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Dreizehn Stunden

Titel: Dreizehn Stunden
Autoren: Deon Meyer
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hohen Ross, weil er Mist gemacht hatte. Deswegen musste er bluten. Es war Teil seiner
     Strafe.
    Aber das war es nicht, was ihm im Magen lag.
    Griessel seufzte und kehrte um, zurück zum Tatort. Als er schließlich den Blick über die wachsende Menge der Schaulustigen
     schweifen ließ und daran dachte, dass man etwas gegen sie unternehmen musste, wusste er plötzlich, woher die rätselhafte innere
     Unruhe rührte.
    Die Ursache war weder sein sexuelles Abenteuer noch seine finanzielle Lage noch der Hunger. Es war eine Vorahnung. Als verhieße
     dieser Tag Unheil.
    Er schüttelte den Kopf. Er hatte sich noch nie von solchem Firlefanz irritieren lassen.
     
    Die Metro-Polizisten halfen eifrig, eine junge Farbige in weißem Kittel über die Zaunspitzen zu bugsieren. Einmal auf der
     anderen Seite nahm sie ihre Tasche, nickte den Polizisten dankend zu und gesellte sich zu Griessel und Ndabeni. Sie kannten
     die Farbige nicht.
    »Tiffany October«, stellte sie sich vor und reichte Bennie ihre kleine Hand. Er sah, dass sie leicht zitterte. Tiffany October
     trug |27| eine schmale Brille mit schwarzem Gestell, und unter ihrem Make-up waren Spuren von Akne zu erkennen. Ihre Gestalt unter dem
     weißen Kittel war schmal und zart.
    »Bennie Griessel«, sagte der Ermittler und zeigte auf seinen Kollegen. »Das ist Inspekteur Vusumuzi Ndabeni. Er leitet die
     Ermittlungen.«
    »Sie können mich Vusi nennen.«
    »Freut mich, Sie kennenzulernen«, sagte die Frau und schüttelte ihm die Hand.
    Die beiden Männer blickten sie fragend an. »Ich bin die Rechtsmedizinerin!«, fauchte sie plötzlich.
    »Sie sind neu?«, fragte Vusi nach einer peinlichen Stille.
    »Ja, ich arbeite heute zum ersten Mal allein am Tatort.« Tiffany October lächelte nervös. Dick und Doof von der Spusi kamen
     neugierig herüber, um sie zu beschnuppern. Beiden schüttelte sie höflich die Hand.
    »Seid ihr fertig?«, fragte Griessel ungeduldig.
    »Wir müssen noch den Weg und die Mauer untersuchen«, sagte Jimmy, der Dünne, und, an seinen kleineren Kollegen gewandt: »Bennie
     ist ein Morgenmuffel.«
    Griessel ignorierte ihre ewigen Sticheleien.
    Tiffany October blickte hinunter auf die Leiche.
    »
Ai
«, sagte sie.
    Die Ermittler reagierten nicht. Schweigend sahen sie zu, wie sie ihre Tasche öffnete, Handschuhe herausholte und sich neben
     das Mädchen kniete.
    Vusi neigte sich näher zu Griessel. »Bennie, ich habe den Fotografen gebeten, Aufnahmen von ihrem Gesicht zu machen, aber
     so, dass die Wunde nicht zu sehen ist. Ich möchte die Bilder gerne in der Langstraat herumzeigen. Wir müssen sie identifizieren.
     Und vielleicht könnten wir diese Fotos auch an die Medien weitergeben.«
    Griessel nickte. »Gute Idee. Aber du musst den Fotografen ein bisschen unter Druck setzen, bei denen dauert das sonst ewig.«
    »Mache ich.« Ndabeni beugte sich zu der Rechtsmedizinerin. »Können Sie uns vielleicht ungefähr sagen, wann sie gestorben ist?«
    |28| Tiffany October blickte nicht einmal auf. »Nein, das wäre verfrüht.«
    Griessel fragte sich, wo Professor Phil Pagel, der Leiter der Rechtsmedizin, heute Morgen blieb. Pagel hätte sich hingehockt
     und ihnen eine Schätzung genannt, die nur um höchstens eine halbe Stunde vom tatsächlichen Todeszeitpunkt abwich. Er hätte
     einen Finger in die Blutpfütze getaucht, hier gefühlt und dort an der Leiche herumgedrückt. Er hätte erklärt, dass die kleinen
     Muskeln als Erste von der Leichenstarre erfasst wurden, und geschätzt, sie sei seit soundsovielen Stunden tot. Später würde
     er seine Angaben bestätigen. Aber Tiffany October besaß nicht Pagels Erfahrung.
    »Geben Sie uns nur einen Hinweis«, bat Griessel.
    »Nein, das kann ich noch nicht.«
    Tiffany October hatte Angst, einen Fehler zu machen. Griessel ging zu Vusi und flüsterte ihm ins Ohr: »Sie liegt schon lange
     da, Vusi. Das Blut ist schon schwarz.«
    »Wie lange?«
    »Ich weiß es nicht genau. Vier Stunden vielleicht oder sogar länger. Fünf.«
    »Okay. Also müssen wir Gas geben.«
    Griessel nickte. »Sieh zu, dass du schnell an die Fotos kommst. Und rede mit den Metro-Leuten. Sie haben Videokameras, mit
     denen sie die Straßen beobachten – auch die Langstraat. Wollen wir hoffen, dass die Dinger heute Nacht funktioniert haben.
     Der Überwachungsraum ist in der Waalstraat. Vielleicht kann man auf den Bändern etwas erkennen.«
    »Danke, Bennie.«
     
    Sie schlief ein, an der Wand hinter den Sträuchern.
    Sie hatte sich nur für
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