Mann an der härtesten Tür Deutschlands packt aus (German Edition)

„Du kommst hier nicht rein!“: Der Mann an der härtesten Tür Deutschlands packt aus (German Edition)

Titel: „Du kommst hier nicht rein!“: Der Mann an der härtesten Tür Deutschlands packt aus (German Edition)
Autoren: Klaus Gunschmann
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rausgegangen und hab immer wieder »Grüß dich« gesagt, bis ich gemerkt habe, dass es Jackie tierisch auf den Sack ging, für mich ständig die schwere Eisentür auf- und zuzumachen, und überhaupt dachte er wohl, dass ich zum Koksen rausgehen würde. Bevor ich wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz Hausverbot bekam, entschied ich mich, drinnen zu bleiben und gesellte mich an die Bar zu Balu.
    Balu war Barkeeper. Keiner wusste genau, aus welchem Land Balu kam, und ich glaube, manchmal schien ihm das selbst auch nicht ganz klar zu sein. Seine blonden Dreadlocks hatte er meistens unter einem Strohhut versteckt, den er beim Backgammon am Sa Trinxa Beach auf Ibiza letzten Sommer gewonnen hatte, weil sein Gegenüber keinen Peso mehr in der Badehose hatte, aber einen schönen Hut auf dem Kopf. Balu hatte drei Hunde und zwei Frauen. Alle wohnten bei ihm in einer Hochhauswohnung im Olympiadorf. Wer genau mit wem was hatte, war ein offenes Geheimnis. Als Balu ein paar Jahre zuvor den Exil-Kommunarden Rainer Langhans kennenlernte, beschloss er unverzüglich, die asketische Lebensweise des Münchner Liebesgurus auszuprobieren. Es waren lediglich harmlose Bisswunden an Po und Armen sowie leichte Blessuren, die sich die Bewohner in Balus Bude gegenseitig zufügten. Ansonsten verbrachten sie ihre friedliche Liebesgemeinschaft auf den Batik-Kissen von seiner Oma aus Istanbul und verprassten Balus Trinkgeld aus dem P1 für Rauchkraut, Dosenbier und Schallplatten von Janis Joplin. Cry, Baby! Mit seinem grauen T-Shirt, seinen Chinos und den Basketballschuhen sah er aus wie Dieter Bockhorn, der in den Siebzigern mit Uschi Obermaier eine Liebesreise durch Asien in einem Campingbus gemacht hatte. Und wehe, wenn er den »Turbo« rausholte und all seine Gäste damit verpestete. Die Schadstoffe dieses Beschleunigers bestanden allerdings nicht aus CO 2 -haltigen Abgasen, sondern aus braunem, fünfzigprozentigem Tequila mit einem Schuss Ginger Ale in einem 4-cl-Stamperl. Bierdeckel draufgehalten, das Schnapsglas ein paarmal auf den Tresen geklopft und ex: Das ging durch Mark und Bein und direkt in die Hirnsynapsen. Nach drei Turbos war dann bei mir Schluss. Ich kannte nur ein Mädel – sie hieß Rebecca und bediente in einem Café in der Innenstadt –, das auch nach zehn Turbos noch nicht vom Barhocker fiel.
    In der fünften Nacht durfte ich als Gast meine Jacke hinter Balus Tresen legen. Das war ein ganz besonderes Privileg. Das durften nur wenige. Es gab die Anwärter aus der C-Jugend, die schon stolz drauf waren, dass sie überhaupt bei Balu einen Drink bezahlen durften. Einen Platz an der Bar bekamen sie dafür nicht. Dann gab es die Zweitligisten, die eine Flasche bei Balu hatten, eine Gästeflasche mit ihrem Namen drauf. Für manche Fußballprofis war diese Auszeichnung mehr wert als die Meisterschale oder der DFB-Pokal. Man kaufte sich eine Flasche Wodka und Balu machte den P-1-Aufkleber drauf, schrieb mit einem Marker den Namen des Gastes – meistens falsch – in die weiße Zeile und räumte die Flasche in seinen alten Brauerei-Kühlschrank, der neben dem Mülleimer auf zwei leeren Champagnerkübeln stand. Und dann gab es noch die Spieler der A-Class, die Champions League: Die durften ihre Jacke selber hinter die Bar legen. Das war dann der Zenit.
    Auf dem Foto, das Rebecca von uns geschossen hatte, sah ich richtig scheiße aus. Ich hielt voller Stolz meinen Kontoauszug ins Bild, weil ich mal wieder im Dispo war. Das Besondere an dem Foto war, dass Kurt auch drauf war. Kurt war »the man with the plan«. Er stand auf »Lady Bump« von Penny McLean, las Psychologie heute und war der Geschäftsführer im P1. »Körperdisco« nannte er das P1 immer, das hatte er in einem Tempo -Artikel von Maxim Biller über Münchens Nachtleben gelesen. In seinen dunklen Tai-Chi-Anzügen sah er aus wie ein Statist aus einem der letzten Bruce-Lee-Filme. Karate konnte Kurt auch. Den Asien-Spleen hatte er aus Koh Phi Phi mitgebracht. Die kleine Felseninsel mit ihren Bilderbuchstränden in der Andamanensee hatte es nicht nur Kurt angetan, auch viele Gäste aus dem P1 trafen sich dort zu Haschkeksen und Mekong-Whiskey am Strand vor den Beachhütten. Für ein paar Baht wohnten sie gleich mehrere Wochen über den Winter in den einfachen Holzhütten mit Matratze und Moskitonetz. Als Kurt in einer Silvesternacht mit ein paar australischen Surfern aus Perth den Guru persönlich kennenlernte, eignete er sich alles an, was einen wahrhaften
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