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026 - Das Mordpendel

026 - Das Mordpendel

Titel: 026 - Das Mordpendel
Autoren: Dämonenkiller
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Alan Thayer beugte sich vor und warf dem Fahrer einen raschen Blick zu. »Womit beginnen Sie die Besichtigung?«
    Jim Osmonde antwortete nicht. Er hockte verkrampft hinter dem Lenkrad. Sein Gesicht war bleich, und Schweißtropfen standen auf seiner Stirn.
    »Ist Ihnen nicht gut?« fragte Thayer besorgt.
    Das Aussehen und Verhalten des Fahrers wollten ihm überhaupt nicht gefallen. Er bezweifelte langsam, ob es eine gute Idee gewesen war, auf den Vorschlag des Hotelportiers einzugehen und eine Rundfahrt durchs nächtliche London bei Jim Osmonde zu buchen.
    Der Fahrer wandte langsam den Kopf. Er lächelte verzerrt. »Alles in Ordnung.«
    »Sie haben meine Frage nicht beantwortet.«
    Alan Thayer ließ nicht locker. Jim Osmonde antwortete aber wieder nicht. Seine großen Fäuste umspannten das Lenkrad des Kleinbusses, in dem sechs Touristen saßen. Er fuhr die Stamford Street in gemächlichem Tempo entlang. Thayer schüttelte den Kopf. Seine Frau Linda legte beruhigend eine Hand auf seinen Unterarm. Sie kannte das cholerische Temperament ihres Mannes. Er schüttelte ihre Hand ungeduldig ab.
    »Zum Teufel!« knurrte er wütend. »Jetzt fahren wir schon mehr als fünfzehn Minuten in der Gegend herum, völlig sinnlos, wie mir scheint.«
    »Ich bringe Sie zur Black Angels Cathedral«, sagte Jim Osmonde stockend.
    »Nie davon gehört«, schaltete sich Edwin Peel ein, der neben Thayer saß.
    Peel war ein kleiner kahlköpfiger New Yorker, der sich jetzt die gewaltige Hornbrille höher auf die Nase schob.
    »Ich auch nicht«, sagte Alan Thayer ungehalten. »Mich interessiert diese Kathedrale überhaupt nicht. Ich will die Sehenswürdigkeiten sehen, die im Prospekt stehen.« Er fuchtelte wild mit einem schmalen Heftchen rum, und sein Gesicht lief rot an.
    Der Fahrer reagierte nicht. Er fuhr stur und mit zusammengebissenen Zähnen weiter. Die restlichen drei Touristen im Wagen hatten von der Auseinandersetzung nur wenig mitbekommen, da sie alle Ausländer waren und nur äußerst mangelhaft Englisch verstanden.
    Jacques Brousse und Petru Dumitrin hatten sich im Hotel kennengelernt und sich angefreundet. Beide waren geschäftlich in London. Brousse war ein waschechter Pariser, während Dumitrin in Rumänien geboren war, jetzt aber in Genf wohnte. Sigrid Jorgenson war Dänin, die bei einem Preisausschreiben einer Waschmittelfirma eine Wochenendreise nach London gewonnen hatte.
    »Beruhige dich, Alan!« sagte Thayers Frau besänftigend.
    »Halt den Mund!« schnauzte er sie an. »Das ist doch der Gipfel der Frechheit, was sich dieser Kerl leistet. Er will die Besichtigung mit einer Kathedrale beginnen, von der kein Mensch je etwas gehört hat.«
    Er klopfte dem Fahrer auf die Schulter, der aber reagierte nicht, sondern beschleunigte den Kleinbus, so daß Thayer auf seinen Sitz zurückgeschleudert wurde.
    »Fahren Sie langsamer!« schrie Edwin Peel.
    Die Tachonadel pendelte über der Fünfzigmeilenmarke und wanderte höher.
    »Der Kerl ist übergeschnappt«, sagte Thayer mit versagender Stimme.
    Es war Anfang Dezember. Ein kalter, wenig einladender Abend. Nebelschwaden zogen von der Themse her durch die Straßen. Jim Osmonde bog mit kreischenden Pneus in die Waterloo Road ein und stieß beinahe mit einem Bus zusammen. Er wich im letzten Augenblick aus, bremste aber nicht ab, sondern fuhr noch rascher.
    »Ein Wahnsinniger«, keuchte Edwin Peel. Seine Augen weiteten sich, und er hielt sich mit beiden Händen am Sitz fest.
    Die sechs Touristen wurden wild hin und her geschüttelt. Entgegenkommende Fahrzeuge blinkten Jim Osmonde an, der sich aber auch davon nicht beirren ließ. Sigrid Jorgenson schloß die Augen. Sie war über fünfzig und ziemlich ängstlich. Sigrid hatte vor fast allem Furcht, beim Autofahren aber besonders. Jacques Brousse und Petru Dumitrin schrien auf Französisch durcheinander, während Edwin Peel und Alan Thayer den Fahrer immer wieder aufforderten, das Tempo zu drosseln.
    »Bleiben Sie augenblicklich stehen!« brüllte Alan Thayer schließlich. Seine Frau krallte sich an ihm fest.
    »Wenn das nur gutgeht«, murmelte Edwin Peel.
    »Wir müssen den Verrückten aufhalten«, keuchte Thayer.
    Jim Osmonde achtete nicht auf die Touristen. Er strich sich mit der Zunge über die trockenen Lippen, überholte einen Morris und stieg langsam auf die Bremse. Jeder Gedanke fiel ihm schwer. Nur undeutlich vernahm er die schrillen Stimmen der Touristen. Eine unheimliche Macht trieb ihn vorwärts. Er zog den Wagen nach rechts, bog in
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