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Drachenlanze - Das Mädchen mit dem Schwert

Drachenlanze - Das Mädchen mit dem Schwert

Titel: Drachenlanze - Das Mädchen mit dem Schwert
Autoren: Tina Daniell
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schwören können, daß darin etwas leuchtete!
Minna holte eine Prise davon heraus. Mit dem Rücken zum
Bett versprengte Minna den Staub in der Luft, wobei sie ein
paar Worte sang, die Kit nicht verstand. Das Licht im Raum
schien zu flimmern. Einen Augenblick später senkte sich ein
Gefühl des Wohlbehagens über Kit. Sogar das Baby in ihren
Armen hörte auf zu quengeln. Noch erstaunlicher war, daß
Rosamund lächelte, einen tiefen Seufzer ausstieß und wieder in
die Kissen sank. In diesem Bruchteil einer Sekunde schien Kits
Mutter friedlich einzuschlafen! Das Mädchen wollte ihren
Augen nicht trauen.
Doch dann verpuffte die friedliche Aura so schnell, wie sie
eingetreten war.
Rosamunds Atem ging schneller. Sie riß die Augen auf, doch
die Pupillen waren vollkommen verdreht.
Minna beugte sich besorgt über Rosamund und tätschelte ihr
die Wangen.
Nur das Baby schien etwas länger von Minnas Hokuspokus
zu zehren. Kit hielt das Kind steif von sich weg, als sie zu der
Wiege ging, die Gilon liebevoll gebaut hatte. Zum Glück für
alle Beteiligten vergaß Kits neuer Bruder rasch seinen Zorn
darüber, aus dem warmen, gemütlichen Bauch gepreßt worden
zu sein. Sobald Kit ihn in sein neues Bett gelegt hatte und die
Wiege schaukelte, schlief er leise ein.
Minna zog Rosamunds Kittel hoch und legte beide Hände
fest auf ihren dicken Bauch. Dann nahm sie etwas, das wie eine
kleine Trommel aussah, aus ihrer Tasche. Allerdings lief der
Boden der Trommel zu einem engen Hals zusammen und ging
dann zu einem biegsamen Kelch auseinander.
»Eine Hörtrommel«, sagte Minna zu niemand Bestimmtem –
jedenfalls nicht zu Kitiara. Das Ende des Kelches setzte sie auf
Rosamunds aufgetriebenen Leib und legte gleichzeitig ihr Ohr
an die Membran der Trommel. Als Rosamund zu wimmern
begann, zog Minna überzeugt den Kopf zur Seite. Es ging
eindeutig eine neue Wehe los.
»Da ist noch ein Baby drin«, erklärte Minna erstaunt. Ein
langgezogenes, rauhes »Neiiin!« entfloh Rosamunds gespitzten
Lippen.
»Noch ein Baby!« rief Kit aus. »Wie kann denn das sein?
Wieso hast du das nicht vorher gewußt? Was sollen wir denn
jetzt machen? Noch eine Geburt überlebt meine Mutter nicht.«
»Hör mal zu, junge Dame. Werd mir bloß nicht frech.« Mit
erstaunlicher Wildheit fuhr Minna Kit an, denn ihre Geduld
war fast am Ende. Ihr Bienenstock von Haar war schlimm
zugerichtet, und ihre normalerweise adrette Kleidung war
durcheinander. Ihre scharfen Augen nagelten Kit fest.
»Ich brauche keine Ratschläge von einem Küken. So etwas
passiert. Ich kann schließlich nicht alles wissen und alles in
Ordnung bringen – «
Rosamunds Wimmern brachte beide auf die Beine. Erneut
fing Minna an, in ihrer Tasche herumzuwühlen. Regelrecht
schreiend wies die Hebamme Kit an, einen neuen Kessel
Wasser aufs Feuer zu stellen und mehr saubere Decken zu
holen. Kit, die seit Sonnenaufgang auf den Beinen war und
kein Mittagessen bekommen hatte, schwankte auf einmal vor
Müdigkeit. Ihre Knie gaben nach, und fast wäre sie umgekippt.
Minna griff zu und hielt das Mädchen fest, bevor es umfallen
konnte. Gewaltsam schüttelte sie sie durch. »Du mußt jetzt
durchhalten, Kit«, sagte sie drohend. »Mach mir ja nicht
schlapp. Ich brauche dich. Rosamund braucht dich.« Sie
schubste Kit los, damit sie ihre Pflichten erledigte.
Das Mädchen konnte die Augen kaum noch offenhalten,
während es im Raum herumtrottete und tat, was Minna
angeordnet hatte. Am Nachmittag war es schrecklich warm
geworden, und zusammen mit dem Feuer, das unablässig
weiter brannte, um das Wasser zu erhitzen, erschien ihr das
Innere der Hütte heißer als eine Zwergenschmiede. Kitiara
glaubte, sie müßte ersticken.
»Kipp dir was über den Kopf!« riet Minna.
»Wie?«
»Das Wasser, über deinen Kopf«, wiederholte die Hebamme.
»Oh«, sagte Kitiara, schöpfte kaltes Wasser aus dem Eimer
und spritzte es sich über den Kopf, so daß ihr Gesicht und ihre
Kleider naß wurden. Erfrischt schoß sie los, um einen weiteren
Eimer zu holen.
»Dummes Ding«, murmelte Minna tonlos.
Rosamund glühte ebenso, und Minna gab sich größte Mühe,
sie abzukühlen, indem sie sie dauernd mit einem nassen, kalten
Schwamm abrieb. Kits Mutter wirkte schlaff und leblos und
verlor immer wieder das Bewußtsein; sie war einfach zu
erschöpft. Die Wehen gingen weiter. Was eigentlich eine kurze
Geburt hätte sein müssen, zog sich unendlich lange hin.
»Das verstehe ich nicht. Dieses Baby müßte einfach
rausflutschen«, sagte Minna leise
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