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Drei Hände Im Brunnen

Drei Hände Im Brunnen

Titel: Drei Hände Im Brunnen
Autoren: Lindsey Davis
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frisch gebackenen Eltern ängstigen. Wenn sie zu sabbern aufhörte, war sie nur noch einen Schritt davon entfernt, allerliebst zu sein.
     
    »Bitte entfernen Sie das Baby«, murmelte der Schreiber taktvoll, aber nicht freundlich. Er glättete eine Schriftrolle aus dickem Pergament, bereitete eine minderwertigere vor (unsere Kopie) und machte sich daran, seine Feder in ein Fass mit Gallapfeltinte zu stecken. Er hatte rote und schwarze Tinte; für uns verwandte er die schwarze. Ich fragte mich, was wohl der Unterschied war.
     
    Er tauchte die Feder ein und streifte sie dann am Rand des Tintenfasses ab, um die überflüssige Tinte zu entfernen. Seine Bewegungen waren präzise und formell. Helena und ich beschäftigten uns mit unserer Tochter, während er das Datum des Eintrags notierte, der ihr ihren bürgerlichen Status und ihre Rechte verleihen würde. »Name?«
     
    »Julia Junilla.«
     
    Er sah mich scharf an. »Ihr Name!«
     
    »Marcus Didius Falco, Sohn des Marcus. Bürger von Rom.« Das beeindruckte ihn nicht. Er musste gehört haben, dass die Didii eine Bande streitsüchtiger Rüpel waren. Unsere Vorfahren haben Romulus vielleicht Ärger gemacht, aber seit Jahrhunderten Anstoß erregend zu sein gilt nicht als Stammbaum.
     
    »Rang?«
     
    »Plebejer.« Er hatte es bereits hingeschrieben.
     
    »Adresse?«
     
    »Brunnenpromenade, abgehend von der Via Ostiana auf dem Aventin.«
     
    »Der Name der Mutter?« Er wandte sich immer noch an mich.
     
    »Helena Justina«, erwiderte die Mutter forsch.
     
    »Name des Vaters der Mutter?« Der Schreiber richtete die Fragen weiter an mich, und Helena knirschte hörbar mit den Zähnen. Warum ihren Atem verschwenden? Sie ließ den Mann seine Arbeit tun.
     
    »Decimus Camillus Verus.« Ich merkte, dass ich aufgeschmissen war, falls der Schreiber den Namen des Vaters ihres Vaters wissen wollte.
     
    Helena merkte es auch. »Sohn des Publius«, murmelte sie und machte deutlich, dass diese Bemerkung nur mir persönlich galt und der Schreiber sich verpissen konnte. Er schrieb es nieder, ohne auch nur danke zu sagen.
     
    »Rang?«
     
    »Patrizier.«
     
    Wieder sah der Schreiber auf. Diesmal gestattete er sich, uns beide zu mustern. Das Büro des Zensors war für die öffentliche Moral verantwortlich. »Und wo wohnen Sie?«, wollte er wissen, direkt an Helena gewandt.
     
    »In der Brunnenpromenade.«
     
    »Nur zur Überprüfung«, murmelte er und senkte den Kopf.
     
    »Sie wohnt bei mir«, erklärte ich unnötigerweise.
     
    »Offensichtlich.«
     
    »Was dagegen?«
     
    Wieder hob der Schreiber seinen Blick von dem Dokument. »Sie sind sich der Konsequenzen zweifellos beide vollkommen bewusst.«
     
    Aber ja. Und in einem Jahrzehnt oder zwei würde es Tränen und Wutausbrüche geben, wenn wir das unserem Kind erklären mussten.
     
     
    Helena Justina war die Tochter eines Senators, und ich stammte aus der Plebs. Sie war mit einem Mann aus ihrer Gesellschaftsschicht unglücklich verheiratet gewesen und hatte nach der Scheidung das Glück oder Unglück gehabt, mich kennen zu lernen und sich in mich zu verlieben. Nach ein paar anfänglichen Fehlversuchen hatten wir beschlossen zusammenzuleben. Und zwar auf einer permanenten Basis. Durch diese Entscheidung waren wir, rein rechtlich gesehen, verheiratet.
     
    Doch vom gesellschaftlichen Standpunkt aus waren wir ein Skandal. Wenn der edle Camillus Verus beschlossen hätte, sich über den Raub seiner Tochter aufzuregen, hätte mein Leben äußerst schwierig werden können. Und ihres auch.
     
    Unsere Beziehung war unsere Angelegenheit, aber Julias Ankunft forderte eine Veränderung dieses Status. Immer wieder wurden wir gefragt, wann denn nun die Heirat stattfinden würde, aber es gab keinen Anlass für Formalitäten. Wir hatten beide die Freiheit zu heiraten, und wenn wir uns entschieden, zusammenzuleben, war damit dem Gesetz Genüge getan. Wir hatten überlegt, ob wir es leugnen sollten. In dem Fall hätten unsere Kinder den gesellschaftlichen Rang ihrer Mutter übernommen, obwohl das nur ein theoretischer Vorteil gewesen wäre. Solange ihrem Vater die Ehrentitel fehlten, auf die er sich bei öffentlichen Gelegenheiten berufen konnte, würden sie in demselben Sumpf feststecken wie ich.
     
    Daher hatten wir bei unserer Rückkehr aus Spanien beschlossen, unsere Stellung öffentlich zu machen. Helena hatte sich damit auf meine Ebene hinabbegeben. Sie war sich im Klaren, was sie tat, sie kannte meinen Lebensstil und war sich
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