Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Drachenlanze - Das Mädchen mit dem Schwert

Drachenlanze - Das Mädchen mit dem Schwert

Titel: Drachenlanze - Das Mädchen mit dem Schwert
Autoren: Tina Daniell
Vom Netzwerk:
haben.«
Kit verriet Gilon nicht, daß Raistlin der Held in den
erfundenen Geschichten war, die Gregor ihr manchmal zum
Einschlafen erzählt hatte. Die meisten Geschichten von Gregor
waren entweder wahre, eigene Erlebnisse oder Legenden über
die alten Helden von Krynn. Aber es gab eine Geschichte, die
er gern erzählte, von der Kit glaubte, daß ihr Vater sie sich
ausgedacht hatte. Sie hatte immer neue Fortsetzungen, und
Gregor hatte sie nie zu Ende erzählt, wahrscheinlich, weil es
kein Ende gab. Und weil er gegangen war.
Der Raistlin aus den Geschichten ihres Vaters war weder der
Tapferste noch der Stärkste, aber er war schlau und hatte einen
eisernen Willen. Immer wieder benutzte er seinen Verstand
und schlug so auch überlegene Gegner.
Wenn Caramons Name für die Kraft der Bäume stand, so
würde Raistlins für Schlauheit und Willensstärke stehen,
dachte Kit.
Gilon überlegte. Wieder einmal ging er an Rosamunds Bett.
Kits Mutter hatte die Augen immer noch geschlossen. Ihm
wurde klar, daß es einige Zeit dauern konnte, ehe Rosamund
ihre Meinung kundtun konnte. Gilon lächelte Kit an, als er
seine Entscheidung traf.
»Raistlin… Ich finde, das paßt gut.«
Ein oder zwei Stunden später saß Kit noch mit Raistlin am
Herd, während Gilon gerade die lange, umständliche Aufgabe
beendete, Rosamund mit dem Schwamm abzuwaschen, um ihr
dann die Bettwäsche und die Kleider zu wechseln.
Der Nachtwächter hatte schon längst Mitternacht ausgerufen.
Vor dem Fenster stand Lunitari, der rote Mond, hoch am
Himmel. Er teilte sich das nächtliche Firmament mit Solinari,
der bereits sank. Kit mußte mit Raistlin am Feuer eingedöst
sein. Sie wachte abrupt auf, als der kleine Raistlin einen tiefen
Atemzug machte.
»Zeit für Mutters Tee«, sagte Kit müde.
Gilon, der auf Rosamunds Bettkante saß, sah zu dem
Mädchen hinüber und erkannte plötzlich, wie erschöpft sie war.
Der Stiefvater nahm ihr Raistlin vom Arm und schickte sie
ins Bett.
Kits Beine waren so schwer, daß sie kaum die Leiter
hinaufklettern konnte, die zu ihrem Schlafplatz über dem
hinteren Teil des großen Raums führte. Eigentlich war es nur
ein Plätzchen, das sie sich im Speicher unter dem Dach der
Hütte hergerichtet hatte.
Hinter Jutesäcken voll Korn und anderen getrockneten
Vorräten standen ihr Feldbett und eine kleine Kommode. Das
einzige Fenster, das oben unter dem First war, bot ihr einen
phantastischen Blick in das Gewirr der Vallenholzzweige.
Wenn Kit während der Sommerzeit hinaussah, kam sie sich
vor, als würde sie auf einer Blätterwolke schweben. Für den
Luxus eines eigenen Plätzchen in der engen Hütte ertrug sie
gern die Sommerhitze und die winterliche Kälte oben unter den
Dachsparren.
Kit ging zu der Kommode, zog sie von der Wand ab und
tastete dahinter nach dem versteckten Brett.
Vorsichtig holte Kitiara ein abgegriffenes Stück Pergament
hervor. Als sie es entrollt hatte, starrte sie die Tintenzeichnung
darauf an, von der sie wußte, daß sie das Wappen eines Ritters
von Solamnia darstellte. Im blassen Mondlicht, das durch ihr
Fenster fiel, sah Kit die Fänge eines Habichts, einen Pfeil und
eine Umrandung in der Form eines Auges.
Nach ein paar Minuten rollte Kit das Pergament wieder
zusammen und verstaute es wieder. Vollständig angekleidet
fiel sie auf ihr Feldbett und sank sofort in festen Schlaf.
In dieser ersten Nacht schlief Caramon friedlich in seiner
Wiege. Gilon behielt Raistlin zwischen sich und Rosamund im
Bett, weil er hoffte, daß ihre Körperwärme dem Baby helfen
würde. Kit bekam nichts davon mit, daß ihr Stiefvater viele
Male in der Nacht aufstand und für seine geliebte Frau und die
neugeborenen Zwillinge sorgte.
Am nächsten Tag bereitete Gilon gerade über dem Feuer
einen Topf Brei zu, während Kit Raistlin im einen Arm hielt
und gleichzeitig versuchte, Caramon in der Wiege die Flasche
zu geben, als jemand an die Tür klopfte. Ohne eine Antwort
abzuwarten, trat Minna mit ihrer Schwester Yarly ein.
Yarly war eine jüngere Ausgabe von Minna – ganz genauso
klein und dick und gestärkt. Beide trugen ihre Schürzen, doch
Yarlys Haare waren unter ein Häubchen gekämmt.
Anscheinend hatte sie von ihrer Schwester Anweisung
bekommen, wenig oder gar nichts zu sagen. Beide wirkten
verdrießlich, aber Yarly hatte eine dicke, vorstehende
Unterlippe, die sie immer irgendwie mürrisch aussehen ließ.
Minna ignorierte Kit geflissentlich und hatte für Gilon nur ein
kühles Nicken übrig, als sie mit Yarly im
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher