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Drachenlanze - Das Mädchen mit dem Schwert

Drachenlanze - Das Mädchen mit dem Schwert

Titel: Drachenlanze - Das Mädchen mit dem Schwert
Autoren: Tina Daniell
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die
bläuliche Färbung jetzt etwas rosiger. Doch als sie versuchte,
mit der heftigen Massage aufzuhören, wurde die Atmung des
Babys wieder langsamer. Also ging das heilsame Rubbeln
weiter. Kitiara war fest entschlossen, Minna zu beweisen, daß
sie unrecht hatte, doch sie war um das Leben ihres zweiten
Halbbruders zugleich auch höchst besorgt. Sie warf einen
kurzen Blick auf den ersten Zwilling, der friedlich in Gilons
Wiege geschmiegt lag. Dieser kräftige und im Vergleich
engelhafte Junge schlief tief und fest. Wie verschieden sie
waren! Doch als Kit länger den älteren Bruder anstarrte, hatte
sie den Eindruck, daß er im Gleichklang mit seinem
schwächeren Zwilling atmete. Sie konnte jetzt mit dem Reiben
aufhören. Das zweite Baby atmete nun besser und war
eingeschlafen.
Auf der anderen Seite des Raums lehnte sich die Hebamme
zurück.
Auch sie war erfolgreich gewesen. Rosamunds Blutung war
gestillt. Kits Mutter schlief den Schlaf der Erschöpfung und
war dabei leichenblaß.
»Puh«, seufzte Minna, die ein Laken und eine Decke über
Rosamund zurechtzog, »das war eine der schwierigsten
Geburten, die ich je erlebt habe. Nicht, daß ich mir Sorgen
gemachte hätte! Wenn man in diesen Dingen so erfahren ist
wie Minna, mein Kind…«
Kit, die mit dem Baby im Arm am Herd saß, hörte ihr kaum
zu. Als sie aufblickte, stand Minna mit rotem Gesicht und
inzwischen schiefem Haarknoten vor ihr.
»Deine Mutter muß alle zwei Stunden geweckt werden und
einen guten Schluck Tee aus diesen Espenblättern trinken«,
sagte die Hebamme kühl. »Du oder Gilon, einer muß heute
abend los und Ziegenmilch auftreiben. Deine Mutter ist nicht in
der Lage, diese Babys zu stillen, und Ziegenmilch ist das beste
für neugeborene Menschenbabys. Ziegen haben auch Junge,
wie du weißt.«
Als sie die offensichtliche Abneigung auf Kits Gesicht
bemerkte, befand Minna, daß das Mädchen ein paar ganz
normale Manieren zu lernen hatte. Kitiara sah zur Seite und
betrachtete intensiv den zweiten Zwilling, um zu prüfen, ob
ihre sorgfältige Massage Erfolg gehabt hatte. Das Baby gab
einen erstickten Laut von sich. Kit fing wieder an, es zu
massieren.
»Ich weiß nicht, ob ich darauf meine Hoffnung setzen
würde«, sagte Minna trocken. »Du solltest diese Energie lieber
für die Pflege deiner Mutter nutzen. Ich hab dir doch gesagt,
daß der zweite Zwilling oft nicht lange lebt. Kann sein, daß wir
ihm schon morgen früh ein Grab schaufeln können.«
Die ganze Angst und Hilflosigkeit und Enttäuschung der
letzten Stunden stieg bei Minnas herzloser Bemerkung in Kit
wieder hoch. Ihr kleiner Körper bebte vor Zorn, der sie auf die
Füße riß. Ohne eine bewußte Entscheidung holte Kit aus und
schlug der Hebamme, so fest sie konnte, ins Gesicht.
»Sag das nicht noch mal!« schrie Kit.
Empört ergriff Minna Kit unsanft an der Schulter, wodurch
sie ihr fast das Kind aus den Armen gerissen hätte. Auf ein
Geräusch von der Tür her drehte sich erst Minna, dann Kit um.
Dort stand Gilon mit ernster Miene. Ein leichter Luftzug
blies ihnen ins Gesicht.
»Habt Ihr das gesehen, Meister Majere?« Minna ließ Kits
Schulter los und rannte zu Gilon. Sie bebte vor Wut. »Habt Ihr
das gesehen? Sie hat mich geschlagen! Das dürft Ihr ihr nicht
durchgehen lassen. Ich verlange eine Entschuldigung, und ich
finde, ich habe das Recht, sie zur Strafe zu verprügeln. Wenn
dieses Kind nicht richtig bestraft wird, dann endet sie noch wie
ihr Vater – als Lump!«
Gilon sah von der Hebamme zu seiner Stieftochter. Seine
müden braunen Augen verrieten nicht Zorn, sondern Trauer. Er
stellte seine Axt hinter der Tür ab und zog langsam seine Jacke
aus. Seine große Hündin, Amber, die Gilon stets beim
Holzholen begleitete, spürte, daß etwas nicht stimmte, und
trottete davon. Der unerschütterliche Gilon fuhr mit den
Fingern durch sein dickes, braunes Haar und ließ sich lange
Zeit, bevor er redete.
Ohne ein Wort zu ihrer Verteidigung zu sagen, hatte Kit
wieder angefangen, das Baby abzureiben. Sie war hundemüde,
doch sie haßte die Tränen, die in ihren Augen standen. Sie
beugte ihren Kopf tief über das Baby und weigerte sich
hochzuschauen.
»Gerede über Beerdigungen am anderen Tag«, sagte der
stämmige Holzfäller schließlich, »ist bei einer Geburt
unerwünscht. Ich würde sagen, ihr zwei seid praktisch quitt.«
In seiner Stimme lag eine stille Autorität. Sein Gesicht war
unbewegt.
Kit blickte weiterhin das Baby an, doch innerlich jubilierte
sie.
»Na schön!« Vor
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