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Die Suche nach dem Drachenring (German Edition)

Die Suche nach dem Drachenring (German Edition)

Titel: Die Suche nach dem Drachenring (German Edition)
Autoren: Sylke Scheufler
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Der Schock
    Wie jeden Freitagnachmittag betrat Phil Marten, verschwitzt und durstig vom Basketballtraining, das Haus in der Birkenallee. Seine Sporttasche landete schwungvoll auf dem Dielenboden.
    „Guten Tag, Phil", sagte jemand hinter ihm. Ein blasser, junger Mann mit kurzen Haaren und großen, dunkelblauen Augen bückte sich nach der Tasche.
    „Dir auch, Lu", grüßte Phil zurück und war schon auf dem Weg in die Küche, die nur auf den ersten Blick so harmlos und gemütlich wirkte wie irgendeine beliebige Küche. In Wirklichkeit steckte sie voller Computertechnik und damit verbundener Überraschungen. Phils Eltern hatten beinahe jedes Küchengerät nachträglich programmiert – mit dem Erfolg, dass einige nicht immer das machten, was man von ihnen erwarten durfte.
    So hatten sie den Kühlschrank mit einem Ernährungsberatungsprogramm ausgestattet. Seitdem fühlte er sich für die Gesundheit der Familie verantwortlich. Es kam vor, dass er so lange Alarm schlug, bis Phil sein klebriges Eisgetränk wieder herausnahm, oder dass er im Minutentakt mit monotoner Stimme darauf hinwies, dass ihm die Milch ausgegangen war.
    Als Phil die Kühlschranktür öffnete, wurde er von den eingebauten Sensoren erfasst. Anschließend empfahl ihm der Kühlschrank einen Obstsalat mit Nüssen, der sich im obersten Fach befand. Phil lehnte den Vorschlag ab und griff stattdessen nach einer Flasche Mineralwasser, ohne das blinkende Warnlämpchen des Kühlschrankes zu beachten. „Betreffende Person weist erhöhte Körpertemperatur auf. Empfehle dringend Vitamin-C-Zufuhr." Die Schublade des Gemüsefachs sprang auf. Tomaten und Paprika leuchteten Phil entgegen. „Vorschlag abgelehnt", sagte der und tippte mit einer Hand leicht gegen die Schublade, die sich sofort wieder schloss. Mit der anderen Hand setzte Phil die Wasserflasche an den Mund.
    Der Kühlschrank gab sich jedoch nicht so schnell geschlagen: „Suche nach Alternativen." Das hektische Flackern einiger Kontrollleuchten war ein Zeichen dafür, dass sein elektronisches Gehirn auf Hochtouren arbeitete.
    Da Phil keine Lust hatte, sich sämtliche Vorschläge für eine vitaminreiche Kost anzuhören, beendete er kurzerhand das Ernährungsberatungsprogramm.
    „Was gibt es heute Abend zu essen?", fragte er.
    „Auskunft unmöglich", schnarrte der Kühlschrank.
    „Komm schon, Herbert! Verrate mir wenigstens das aktuelle Passwort von deinem Geheimfach! Dann kann ich selbst nachsehen. Keiner merkt was."
    „Auskunft unmöglich. Bitte Tür schließen. Muss Solltemperatur wieder einstellen." Bevor Phil die einzelnen Fächer nach dem Rest Schokoladenpudding vom Vortag durchstöbern konnte, ertönte ein Warnsignal. „Bitte von der Tür entfernen. Tür wird automatisch geschlossen."
    Mit einem Knall flog die schwere Tür zu, deren Display neben der Belegung der einzelnen Fächer nun außerdem anzeigte, dass sich nur noch eine Flasche Mineralwasser im Kühlschrank befand. In der Spalte für das Geheimfach stand Überraschung.
    Enttäuscht stellte Phil fest, dass der Schokoladenpudding aus der Liste verschwunden war. „Du könntest ruhig ein bisschen netter sein." Er warf dem Kühlschrank einen vorwurfsvollen Blick zu. „Nimm dir ein Beispiel an Lu!"
    Phil steckte den Kopf durch die Küchentür und rief: „Lu, was gibt's heute Abend?"
    „Tut mir leid, Phil, aber Ihre Mutter hat mich gebeten, nichts zu verraten. Auch das Passwort von Herberts Geheimfach nicht." Lu wirbelte mit einem Staubwedel über den Garderobenständer.
    „Na schön, dann eben nicht", seufzte Phil und machte sich auf den Weg ins Badezimmer.
    Zumeist überließ Phils Mutter die Zubereitung der Mahlzeiten Lu. Doch ab und zu überraschte sie ihre Familie mit Gerichten, deren Zutaten, wie zum Beispiel Hirse oder getrocknete Algen, man nach Phils Ansicht nur in einer Zoohandlung erwerben konnte.
    Zum Glück hatte vor gut einem Jahr ganz in der Nähe ihres Hauses Bertolis Pizzeria eröffnet. Nach einer großen Salamipizza würde Phil dem Überraschungsessen seiner Mutter gelassener entgegensehen.
    Anna Marten behauptete von sich, als Hausfrau unbegabt zu sein. Es war nicht so, dass sie sich keine Mühe gab, doch es kam häufig vor, dass sie plötzlich alles stehen und liegen ließ und an ihren Laptop stürzte. Phils Vater, Thomas Marten, hatte daher den Vorschlag gemacht, die Hausarbeit jemand anderem zu überlassen, nachdem er innerhalb eines Monats zwei seiner Lieblingsshirts in der Mülltonne entdeckt hatte – mit einem
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