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Drei Hände Im Brunnen

Drei Hände Im Brunnen

Titel: Drei Hände Im Brunnen
Autoren: Lindsey Davis
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willensstarke Ehefrauen (besonders diejenigen, die ausländische Mädchen als wandelnde Versuchung betrachten) begleiten sie. Im Sommer finden die meisten Geburten in Familien, die etwas auf sich halten, sowieso in vornehmen Villen außerhalb Roms statt. Es ist sogar völlig akzeptabel, außerhalb von Italien geboren worden zu sein; nur der elterliche Status ist ausschlaggebend. Ich würde es keinesfalls hinnehmen, dass meine Tochter ihre bürgerlichen Rechte verlor, bloß weil der unpassende Zeitpunkt einer Ermittlung für den Palast mich gezwungen hatte, ihr in einem fernen Hafen namens Barcino auf die Welt zu helfen.
     
    Ich hatte alle mir möglichen Schritte unternommen. Diverse frei geborene Frauen waren bei der Geburt zugegen gewesen und konnten als Zeuginnen auftreten. Ich hatte sofort den Stadtrat von Barcino unterrichtet (der von mir als Ausländer keine Notiz nahm) und innerhalb der festgelegten Frist eine formelle Erklärung in der Residenz des Provinzstatthalters in Tarraco abgegeben. Ich hatte das Siegel des Kerls auf einem verschmierten Zettel, um das zu beweisen.
     
    Es gab einen offensichtlichen Grund für unser heutiges Problem. Staatssklaven werden nicht für ihre Tätigkeiten bezahlt. Natürlich hatte ich das übliche Sümmchen mitgebracht, aber der Schreiber meinte, er könne noch mehr rausholen als gewöhnlich, wenn er ordentlich Schwierigkeiten machte. Mein einstündiger Vortrag war nötig, um ihn davon zu überzeugen, dass ich nicht mehr Geld besaß.
     
    Er wurde allmählich weich. Dann fiel Julia ein, dass sie Hunger hatte, also kniff sie ihre kleinen Augen zusammen und brüllte, als würde sie schon mal dafür üben, wie sie mich als Halbwüchsige davon überzeugen konnte, sie zu einem Fest gehen zu lassen, das ich missbilligte. Sie erhielt ihre Geburtsurkunde ohne weitere Verzögerung.
     
     
    Rom ist eine maskuline Stadt. Orte, an denen eine ehrbare Frau ihr kleines Kind sittsam stillen kann, gibt es kaum. Was daran liegt, dass ehrbare stillende Mütter zu Hause zu bleiben haben. Helena dachte nicht daran, zu Hause zu bleiben. Vielleicht lag es daran, dass es mir nicht gelungen war, für sie eine reizvollere Umgebung zu schaffen. Sie fand es ebenfalls abstoßend, das Baby in einer der Frauenlatrinen zu stillen, und sie schien nicht bereit zu sein, ein As für die Frauenbäder zu bezahlen. Also blieb uns nichts anderes übrig, als einen Tragestuhl zu mieten und darauf zu achten, dass die Vorhänge die ganze Zeit fest geschlossen waren. Wenn mich etwas noch mehr nervte, als für den Stuhl bezahlen zu müssen, dann war es die Tatsache, dass er sich für das Geld nirgendwohin bewegte.
     
    »Schon gut«, beruhigte Helena mich. »Wir müssen hier nicht stehen bleiben. Du brauchst nicht draußen Wache zu halten und dich zu Tode zu schämen.«
     
    Das Kind musste gestillt werden. Außerdem war ich stolz darauf, dass Helena so hoch gesinnt war, Julia selbst zu stillen. Viele Frauen ihres Standes behaupten zwar, es wunderbar zu finden, zahlen dann aber doch lieber für eine Amme. »Ich warte.«
     
    »Nein, bitte die Männer, uns zum Atrium Libertatis zu tragen«, befahl Helena entschieden.
     
    »Was soll da sein?«
     
    »Dort werden die Akten gelagert, für die im Büro des Zensors kein Platz mehr ist. Außerdem werden da die Toten registriert.« Das wusste ich.
     
    »Wer ist denn gestorben?« Ich ahnte, worauf sie hinauswollte, aber ich lasse mich nun mal nicht gern in Sachen hineindrängen.
     
    »Genau das musst du rausfinden, Marcus.«
     
    »Wie bitte?«
     
    »Du erinnerst dich an die Hand, die ihr, Petro und du, gefunden habt? Ich glaube zwar nicht, dass du dort etwas über den Besitzer der Hand erfährst, aber es muss doch einen Schreiber geben, der dir zumindest sagen kann, wie die Vorgehensweise ist, wenn ein Mensch verschwindet.«
     
    Ich sagte, ich hätte für heute genug von Schreibern, aber wir wurden trotzdem zum Atrium Libertatis getragen.
     
     
    Wie alle Beerdigungsunternehmer waren die Schreiber in der Sterberegistratur ein munteres Häuflein, ganz im Gegensatz zu ihrem verdrießlichen Kollegen in der Geburtenregistratur. Ich kannte bereits zwei von ihnen, Silvius und Brixius. Privatermittler werden von Erben oder Testamentsvollstreckern oft ins Atrium geschickt. Doch zum ersten Mal kam ich mit meiner vornehmen Freundin, einem schlafenden Baby und einem neugierigen Hund in ihr Büro geschlurft. Sie machten kein Theater, hielten Helena für meine Klientin – eine
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