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Dschiheads

Dschiheads

Titel: Dschiheads
Autoren: Wolfgang Jeschke
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ich bin?«, fragte ich sie.
    Â»Jonathan Swift – ich kenne ihn seit vielen Jahren – hat mir dein Geruchsbild übermittelt, daran habe ich dich erkannt. Du suchst deinen Freund Anzo.«
    Mein Herz machte einen Sprung. »Ja.«
    Â»Er ist hier in Memphis. Er war nicht schwer aufzuspüren, vor allem wenn man jeden Winkel in der Stadt kennt wie ich. Ich bringe dich zu ihm. Er wohnt in der Bäckerei, für die er arbeitet. Es geht ihm gut.«
    Â»Und seine Mutter?«
    Virginia Woolf ließ den Schwanz sinken, sah mich mit ihren alten Augen an und sagte: »Sie lebt nicht mehr.«
    Er war kräftiger geworden. Ich sah ihn auf der Straße, als er gerade aufbrechen wollte. Er trug ein rot kariertes Tuch um den Hals, offenbar das Kennzeichen der Bäckerei, bei der er beschäftigt war. Er hatte einen kleinen Hub, der mit zwei Körben beladen war, aus denen lange Brotlaibe ragten.
    Als er mich erkannte, ließ er den startbereiten Hub zu Boden sinken und kam auf mich zugerannt. Wir umarmten uns lange und weinten, bis uns die Passanten, die vorüberkamen, merkwürdige Blicke zuwarfen.
    â€ºDu hast etwas vergessen bei deiner überstürzten Abreise‹, sagte ich zu ihm in unserer Sprache, öffnete meine Ledertasche, zog die beiden Hefte mit den Dongo-Zeichnungen heraus und überreichte sie ihm.
    Er presste sie sich an die Brust und schluchzte. ›Danke, Suk! Danke!‹, gestikulierte er.
    â€ºIch nehme an, du willst deine Dongo-Studien hier weiterführen.‹
    Er hob die Schultern und schüttelte den Kopf. ›Hier im Delta gibt es keine Dongos. Sie brauchen die Glasflöhe, um denken zu können, und die gibt es nur in den äquatornahen Gegenden.‹ Er kraulte den Nacken der alten Hündin.
    Ich sah ebenfalls zu ihr hinunter und sagte: »Danke, Virginia Woolf.«
    Â»Virgin genügt«, erwiderte sie und fügte mit einem Kichern hinzu: »So nennen mich alle hier im Altersheim.«
    Â»Danke, Virgin.«
    Â»Ãœbrigens werdet ihr mich jetzt öfter sehen. Jonathan hat mich gebeten, ein Auge auf euch beide zu haben. Falls Seine Heiligkeit, der Großarchon, auf dumme Gedanken kommt und jemanden schickt, um sich zu rächen.«
    Anzo blickte auf die Hündin hinab. Es machte den Anschein, als hätte er sie gehört. Konnten sich die beiden auch anders als durch Worte verständigen? Mein Freund war wirklich voller Überraschungen.
    Er sah mich fragend an. ›Wer ist Jonathan?‹
    â€ºIch erzähle dir das alles später‹, gestikulierte ich.
    Er nickte. ›Ja, ich habe dir auch viel zu erzählen. Aber jetzt muss ich los, sonst wird das Brot trocken.‹
    â€ºWir sehen uns später. Ich wohne im Hotel Terminus neben der Bergstation der Bahn. Komm vorbei, wenn du Zeit hast.‹
    â€ºMach ich, Suk.‹
    Â»Auch ich werde dich dort öfter mal besuchen«, erklärte Virginia und stupste mich an.
    Â»Du bist immer willkommen. Sag Jonathan einen herzlichen Gruß von mir, wenn du wieder mal Kontakt mit ihm hast. Und natürlich auch Maurya und Ailif.«
    Â»Mach ich«, sagte die Hündin und trottete davon.

| 35 |
    Es war am zweiundfünfzigsten Tag ihrer Heimreise, als Jonathan schwanzwedelnd im Gemeinschaftsraum erschien. Er schnupperte in Richtung der vier Studenten, die über hundert Tage lang die Bewegungen der Apostel beobachtet und ihre Auswirkungen auf die Tiden im Delta des Ontos protokolliert hatten und nun ebenfalls zurück nach New Belfast reisten. Sie saßen an einem Tisch und spielten irgendein Holospiel, das ihnen viel Freude zu bereiten schien.
    Jonathan blieb kurz bei ihnen stehen. »Gut gelaunt heute«, stellte er fest.
    Die Studenten sahen ihn etwas überrascht an. »Oh ja«, sagte einer von ihnen. »Wir haben unseren Spaß.«
    Â»Wunderbar«, erwiderte Jonathan und trottete zu dem Tisch, an dem Ailif und Maurya saßen.
    Â»Du scheinst ja auch gut gelaunt zu sein, dem Schwanzwedeln nach zu urteilen«, sagte Maurya.
    Â»Wie man’s nimmt.« Jonathan ließ sich zu Boden plumpsen und legte den Kopf auf die Pfoten. »Ich habe Nachrichten von Virginia.«
    Ailif hob die Augenbrauen. »Virginia?«
    Â»Ja. Von meiner Freundin Virginia Woolf.«
    Â»Die alte Rottweilerin, von der du uns erzählt hast?«
    Â»Ja.«
    Â»Ich hoffe gute.«
    Â»Nicht nur.«
    Â»Was sagt sie?«
    Â»Sie hat den Jungen aufgestöbert –
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