Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Drei Frauen im R4

Drei Frauen im R4

Titel: Drei Frauen im R4
Autoren: Christine Weiner
Vom Netzwerk:
nicht glauben, wie luxuriös und geschmeidig man darin liegt. Es ist ein Traum!«
    Es ist ein Alptraum, dachte ich. Und ich beobachtete, wie der Lackaffe vom Nebentisch belustigt zu uns rübersah. Ich wollte nicht telefonieren, und ich brauchte meinen Laptop nicht. Das Einzige, was ich wollte, war, so schnell wie möglich mit Nele, Renate und unserem Hund im R4 von diesem Geisterhaus zu flüchten.
    Sagen konnte ich das nicht, weil ich wieder einmal freudig überrascht sein musste.
    »Wir freuen uns so, wir freuen uns so«, plauderten Sarah und Anna abwechselnd auf uns ein, und beide zerrten und zogen an uns und wollten, dass wir doch endlich in die Zimmer gingen, um zu staunen und uns in die alten Leben einzukleiden. »Parfum, Schminke, Hosenanzüge und Kostümchen, alles haben wir euch von zu Hause mitgebracht!«
    Sie waren so stolz, dass sie uns eine Nacht in diesem Sternebunker schenken konnten. Was macht man da, wenn Töchter so stolz auf besonders gutgemeinte Geschenke sind? Und dann zeigten sie auf ein rotes Beetle-Cabrio, das zwischen den teuren Limousinen seitlich auf dem Parkplatz stand. Das hatten sie extra für uns ausgeliehen.
    »Aus einem schönen Cabrio sollen eure Haare wehen!« Sarah spielte den Sommerwind mit ihren Händen nach.
    »Standesgemäß und doch zu eurem Urlaub passend«, fand Anna.
    »Das Cabrio habt ihr euch verdient, und wir reisen mit der roten Kiste heim. Das ist eure Belohnung, weil ihr so brav durchgehalten habt«, erklärte Sarah weiter. Atemlos waren beide. Atemlos und aufgeregt, so wie wir still und verdutzt in der Tiefe unseres Herzens waren. Nein, entschied ich für mich. Niemals fahre ich mit dieser Kiste heim. Nicht für alles in der Welt. Mit großer Geste überreichte Anna ihrer Mutter schon mal den Schlüssel.
    Auch Renate stand nachdenklich da, meinte aber nur: »Das ist ja alles riesig – aber gebt mir einen Moment, ich seh mich hier eben mal ein bisschen um.«
    Und ich bewunderte sie sehr dafür, dass sie sich traute, mit Stirnband und langen Hippieketten auf diesem Gelände umherzulaufen.
    Nele und ich blieben am Tisch zurück und schwärmten mit jedem Schluck etwas mehr über den Kaffee, obwohl uns Instant oder Getreide lieber gewesen wäre. Den Schlüssel des Cabrios schoben wir unsicher auf dem Tisch herum.
    »Diese furchtbare Pianomusik aus der Lobby bringt mich gleich um«, zischte ich unbemerkt zu Nele hin.
    Ich sah Bergdörfer, die sich zwischen kleinen Wäldern an schroffe Hügel schmiegten. Das ist hier wirklich ein Stück Erde, auf dem man glücklich werden kann, dachte ich, so man sich nicht in solch einem Hotel befindet. Ich hatte alles verlernt, was früher für mich wichtig gewesen war. Es war nicht so, dass ich den Luxus verabscheute, er war mir nur egal. Und das war gut so. Denn wenn man etwas neu anfangen will, können leere Hände und ein unvoreingenommener Kopf sehr hilfreich sein.
    »Und Maurizio?«, erkundigte ich mich endlich. »Erzählt mal, gibt es hier jemanden, der so heißt?«
    Und zu unserer Verblüffung erfuhren wir, dass Maurizio der Besitzer dieses stattlichen Etablissements war. Er war es, der die Kooperative in eine Hotellandschaft verwandelt hatte. Bilder in der Lobby sollten von dieser Geschichte zeugen.
    »Aber der ist wirklich nett, und irgendwie sieht er noch immer aus wie ein Hippie, nur dass er jetzt gebügelte Hosen trägt.«
    »Natürlich hat er uns gefragt, wie wir hierhergefunden haben, und wir haben ihm gestern Abend alles erzählt, und wir hatten auch ein paar alte Fotos dabei. Und stellt euch vor, als er Mutti auf dem einen Bild entdeckte, da nahm er es in die Hand und sagte, das ist doch Renate. Ist das nicht krass?«
    Krass. Mir kamen ganz andere Worte in den Sinn. Nele berührte mich unter dem Tisch mit ihrem Bein. »Jaaa!«, nickte ich ihr zu. Jaa, ich weiß, du hattest recht, die Kooperative und der Italiener, der es vielleicht gewesen wäre.
    Als uns in silbernen Döschen Pralinen serviert wurden, nutzten wir unsere Chance, entschuldigten uns und machten uns auf, um nachzusehen, wo Renate abgeblieben war. Wir fanden sie aber weder in dem für sie reservierten Zimmer, noch hatte sie sich in Fuchur zurückgezogen. Nur der Kofferraum stand offen, und mit geübtem Blick erkannte ich, dass in unserem Sammelsurium das Zelt und eine Isomatte fehlten.
    Mit einem »Such, Fips!« drehten wir die Runden größer. Wir fanden Renate in der hintersten Ecke der letzten Wiese, dort, wo das Gras noch wachsen durfte, wie es wollte,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher