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Drei Unzen Agonie

Drei Unzen Agonie

Titel: Drei Unzen Agonie
Autoren: Carter Brown
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sich auf und
lächelte verlegen die Wand neben mir an.
    »Entschuldigen Sie .« Sie zog den Bademantel herunter. »Bitte, nehmen Sie
Platz, Mr. Boyd. Ich zieh’ mir nur rasch etwas an. Bin gleich wieder da .«
    Sie drehte sich um, machte ein
paar Schritte und rammte mit der Hüfte schmerzhaft die Armlehne eines Sessels.
Mit offenem Mund blickte ich ihr nach, während sie unsicher ins Schlafzimmer
wankte. Nachdem sich die Tür hinter ihr geschlossen hatte, vernahm ich mehrere
schrecklich polternde Geräusche. Dann wurde es still. Entweder war sie tot,
oder sie zog sich an. Ich hoffte von ganzem Herzen, daß sie mit ein paar blauen
Flecken davongekommen war. Ich vertrieb mir die Zeit damit, die Möbelstücke,
die sie verschoben hatte, wieder an ihren Platz zu stellen, und setzte mich
schließlich nieder, um mir eine Zigarette anzuzünden.
    Etwa fünf Minuten später
öffnete sich die Schlafzimmertür, und Ursula Owen tauchte wieder auf. Das
heißt, ich war nicht sicher, ob wirklich Ursula Owen vor mir stand. Das
schwarze Haar war in einer strengen Frisur hochgekämmt und paßte im Stil zu der
weißen Hemdbluse und dem schwarzen engen Rock. Die Beine steckten in dunklen
Nylons und soliden Schuhen. Die schwarzgeränderte Brille war mir Erklärung
genug für ihre Unsicherheit und ihre mangelnde Reaktion auf mein Profil. Die
großen tiefblauen Augen waren hoffnungslos kurzsichtig. Sie hatte in mir bisher
nur eine verschwommene Gestalt gesehen.
    »Es tut mir leid, daß ich Sie
warten lassen mußte, Mr. Boyd .« Die Stimme war noch
immer tief und leise, doch der leicht atemlose Unterton war jetzt
geschäftsmäßiger Lebhaftigkeit gewichen. Sie setzte sich mir gegenüber in einen
Sessel, schlug die Beine übereinander und zog den Rock herunter, um nur ja
keine unzüchtigen Gedanken zu wecken.
    »Keine Ursache«, versetzte ich.
»Sie wissen, weshalb ich hier bin ?«
    »Miss Lord sagte mir, Sie
sollten herausfinden, wer die Formel gestohlen hat. Ich hoffe sehr, daß Ihre
Bemühungen Erfolg haben, Mr. Boyd. Das Klima im Büro ist seither höchst
unerfreulich .«
    »Sie sind schon ziemlich lange
Miss Lords Sekretärin ?« fragte ich.
    »Seit fünf Jahren.«
    »Was ist sie für ein Mensch ?«
    Die blauen Augen hinter den
dicken Gläsern weiteten sich. »Das ist eine merkwürdige Frage, Mr. Boyd. Sie
ist eine angenehme Arbeitgeberin und als Geschäftsführerin ausgesprochen
tüchtig .«
    »Ich habe mit einigen anderen
Leuten gesprochen, die in die Sache verwickelt sind«, erklärte ich. »Die
Meinungen reichen von >mannstoll< bis >verrückt< .«
    »Ich muß doch sehr bitten, Mr.
Boyd .« Ihr Mund preßte sich mißbilligend zusammen.
    »Fremont hat eine Zeitlang mit
ihr zusammengelebt«, fuhr ich fort. »Sie wollten heiraten, aber dann kam sie
dahinter, daß er es auf die Firma abgesehen hatte und nicht auf sie. Danach
schenkte sie Stahl ihre Gunst. Sie will vermeiden, daß ihr Bruder nach seinem
nächsten Geburtstag ihren Platz einnimmt. Vielleicht hat sie selbst die Formel
gestohlen und an Fremont weitergegeben, in der Hoffnung, Jonathan als Täter
abzustempeln und so den Wechsel in der Geschäftsleitung zu vereiteln. Ich
könnte mir vorstellen, daß eine Sekretärin, die seit fünf Jahren für sie
arbeitet, über solche Dinge Bescheid weiß oder möglicherweise sogar dabei
geholfen hat .«
    Ihre Wangen färbten sich
tiefrot. »In meinem ganzen Leben habe ich keine derart ungeheuerlichen
Anschuldigungen gehört«, erklärte sie hitzig. »Sie müssen geistig nicht normal
sein, wenn Sie annehmen, daß Miss Lord etwas Derartiges tun könnte. Meiner
Ansicht nach gibt es nur einen Verdächtigen, nämlich Jonathan Lord. Er ist nur
selten im Büro, rührt keinen Finger, um sich sein Gehalt zu verdienen, und
liegt Miss Lord ständig mit neuen Geldforderungen in den Ohren, weil er überall
Schulden hat .«
    »Und wie wäre es mit Ihnen als
Verdächtige? Sie kennen die Kombination des Safes, Sie hätten sich jederzeit
eine Kopie der Formel beschaffen können .«
    »Aus Geldgier wahrscheinlich,
Mr. Boyd, nicht wahr ?« Sie lachte leise und umschloß
die kleine Wohnung mit einer kurzen Handbewegung. »Sie sehen ja, daß ich ohne
Luxus nicht leben kann. Oder vielleicht wollte ich Jonathan mit dem Geld vor
dem Schuldturm retten und ihm seine Tänzerin ausspannen ?« Sie dachte einen Moment nach. »Oder wie wär’s damit: Ich brauchte das Geld als
Mitgift, um Leo Stahl zur Heirat zu überreden? Sie müssen schon entschuldigen,
wenn ich bei dem
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