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Dschiheads

Dschiheads

Titel: Dschiheads
Autoren: Wolfgang Jeschke
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Stirn.
    Verdammt!
    Gabriel und Michael, die Schlachtergehilfen und Erzengel des Großarchons, standen an der Reling. Aber sie waren nicht schmierig und zottelig, wie ich sie kannte, sondern hatten frisch gewaschenes Haar, säuberlich zu einem Zopf geflochten, der über den Rücken herabhing, und trugen dunkle Anzüge und kleine runde Hüte. Sie sahen aus wie die Kaufleute, die mit den Flussschiffen reisten, um ihre Waren in den Dörfern und Städten entlang des Ontos anzubieten. Jeder trug einen kleinen Koffer, als sie von Bord gingen.
    Was wollten sie hier? Hatte der Großarchon sie geschickt, um mich zu jagen, gefangen zu nehmen, zurückzubringen und aufzuhängen?
    Der Schweiß brach mir aus. Was sollte ich nur tun? Mich irgendwo in der Stadt verstecken? Irgendwo um Unterkunft bitten, wo sie mich nicht finden konnten? Sollte ich Enoch um Hilfe ersuchen oder unter die Röcke von Mildred kriechen? Vielleicht wusste Korbinian Rat … Ich spürte, wie ich mehr und mehr in Panik geriet – als mich plötzlich etwas an meinem Bein stupste. Ich fuhr erschrocken herum.
    Die alte Hündin! Virginia!
    Â»Keine Angst, junger Freund. Das kriegen wir schon hin.«
    Sie war von einem Rudel anderer Hunde umgeben, keine sprechenden, modifizierten Hunde, aber hechelnd und zu allem entschlossen.
    Â»Wie denn?«, fragte ich sie. »Die suchen mich. Und vielleicht auch Anzo.«
    Â»Nur die Ruhe! So schnell kriegen die euch nicht. Ich habe meine Mannschaft mobilisiert, wie du siehst.«
    Â»Kennst du Grotes Gehilfen?«
    Â»Die beiden tauchen von Zeit zu Zeit hier in Memphis auf und besuchen dubiose Händler – Marsulenhändler. Nach allem, was ich weiß, haben sie in ihren Koffern Beutel aus Kuangaleder, die voll mit eingelegten Dongoaugen sind. Sie streichen dabei erkleckliche Summen ein. Die Händler auch – sie geben die Augen an Marsulenschleifer, um sie dann weiter zu verhö kern: nach New Belfast, nach Eisauge, ja auch an Händler auf den Fernschiffen. Die Klunker sind offenbar sehr beliebt.«
    Â»Und die Flotte unternimmt nichts dagegen?«
    Â»Nicht, solange der hiesige Kommandant an dem Handel beteiligt ist. Aber ich bin sicher, dass sie diesen Commander Cayley aus dem Verkehr ziehen werden. Schließlich geht es hier um Mord.«
    Â»An Tieren?«
    Â»Das sind keine Tiere, Suk. Das ist eine einheimische Lebensform von beträchtlicher Intelligenz und künstlerischem Ausdrucksvermögen. Und wenn ich Jonathan richtig verstanden habe, sind die beiden Professoren von New Belfast dabei, genau das zu beweisen.« Die Hündin sah zu mir auf. In ihren Augen leuchtete grimmige Entschlossenheit. »Das wird die letzte Schmuggeltour dieser beiden Dschiheads gewesen sein.«
    Â»Was hast du vor, Virgin?«
    Â»Wir bereiten ihnen einen Empfang, den sie nie vergessen werden. Bist du dabei, junger Suk?«
    Ich blinzelte. Meine Knie waren ganz weich, und in meinem Kopf wirbelten die Gedanken. Unser Dorf am Fluss. Der Großarchon. Gabriel und Michael. Maurya und Ailif. Das Floß. Anzo und Virginia. Meine Vergangenheit. Meine Zukunft …
    Ja, dachte ich, bereiten wir ihnen einen Empfang, den sie nie vergessen werden!
    Als hätte sie meine Gedanken gelesen, gab die alte Hündin ein Bellen von sich und sprengte davon. Das Rudel und ich folgten ihr.

| 39 |
    Einige Tage darauf saßen sie wieder gemeinsam auf der Parkbank, und Ailif blickte in den sich zunehmend verdunkelnden Himmel. »Ich glaube, wir sollten hineingehen«, sagte er zu Maurya. »Es sieht nach Regen aus.«
    Tatsächlich: Noch als sie den Rasen des Campus überquerten, fielen die ersten Tropfen.
    In der Cafeteria war um diese Zeit nicht viel los. Sie setzten sich an einen Tisch an der Fensterfront.
    Â»Ich hole uns einen Kaffee«, sagte Ailif. »Was magst du, Jo?«
    Â»Danke, nichts. Ich habe keinen Durst.«
    Als Ailif mit den Tassen zurückkam, hatte es richtig zu regnen begonnen. Dicke Tropfen klatschten ans Fenster und liefen daran herunter.
    Â»Nach dem, was man von Hot Edge hört, wird die Flotte wohl keine Anklage gegen uns erheben«, sagte Maurya.
    Â»Ja. Sie haben offiziell erklärt, dass sie das nicht tun werden. Es wäre auch grotesk.«
    Â»Offiziell? Woher weißt du das?«
    Â»Rebecca Sattelnase hat es mir brühwarm erzählt.«
    Â»Wer?«
    Â»Die Chefanwältin der Universität. Die Studenten nennen sie
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