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Dragon 01: Der Schrein des schlafenden Gottes

Dragon 01: Der Schrein des schlafenden Gottes

Titel: Dragon 01: Der Schrein des schlafenden Gottes
Autoren: Hans Kneifel
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Palastwächter um sich schlug, stob ein Funkenregen.
    »Wir haben die Prinzessin!« ertönte eine Stimme.
    Ein Lanzenschaft traf Partho mit voller Kraft im Nacken. Das Schwert des Hauptmannes wirbelte hoch. Der Schildrand traf einen Angreifer zwischen die Augen und zerschmetterte seine Nase. Partho kippte langsam nach hinten, als das Dunkel über ihm zusammenschlug. Der Hengst stieg hoch, der Schmerz der Kandare brannte in seinem Maul. Das Tier warf Partho ab.
    Jemand ordnete an: »Werft ihn in den Kerker! Er stirbt zusammen mit der Jungfrau!«
    Zwei Männer ergriffen Partho an den Beinen und zerrten ihn über Steine und Sand zu einem Pferd. Dort warfen sie ihn quer über den Sattel, banden Hände und Füße zusammen und ritten mit ihm davon, hinunter in die Stadt.
     
    Als Obad am nächsten Morgen durch das zerstörte Tor in den Palast einritt, lächelte er zufrieden. Seine Arbeit hatte reiche Früchte getragen. Noch in der Nacht hatten sie den toten König gefunden; er lag neben einer Mauer, und sein Gesicht wirkte, als habe er endlich Ruhe vor den Priestern des Gottes mit den vielen Namen gefunden. Ohnehin hatte das Siechtum des Greises zu lange gedauert – vielleicht hatten ihm die gefährlichen Narren, jene Weisen von den Bergen, Wunderkräuter in den Wein getan. Das Königtum von Urgor war beseitigt. Und Hauptmann Partho lag im Kerker.
    »Jetzt werde ich, der Erste Wächter, über die Stadt herrschen!« sagte Obad.
    Er wußte, daß er über eine tote Stadt herrschen würde, wenn nicht endlich Regen kam. Schon jetzt kauften sie die Ernten von Bauern auf, die weit von der Stadt entfernt wohnten, um sie zu lagern und in den Tempeln zu verteilen. Und es starben immer mehr Menschen an der Fieberseuche.
    Aus Ruinen, zwischen geschwärzten Mauern und eingestürzten Dachbalken, schwelte dünner grauer Rauch. Er zog in geraden Fäden in den wolkenlosen Morgenhimmel. Vorsichtig, damit die Hufe nicht ausrutschten, lenkte Obad den weißen, feurigen Hengst des Palasthauptmannes um eine eintrocknende Blutlache herum. Drei Männer lagen hier, von Dolchstößen niedergestreckt. Vermutlich solche Narren, die Alac und seiner Familie die Treue gehalten hatten.
    In einem Stall, rechts von Obad, schrie ein Mädchen durchdringend. Das Lachen und Grölen betrunkener Männer scholl herüber. Es war nicht die einzige Schändung. Das Volk sollte sehen, daß die Zeit der Milde vorüber war. Jetzt würde ein unbarmherziger Gott herrschen.
    Obad durchritt den Hof, blickte auf die Leichen erschlagener Palastwachen und zog die Mundwinkel nach unten, als er ein altes Weib gebückt an der Mauer entlangschleichen sah. Er kam an einer Gruppe von Betrunkenen vorbei. Sie schnarchten. Neben ihnen lag ein Weinfaß, dessen Inhalt in den Sand gesickert war und sauer roch. Goldene und silberne Becher lagen herum. Obad zwang den Schimmel, die Zeremonientreppe hinaufzuklettern, und er ritt durch die Halle, bis er vor dem Thron stand.
    »Auf diesem Stuhl werde ich sitzen!« sagte er laut, wie um es sich selbst noch einmal zu bestätigen.
    Der Thronsaal war völlig menschenleer. Hier waren die Plünderer am Werk gewesen. Seine schwarzen, stechenden Augen glitten über die prachtvollen Wände des Saales. Wie oft hatte er hier unter dem Thron gestanden, während der alte, weißhaarige Narr zwischen seiner Tochter Amee und dem Hauptmann dort oben saß und seine Anordnungen gab, Recht sprach und Steuern einnahm! Langsam ging Obad die Stufen hinauf, zog die schwarze Kutte zurecht und setzte sich. Sein Blick glitt durch das Tor des Saales hinaus, über die Treppe, bis fast zum Palasttor. Dort tauchten gerade einige Diener des Gottes mit den vielen Namen auf.
    »Nunmehr ist sein Zorn besänftigt!« verkündete Obad. Er glaubte tatsächlich, daß das Opfer helfen würde. »Dies aber ist mein Wort: In der Mittagsstunde des vierten Tages im Mond des Wildebers wird der Schrein des schlafenden Gottes zerschlagen. Auf ihm opfere ich die königliche Jungfrau, den Händler und den Hauptmann. Dann wird es in Urgor regnen!«
    Wieder lächelte er. Die wenigen Priester, die ihn gut kannten, fürchteten diesen Ausdruck seines hageren Gesichtes.
    »An die Arbeit!« sagte Obad, stieg auf und ritt durch die Tore hinaus zu der Ansammlung kleiner Häuser, die rund um den eckigen Tempel des Götzen lagen. Dort befand sich Ada, gefesselt und schwer bewacht.
    Der lange Prozessionszug zum Schrein mußte organisiert werden. Da war nur ein Gedanke, der ihn mit Unsicherheit erfüllte:
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