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Denken hilft zwar, nutzt aber nichts

Denken hilft zwar, nutzt aber nichts

Titel: Denken hilft zwar, nutzt aber nichts
Autoren: Dan Ariely
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Einleitung
     
    Wie mich ein Unfall auf mein späteres Forschungsthema Irrationalität brachte
     
    Man hat mir schon oft gesagt, ich hätte einen ungewöhnlichen Blick auf die Welt. Ihm verdanke ich es, dass ich in den zwanzig Jahren meiner Forscherkarriere mit großem Vergnügen zu ergründen versucht habe, was unsere Entscheidungen im Alltagsleben tatsächlich beeinflusst (im Gegensatz zu den Einflüssen, die wir, oft mit größter Überzeugung, dahinter vermuten).
    Wissen Sie, warum wir uns so oft felsenfest vornehmen, eine Diät zu machen und Sport zu treiben, und alle guten Vorsätze dahin sind, sobald im Restaurant der Dessertwagen vorbeirollt?
    Wissen Sie, warum wir manchmal voller Begeisterung etwas kaufen, was wir eigentlich gar nicht brauchen?
    Wissen Sie, warum uns der Kopf nach Einnahme einer Schmerztablette für einen Cent immer noch weh tut, dieselben Kopfschmerzen aber verschwinden, wenn die Tablette 50 Cent kostet?
    Wissen Sie, warum Personen, die sich die Zehn Gebote in Erinnerung gerufen haben, ehrlicher sind (zumindest unmittelbar danach) als diejenigen, die das nicht getan haben? Oder warum ein Ehrenkodex tatsächlich gegen unredliches Verhalten im Beruf hilft?
    Wenn Sie dieses Buch gelesen haben, werden Sie die Antworten auf diese und viele andere Fragen kennen, die für IhrPrivat- und Berufsleben und ebenso für die Art und Weise eine große Rolle spielen, wie Sie die Welt sehen. Es hat zum Beispiel nicht nur Folgen für Ihre Medikamentenwahl, wenn Sie die Antwort auf die Frage kennen, was es mit dem Preis von Aspirin auf sich hat, sondern auch für eines der größten Probleme, mit denen unsere Gesellschaft konfrontiert ist: Kosten und Nutzen der Krankenversicherung. Ein Verständnis dessen, wie die Zehn Gebote unredlichem Verhalten entgegenwirken, könnte den nächsten großangelegten Betrug à la Enron verhindern helfen. Und wenn wir begreifen, welche Dynamik hinter dem spontanen Essensimpuls steckt, hat das Auswirkungen auf jede andere spontane Entscheidung in unserem Leben – unter anderem darauf, warum es so schwer ist, Geld für schlechte Zeiten beiseitezulegen.
    Mein Buch soll Ihnen zu einem grundlegend neuen Verständnis dessen verhelfen, was Sie und die Menschen in Ihrem Umfeld im Grunde bewegt. Diesem Ziel möchte ich Sie durch eine breite Palette wissenschaftlicher Experimente, Erkenntnisse und Anekdoten näherbringen, die nicht selten auch amüsant sind. Sobald Sie einmal das System hinter bestimmten, sich stets wiederholenden Fehlern erkennen, werden Sie mit der Zeit lernen – denke ich –, manche von ihnen zu vermeiden.
    Aber bevor ich Ihnen von meiner kuriosen, sehr praxisnahen, unterhaltsamen (und manchmal sogar mit Gaumenfreuden verbundenen) Forschung zu Ess- und Einkaufsverhalten, Liebe, Geld, Auf-die-lange-Bank-Schieben, Bier, Ehrlichkeit und anderen Lebensbereichen berichte, will ich Ihnen erst einmal erzählen, wie es zu meiner etwas unorthodoxen Weltsicht – und damit auch zu diesem Buch – kam. Alles begann vor vielen Jahren mit einem Unfall, der alles andere als amüsant war.
     
    Es war ein ganz normaler Freitagnachmittag im Leben eines achtzehnjährigen Israeli, als etwas geschah, das mit einem Schlag alles unwiderruflich veränderte. Bei der Explosion einer großen Magnesium-Leuchtrakete, wie sie das Militär bei nächtlichen Einsätzen zum Ausleuchten einer Kampfzone verwendet, erlitt ich Verbrennungen dritten Grades, 70 Prozent meiner Haut waren verbrannt.
    Die nächsten drei Jahre verbrachte ich von Kopf bis Fuß einbandagiert im Krankenhaus, und wenn ich danach hin und wieder die Wohnung verließ, trug ich einen hautengen Kompressionsanzug aus synthetischem Material und eine Gesichtsmaske, was mich wie einen missratenen Doppelgänger von Spiderman aussehen ließ. Da ich an den alltäglichen Unternehmungen meiner Freunde und meiner Familie nicht mehr teilnehmen konnte, fühlte ich mich oft wie ein Außenseiter und begann die Dinge, die einmal auch zu meinem Leben gehört hatten, aus diesem Blickwinkel zu betrachten. Als käme ich aus einer anderen Kultur (oder von einem anderen Planeten), begann ich über die Absicht hinter bestimmten Verhaltensweisen bei mir selbst und anderen nachzudenken. Ich fragte mich beispielsweise, warum ich ein bestimmtes Mädchen liebte, ein anderes aber nicht; warum mein Tagesablauf auf die Bedürfnisse der Ärzte und nicht auf meine als Patient zugeschnitten war; warum ich viel lieber klettern ging, als über Geschichtsbüchern zu
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