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Drachenkreuzer Ikaros: Roman (German Edition)

Drachenkreuzer Ikaros: Roman (German Edition)

Titel: Drachenkreuzer Ikaros: Roman (German Edition)
Autoren: Michael Szameit
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sein müssen.
    “Nein, Hermel”, sagt sie weich, “du wirst nichts in Stücke hauen. Dein MOBS mag sehr mächtig sein, aber ich werde es brüllen, kreischen, bis es alle gehört haben: Mungoismus ist eine Folge der genetischen Optimierung!”
    Goff schaut sie irritiert an. “Du?” fragt er ungläubig. “Du hast das gemacht…? Komm, hör auf mit dem Blödsinn, dazu ist jetzt nicht die Zeit.”
    Hendrikje fühlt sich auf einmal zu Tode erschöpft. Die letzten Tage waren auch mörderisch. Die langwierigen Gespräche mit den Programmredakteuren des Freiwilligen Informativen Pflichtprogramms, Dutzende von Einzelgesprächen mit Bekannten, Freunden und sogar völlig Fremden, der Streit mit Aberschwenz, der ihr mit dem BUAV drohte, und dann endlich der Stunden währende Kampf mit dem Großen Gehirn… “Du kannst es nicht mehr verhindern, Hermel, es wissen schon sehr viele”, sagt sie traurig und erzählt ihm alles.
    Goff macht ein Gesicht, das sie beim besten Willen nicht als sonderlich intelligent bezeichnen kann. Unglaube, Wut, Bestürzung und irgend etwas wie ein ganz neues Interesse an ihrer Person mischen sich in seinen Zügen. “Du…, du bist verrückt”, stammelt er. “Du weißt gar nicht, was du da getan hast…”
    “O doch, Hermel, ich weiß es sehr gut”, sagt Hendrikje ruhig, und diese Ruhe ist plötzlich in ihr, weil sie fühlt, daß vielleicht doch noch nicht alles verloren ist.
    “Sogar Quadrangel hat begriffen, daß die Sache intern behandelt werden muß. Ich hätte dir mehr Vernunft zugetraut.” Goff tritt einige Schritte zurück und mustert sie enttäuscht.
    “Quadrangel hat nichts von einem großartigen Projekt der Moralischen Optimierung gewußt!” entgegnet Hendrikje heftig.
    “Das hat doch nichts miteinander zu tun…” Goffs Gegenwehr ist kläglich. In seinen Augen flackert die Angst vor dem Scheitern seines großen Planes.
    Hendrikje muß gegen ihren Willen lachen. “Du weißt viel besser als ich, Hermel, wie eng diese Dinge zusammenhängen”, erwidert sie, “jetzt, da wir mit den Folgen einer sozusagen kosmetischen Manipulation an menschlichen Genen beschäftigt sind, ist es doch Irrsinn, an weitere, schwerwiegendere Eingriffe zu denken. Stell dir mal geistige Mungos vor! Menschen, die intellektuell und moralisch entarten – denk an die Glumpe, wenn du alle anderen Argumente nicht akzeptieren kannst! Wer solche Risiken eingeht, muß auch genau wissen, wo die Grenzen zwischen Waghalsigkeit und Verbrechen gezogen werden müssen. Wollt ihr aus der Menschheit eine geistige Glumpe machen?”
    “Quatsch! Halt uns doch nicht für gewissenlos! Wir haben aus den Fehlern gelernt. So etwas wird nicht wieder vorkommen, das wird alles hundertprozentig abgesichert.”
    “Hör auf!” fällt sie ihm ins Wort. “Nichts hast du begriffen, absolut nichts! Ihr wollt gegen ein Naturgesetz verstoßen, begreif das doch endlich! Dein Traum von der Göttlichkeit wird sich vielleicht erfüllen, irgendwann, in tausend oder Millionen Jahren. Aber bis die Menschen Götter sind, müssen sie den Gesetzen gehorchen, die sie nicht außer Kraft setzen können. Du kannst Götter nicht mit dem Laserskalpell erzeugen. Was ihr wollt, kann nur ein gesellschaftlicher Prozeß realisieren! Und wir sind doch schon mittendrin in deiner so heftig geliebten Moralischen Revolution, versteh es doch! Seit Jahrhunderten vollzieht sich dieser Wandel. Stück für Stück, Mensch für Mensch. Sieh dich um! Schau auf die Erde, nicht zum Olymp! Öffne endlich die Augen, Hermel Goff!”
    Goff sieht sie durchdringend an, seine Augen schillern erregt, er schnauft böse. “Ich schaue auf die Erde, Hendrikje Greiff, und ich sehe einen kleinen schwachen Menschen vor mir, der sich anmaßt, der wohlerwogenen Entscheidung zu widersprechen! Der sich auflehnt, frech und unbekümmert, der die Verantwortung für die ganze Zukunft zu tragen sich erdreistet!”
    Da ist aber mehr als nur Zorn im Schillern seiner Augen und im Klang seiner Worte. Da ist ein seltsamer Triumph, ein freudiges Leuchten, dasden gewaltigen Ärger durchdringt.
    “Nein, ich entscheide gar nichts”, sagt Hendrikje und zeigt auf die Stadt rings um sie, “die da werden die Entscheidungen fällen. Nur sie können die Verantwortung übernehmen, und sie werden es tun.”
    Goff schweigt und starrt in die Nacht, in das Funkeln und Glitzern der tausend Lichter von Amorix. Seine Zähne knirschen, und Hendrikjeweiß, daß es ihn unendlich viel Überwindung kosten wird, sich
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