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Drachenschiffe vor Vinland

Drachenschiffe vor Vinland

Titel: Drachenschiffe vor Vinland
Autoren: Alfred Bekker
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Gischt ins Gesicht. Aber die Sonne schien und es war gutes Wetter. Der Wind blies kräftig und sorgte dafür, dass alle drei Schiffe gut Fahrt aufnahmen.

    Sven kam zum Bug. Er hielt zwei Tau-Enden in der Hand und gab jedem der beiden Zwillinge eins davon. »Hier, schlingt es euch um die Brust und bindet das andere Ende an der Reling fest!«, sagte er. »Schließlich sollt ihr nicht bei der ersten wirklich großen Welle über Bord gerissen werden!«
    »Meinst du, die Wellen werden noch größer?«, fragte Freya.
    Sven lachte. »Natürlich werden sie noch höher!

    Und in den Gewässern, die wir durchqueren müssen, ist es besonders wüst! Das Wetter kann jederzeit umschlagen.«
    Einar knüpfte eine Schlinge und schlüpfte mit Kopf und Armen hindurch, ehe er sie stramm zog. Schließlich wollte er nicht erwürgt werden, falls er tatsächlich über Bord gehen sollte. Das andere Ende des Taus befestigte er mit einem Knoten an der Reling. Sein Vater hatte ihnen beiden beigebracht, wie man Knoten machte, die schnell zu knüpfen, aber genauso schnell wieder zu lösen waren.
    Die Überfahrt nach Vinland war sehr gefährlich. Einar hatte zugehört, als Thorfinn am Lagerfeuer davon berichtet hatte. Bei seiner ersten Fahrt nach Vinland war ihm ein ganzes Schiff im Sturm verloren gegangen. Die unruhige See vor Vinland war der Hauptgrund dafür, dass Thorfinn auf dieser Fahrt nur breite, bauchige Schiffe mitnehmen wollte, die man Knorr nannte, und nicht die schmaleren Draken oder Schniggen. Die waren zwar viel schneller, kenterten dafür aber auch leichter.
    »Gut so?«, fragte Freya. Sven überprüfte noch einmal die Knoten und nickte. »Jetzt kann euch nichts passieren«, meinte er und ging zurück zum Heck.

Sturmfahrt des Schreckens
    Die Stunden gingen dahin. Zwischendurch gab es Stockfisch zu essen. Einar starrte die meiste Zeit hinaus auf das glitzernde Wasser.
    »Wonach schaust du eigentlich?«, fragte Freya.
    »Nach Walen!«, sagte Einar. Er streckte die Hand aus. »Sieh mal, dort! Da sind welche!«
    Freya kniff die Augen zusammen. Tatsächlich! In einiger Entfernung spritzten ein paar Wasserfontänen in die Höhe. Da – jetzt sahen sie sogar eine Schwanzflosse, die in elegantem Bogen wieder im Wasser verschwand. Einar hatte einmal von Walen gehört, denen ein Horn aus Elfenbein aus dem Kopf wuchs – länger als ein Schwert. Sie wurden gejagt, wann immer sie auftauchten. Elfenbein war nämlich sehr wertvoll.
    Einige der Männer an Bord hatten ebenfalls die Wale bemerkt. »Die dort sind viel größer als die Einhörner. Wir sollten uns von diesen Ungetümen fernhalten, sonst zerschmettern sie das Schiff mit einem Flossenschlag!«, meinte Orm Einauge zu SvenBleichhaar. Er war ein großer, kräftiger Mann, der alle anderen an Bord um mindestens einen halben Kopf überragte. Im Kampf hatte er ein Auge verloren und trug eine Augenklappe.
    Die drei Schiffe vergrößerten den Abstand zu den Walen, bis von den Meeresriesen nichts mehr zu sehen war. Inzwischen hatten sich die Wolken zu dunklen Gebirgen aufgetürmt und der Wind blies immer kräftiger. Zwei Männer mussten jetzt das Steuerruder halten. Einige Böen fuhren so heftig in das Segel, dass sie das Schiff zur Seite drückten.
    Die Bordwand, an der die Schilde der Krieger befestigt worden waren, lag nur noch eine Handbreit über der Wasseroberfläche. Wasser schwappte in das Schiffsinnere, was die Rinder und Ziegen beunruhigte. Sie waren zwar festgebunden, fingen nun aber an, an den Seilen zu zerren. Orm versuchte, die Tiere zu besänftigen.
    Eine große Welle schlug direkt über dem Drachenkopf zusammen. Einar und Freya wurden klatschnass. Dann drückte der Wind das Schiff wieder so auf die Seite, dass die nächste Welle hineinschwappen konnte.
    Die Böen jagten einander nun so heftig, dass die
Wellendrache
sich gar nicht mehr aufrichtete. Männer, Frauen und Kinder hielten sich in dem schräg liegenden Rumpf fest, wo sie nur konnten. Manche schrien. Eine große Welle riss dem einäugigen Orm die Beine weg. Er schlitterte über den Boden und bekam schließlich eine Kiste zu fassen, die gut festgebunden war.
    Auch Einar hielt sich fest, so gut er konnte. Er zitterte vor Angst. Zwar hatte er oft den Geschichten der Seefahrer am Lagerfeuer gelauscht und wusste daher, dass die Schiffe bei Sturm und hohen Wellen oder starkem Regen voller Wasser liefen wie eine Viehtränke. Er hatte auch von den Wellen gehört, die höher als ein Haus waren. Aber das alles selbst zu erleben,
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