Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Drachenlanze - Die Stunde der Diebe

Drachenlanze - Die Stunde der Diebe

Titel: Drachenlanze - Die Stunde der Diebe
Autoren: Tina Daniell
Vom Netzwerk:
von den immer noch
schneebedeckten Bergen im Osten kühlte die Luft ab. Tolpan
kletterte auf die untersten Äste einer Espe und schlief in seiner
Pelzweste schnell ein, wobei er seinen Hupak fest
umklammerte. Flint rollte sich am Feuer zusammen. Den
zotteligen Kopf legte er auf einen bemoosten Felsen und zog
sich die Kappe über den Kopf. Selana wandte allen den Rücken
zu, zog ihren Umhang um sich und schlief in einer schützenden
Haltung im Schneidersitz ein, die furchtbar unbequem aussah.
Tanis legte sich seine Decke um die Schultern und hielt
Wache.
Zwei Stunden später, als der Mond fast direkt über ihnen
stand, warf Tanis eine Handvoll Kieselsteine gegen den Baum,
um den Kender zu wecken. Tolpan schreckte hoch und rutschte
gutgelaunt vom Baum, um seinerseits über die Gruppe zu
wachen.
Wieder zwei Stunden später erwachte Flint weniger fröhlich,
und der Rest der Nacht verlief ereignislos.
Während sie morgens weitermarschierten, wurde wenig
geredet. Tanis kam es so vor, als wäre Selana noch
zurückhaltender als bisher. Er hatte gehofft, daß sie sich mehr
der Gruppe zugehörig fühlen würde, nachdem sie letzte Nacht
ihre Geschichte erzählt hatte, aber sie schien noch weniger
dazu geneigt, irgend etwas mitzuteilen, als würde sie sich für
ihre Enthüllungen schämen. Obwohl er wußte, daß das endlose
Laufen sie anstrengte, fand der Halbelf ihre hochnäsige Art
aufreizend.
Als sie zum Mittagessen Rast machten, setzte sich Selana
wortlos mehrere Schritte abseits.
»Verzeiht, Prinzessin«, rief Tanis ungehalten, »aber meint
Ihr, Ihr könntet Euch dazu aufraffen, uns ein bißchen Wasser
zum Essen zu holen?«
»Wenn ich mich mit etwas auskenne, dann mit Wasser«, gab
sie zurück. Wütend riß sie ihm den kleinen Topf aus der Hand
und ging halb stampfend, halb hinkend dem Geräusch von
fließendem Wasser nach.
Flint legte dem Halbelfen die Hand auf den Unterarm. Graue
Augen musterten das bedrängte Gesicht des jungen Elfen.
»Was ist in dich gefahren, Tanis? Du hast doch sonst keine
Schwierigkeiten, mit anderen auszukommen. Zu der Prinzessin
warst du schon einige Male richtig grob.«
Tanis schüttelte den Kopf. »Ich weiß, Flint, aber manchmal
erinnert sie mich so an Laurana und ihre eingebildete Art.«
Wie Flint wußte, war Laurana die Tochter von Tanis’
Vormund, Solostaran. Ihre selbstsüchtige Liebe zu Tanis war
der Anlaß gewesen, warum er Qualinost verlassen hatte, wo er
geboren war. »Nach all den Jahren überrascht es mich, daß
diese Art von Frauen mich immer noch aufregt.« Er rieb sich
müde das Gesicht.
»Eines Tages wirst du dein Problem mit Laurana lösen«,
sagte Flint voraus. »Selana und Laurana haben wirklich viel
gemeinsam, vor allem natürlich ihre aristokratische
Elfenerziehung«, stimmte er zu. »Aber laß nicht die eine für
die Fehler der anderen büßen.«
Zwanzig Minuten später war das Essen fertig, und sie
warteten, doch Selana war noch nicht zurück. Nach weiteren
zwanzig Minuten war Tanis verstimmt, der alte Zwerg jedoch
machte sich Sorgen.
»Es ist sicher alles in Ordnung, Flint«, sagte Tanis. »Sonst
würde sie in ihre Muschel stoßen.«
Tolpan, der in der warmen Sonne mit seinen Karten
beschäftigt war, hob den Kopf. »Ahm, das würde sie bestimmt,
wenn sie sie hätte. Ich wollte sie ihr ja wirklich gestern abend
zurückgeben, aber dann sind wir alle eingeschlafen, und es ist
mir einfach entfallen. Ich geh sie ihr gleich wieder, wenn ich
sie sehe.«
»Wenn einer von uns sie je wiedersieht«, murmelte Flint, der
unablässig die Umgebung mit den Augen absuchte. »So lange
braucht man nicht zum Wasserholen. Los, wir müssen sie
suchen.«
»Wahrscheinlich ist sie an den Fluß gekommen und konnte
der Versuchung nicht widerstehen, schwimmen zu gehen«,
meinte Tanis trocken und wollte sich damit selbst beruhigen.
Er trottete neben Flint und Tolpan über das unebene, hügelige
Gras, während sie dem Geräusch von fließendem Wasser
nachgingen. »Ist euch nicht aufgefallen, wie sie sich immer das
Gesicht mit Wasser aus ihrem Weinschlauch bespritzt?«
Sie eilten durch stachlige Büsche und kamen am Flußufer
heraus. Selana war nirgends zu sehen.
»Vielleicht ist sie an einer anderen Stelle rausgekommen«,
meinte Flint. Ohne abzuwarten, rannte Tolpan am Fluß ein
Stück weiter nach rechts hoch, während Tanis sich nach links
aufmachte. Als sie zu Flint zurückkamen, hatten sie beide
nichts gesehen.
Der Zwerg untersuchte auf einem Bein kniend den weichen
Boden am Fluß.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher