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Dschiheads

Dschiheads

Titel: Dschiheads
Autoren: Wolfgang Jeschke
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Kaff.« Er gab mir die Hand. »Viel Glück!«
    Â»Vielen Dank fürs Mitnehmen«, sagte ich.
    Â»Wir haben noch keinen Zeitplan für die nächste Fahrt. Du hast also Zeit, es dir zu überlegen.«
    Der Abschied von den Ruderleuten war sehr kurz – sie alle waren voller Tatendrang und freudiger Erwartung und hatten es eilig, in die Stadt zu kommen – und der von Mildred sehr herzlich. Sie umarmte mich und gab mir rechts und links einen Kuss auf die Wange. Mir fiel auf, was für eine zarte, weiche Haut sie hatte – beinahe wie die von Maurya, der Professorin von New Belfast. Nur ihr Duft war ein völlig anderer. Mildred roch nicht nach Parfüm, sondern … nach frischen Pfannkuchen.
    Â»Bist ein guter Junge«, sagte sie. »Ich würde mich freuen, wenn du wieder mit uns fährst.«
    Â»Mal sehen.«
    Â»Das Haar ist wunderschön. Die herrlichen Seen, die Wasserfälle und die Wälder.«
    Ich nickte und küsste sie meinerseits auf beide Wangen.
    Und dann, mit meinen paar Habseligkeiten in der Bergstation der Bahn angekommen, stand ich mit Korbinian im Nu allein da. Alle anderen waren sofort losgestürmt, um die einschlägigen Etablissements aufzusuchen.
    Â»Na, Junge«, sagte er. »Komm, wir gehen wenigstens ein Bier trinken. Ich lade dich ein.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Nein. Ich lade dich ein.«
    Er sah mich prüfend an und entblößte sein lückenhaftes Gebiss zu einem Grinsen. »Dir ist wohl dein Reichtum zu Kopf gestiegen?«
    Â»Nein, aber ich habe das Gefühl, das bin ich dir schuldig.«
    Â»Na, dann los!«
    Wir nahmen auf der Terrasse des Hotels Terminus unter einem hellblauen Sonnenschirm Platz, dessen Saum in der Brise flappte.
    Â»Vom Floß?«, fragte der Kellner, ein älterer Mann, der eine Schürze im gleichen Blau wie der Sonnenschirm vor den stattlichen Bauch gebunden hatte.
    Â»Allerdings«, erwiderte Korbinian. »Kennst du mich nicht mehr, Stavros? Ich steige seit vielen Jahren in diesem Hotel ab.«
    Â»Aber ja, Korbinian. Natürlich kenne ich dich.« Der Kellner beäugte mich skeptisch. »Und wie heißt du, Junge?«
    Korbinian schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. »Quatsch nicht lange rum, Stavros. Bring uns zwei große Glas Bier vom Fass. Wir haben Durst.«
    Â»Aus dem Haar quer durch den Glast. Das macht Durst.«
    Â»Du sagst es.«
    Der Kellner mit dem lustigen Namen watschelte gemächlich davon, und ich lehnte mich zurück und sah mich um. Dieses Licht! Ich war ja wahrhaft an Helligkeit gewöhnt, aber dieses Licht war anders. Alles hier war bunt, hatte eine eigene Farbe, die Blumen, die Bäume, die Vögel – hier lockte das Licht die Farben aus den Dingen hervor, ob im Sonnenlicht oder im Schatten. Im Glast dagegen schälte das Licht die Farben ab und zermalmte sie zu grauer staubiger Helligkeit.
    Memphis mochte ein Kaff sein, wie Enoch behauptete, aber es war wunderschön. Und das Bier war unübertrefflich.
    Ich blickte ins Flusstal hinab, ein dunkelgrüner Teppich bis zum Horizont, wo sich die Dijkengel zu ihrem Mahl niedergelassen hatten.
    Korbinian rümpfte die Nase. »Bald wird’s hier furchtbar zum Himmel stinken.«
    Doch noch strich eine frische Brise vom Südmeer herein, und Wolken segelten über uns hinweg, überzogen das Grün mit dahingleitenden Schatten. Und es war ganz still. Nur von der Lände her hörte man das ferne Geräusch der Maschinen, die das Floß auseinandernahmen und die einzelnen Stämme auf die Darre zogen.
    In diesem Moment sah ich den Hund.
    Er kam über den Platz vor dem Hotel geschlendert, groß, schwarz-braun gefleckt. Seine Bewegungen waren mühsam und steif. Er schien alt zu sein. Es war eine Hündin.
    Sie lief zu mir und beschnüffelte meine Hosenbeine und Füße.
    Â»Was willst du denn?«, fragte ich sie.
    Die Hündin sah mich mit Augen an, die schon viel gesehen zu haben schienen, und erwiderte mit einer erstaunlich kräftigen Frauenstimme: »Du bist Suk. Aus dem Dorf der Dschiheads.«
    Korbinian riss die Augen auf und stellte verwirrt sein Bierglas ab. »Der Köter kann ja sprechen.«
    Die Hündin sah ihn mit trotzigem Blick an. »Ich bin kein Köter. Ich bin Virginia Woolf. Der Vorname ist nicht wörtlich zu nehmen.« Sie stieß ein rasselndes Lachen aus. Ihre schmalen Hinterläufe zitterten.
    Â»Woher weißt du, wer
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