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Drei Hände Im Brunnen

Drei Hände Im Brunnen

Titel: Drei Hände Im Brunnen
Autoren: Lindsey Davis
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der daraus resultierenden Konsequenzen bewusst. Unseren Töchtern waren gute Ehen verwehrt. Unsere Söhne hatten keine Möglichkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, wie sehr sich auch ihr edler Großvater, der Senator, wünschen würde, dass sie sich zur Wahl stellten. Die Oberschicht würde sich ihnen verschließen, während die niederen Ränge sie vermutlich als Außenseiter ebenso ablehnen würden.
     
    Um Helenas und unserer Kinder willen hatte ich es als meine Pflicht betrachtet, meine Stellung zu verbessern. Ich hatte versucht in den mittleren Rang aufzusteigen, was die Unannehmlichkeiten verringert hätte. Der Versuch war kläglich gescheitert. Ich hatte nicht vor, noch einmal einen Narren aus mir zu machen. Trotzdem waren alle anderen davon überzeugt, dass ich es tun sollte.
     
    Der Schreiber des Zensors musterte mich, als wären ihm plötzlich Zweifel gekommen. »Haben Sie Ihre Angaben für den Zensus gemacht?«
     
    »Noch nicht.« Wenn irgend möglich, würde ich das vermeiden. Der Zweck von Vespasians neuem Zensus bestand nicht darin, aus bürokratischer Neugier eine Bevölkerungszählung durchzuführen, sondern Besitztümer für die Steuer zu veranlagen. »Ich war im Ausland.«
     
    Er warf mir diesen Blick zu, der so viel besagte wie: Das behaupten sie alle. »Militärdienst?«
     
    »Spezialeinsatz.« Da er das nicht in Frage stellte, fügte ich geheimnisvoll hinzu: »Genaueres darf ich Ihnen nicht sagen.« Es schien ihn immer noch nicht zu interessieren.
     
    »Sie haben die Angaben also noch nicht gemacht? Sind Sie der Familienvorstand?«
     
    »Ja.«
     
    »Ihr Vater ist tot?«
     
    »Leider nicht.«
     
    »Sie sind aus der Autorität Ihres Vaters entlassen?«
     
    »Ja«, log ich. Papa würde nicht im Traum daran denken, etwas so Zivilisiertes zu tun. Mir war das völlig schnuppe.
     
    »Didius Falco, können Sie nach bestem Wissen und Gewissen sagen, dass Sie aus eigenem Antrieb im rechtsgültigen Stand der Ehe leben?«
     
    »Ja.«
     
    »Danke.« Sein Interesse war rein oberflächlich. Er hatte nur gefragt, um sich abzusichern.
     
    »Sie sollten mir dieselbe Frage stellen«, sagte Helena schnippisch.
     
    »Nur Familienvorstände«, erklärte ich und grinste sie an. Sie betrachtete ihre Rolle in unserer Familie als eine zumindest gleichgestellte. Das tat ich auch, da ich wusste, was gut für mich war.
     
    »Name des Kindes?« Die Gleichgültigkeit des Schreibers deutete darauf hin, dass er ständig mit so unpassenden Paaren wie uns zu tun hatte. Rom galt als moralischer Sumpf, daher mochte es tatsächlich stimmen – obwohl wir noch niemandem begegnet waren, der dasselbe Risiko so offen auf sich nahm. Zum einen hängen die meisten Frauen an dem Luxus, in dem sie geboren werden. Und zum anderen werden die meisten Männer, die sie von zu Hause fortzulocken versuchen, von Trupps sehr großer und kräftiger Sklaven zusammengeschlagen.
     
    »Julia Junilla Laeitana«, verkündete ich stolz.
     
    »Das schreibt sich …?«
     
    »J-U-«
     
    Er sah mich schweigend an.
     
    »L«, sagte Helena geduldig, als wäre sie sich bewusst, dass der Mann, mit dem sie zusammenlebte, ein Idiot war, »A-E-I-T-A-N-A.«
     
    »Drei Namen? Und es ist ein Mädchen?« Die meisten hatten nur zwei.
     
    »Sie braucht einen guten Start ins Leben.« Warum hatte ich nur das Gefühl, mich entschuldigen zu müssen? Ich hatte das Recht, sie so zu nennen, wie ich wollte. Der Schreiber runzelte die Stirn. Er hatte für heute genug von wunderlichen jungen Eltern. »Geburtsdatum?«
     
    »Sieben Tage vor den Kalenden des Juni.«
     
    Diesmal warf der Schreiber seine Feder auf den Tisch. Ich wusste, was ihn verärgert hatte. »Wir akzeptieren Registrationen nur am Tag der Namensgebung!«
     
    Nach den Vorschriften hatte ich meiner Tochter innerhalb von acht Tagen nach ihrer Geburt einen Namen zu geben. (Für Jungs waren es neun Tage; wie Helena sagte, brauchen Männer eben für alles länger.) Es war Sitte, dass die Familie zur Ausstellung der Geburtsurkunde am selben Tag einen Ausflug zum Forum unternahm. Julia Junilla war im Mai geboren; jetzt hatten wir August. Der Schreiber hatte seine Richtlinien. Einen derart schamlosen Bruch der Regeln würde er nicht zulassen.
     

VI  
    Ich benötigte eine Stunde, um zu erklären, warum mein Kind in Tarraconensis geboren war. Ich hatte nichts Falsches getan, und es war auch nichts Ungewöhnliches. Handel, die Armee und kaiserliche Aufträge führen viele Väter ins Ausland;
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