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Du denkst, du weißt, wer ich bin

Du denkst, du weißt, wer ich bin

Titel: Du denkst, du weißt, wer ich bin
Autoren: E Bailey
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anderen – die Glotzer, die mit dem erhobenen Zeigefinger, die Flüsterer. Sie alle wichen aus, als wir uns durch die Menge zwängten und sie hinter uns wieder aufschließen mussten.
    »Du meinst doch nicht im Ernst, sie würden eine Mörderin in unsere Schule lassen?«, sagte Ami. »Hier in dieser Gegend? Also, wenn auch nur das allerkleinste Bisschen dran wäre, hätten sie es in sämtlichen Nachrichten gebracht.«
    »Und wenn es eine riesige Verschleierungsaktion gab?«, fragte ich. »Vielleicht hat Mrs Deane einen Haufen Geld bekommen, damit sie sie aufnimmt. So richtig wählerisch sind sie wohl doch nicht. Immerhin haben sie mich ja auch nach meinem kleinen Vorfall wieder reingelassen.«
    Eine Horde von Siebtklässler-Idioten raste an uns vorbei. Sie kreischten, als befänden sie sich immer noch auf irgendeinem Bolzplatz. Einer von ihnen bespritzte die anderen mit einem Feuerlöscher. Die Blasen flogen überall rum.
    Ami trat anmutig über eine kleine Schaumpfütze mitten im Flur. »Versprich dir bloß nicht zu viel«, sagte sie. »Das geht wieder so aus wie bei dem Mädchen aus der zwölften, das angeblich schwanger war.«
    »Und wenn es doch stimmt, Ames«, protestierte ich.
    Ami verdrehte die Augen. »Gib’s zu. Sie wird bloß fetter.«
    Ich seufzte molto pathetisch. »Du bist so scheißlogisch und … vernünftig . Hilf mir kurz auf die Sprünge. Warum sind ausgerechnet wir beide Freundinnen?«
    Ami lächelte frech. »Wer sagt, dass wir Freundinnen sind? Was mich betrifft, bist du bloß mein Experiment für Bio.«
    »Wie überaus reizend von dir. Lass uns gehen. Es hat zum ersten Mal geklingelt.«
    »Findest du nicht, dass es schräg ist, dass alle so einen Wind um sie machen?«, fragte Ami, als wir vor unserem Klassenraum standen. »Als dieser neue Typ letzte Woche anfing, hat sich niemand so benommen.«
    »Ein Neuer?« Einen Moment lang wusste ich gar nicht, über wen sie sprach. Dann fiel es mir wieder ein. Einer von der üblichen Sorte. Sonnengebräunt, nichtssagend, austauschbar. Mal wieder eins dieser Puzzlestücke in dem perfekten, hellblauen Himmel.
    »Das meine ich doch gerade«, sagte ich. »Der ganze Hype. Da muss doch was dran sein!«
    Ami runzelte die Stirn. »Sie kann nicht Wunderkind und Model und Drogendealerin auf einmal sein.«
    »Natürlich kann sie das«, lachte ich. »Eines von diesen Sachen reicht ja schon.«
    »Ach komm, Olive. Wir wissen beide, wo die Gerüchte wieder herkommen.«
    »Katie.« Ich strich mir eine Haarsträhne hinters Ohr. Sofort sprang sie wieder vor. »Keine Ahnung, Ames. Sie ist doch wohl kaum in der Lage, sich so etwas Interessantes auszudenken?«
    »Fragen wir sie doch«, murmelte Ami und schaute nach vorne. »Da kommen sie.«
    Denn da stolzierten auch schon Katie und die anderen auf uns zu. Tief in meinem Inneren suchte ich nach einem Notausgang. Vorzugsweise nach einem, der mich geradewegs in ein Paralleluniversum führen würde.
    »Ich bin so was von nicht bereit dafür«, stammelte ich.
    Katie und die anderen ordneten sich vor mir an wie ein schmallippiges Lächeln. Ich konnte das Funkeln von Katies Zähnen förmlich spüren, so strahlend war es und verursachte garantiert Hautkrebs in meinem Gesicht.
    Katie starrte mich an, anscheinend starr vor Grauen.
    Sie taxierte mich von oben bis unten, bemerkte meine abgekauten Fingernägel und die Schuluniform, die sich neuerdings in ganz ungewohnte Richtungen dehnte und beulte. Außer den Pickeln hatte ich meinen Medikamenten noch einen brandneuen Körper zu verdanken. Weicher , nannte es meine Mutter. Kurviger .
    Katies Blick blieb bei meinen Haaren hängen. »Oh Gott, Olive. Wann lässt du dir endlich die Haare wieder wachsen?«
    Justine und Paige schüttelten die Köpfe; zu überwältigt, um sprechen zu können. Dann berührte Katie ihre eigenen Haare – blond und superweich. Diese Art Haare, die makellos hinter deinem Ohr bleiben, wenn du sie zurückgestreift hast. Das dunkelrosa Bändchen, das sie um ihr zartes Handgelenk trug, verrutschte etwas.
    Es gab Zeiten, da habe ich diese Treffen mit Katie fast genossen. »Kates Rating«, nannte Ami das immer, weil man sich in Katies Gegenwart immer so fühlte, als ob sie einem Punkte auf einer Skala von eins bis zehn zuteilte. Ami wies mich darauf hin, dass ich, wenn ich nicht mehr die Person sein wollte, die ich vorher gewesen war – hautenge Jeans und lange Haare und was noch alles – genauso gut genießen könnte, anders zu sein. Und wenn ich in Stimmung war, hatte
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