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Drachenkreuzer Ikaros: Roman (German Edition)

Drachenkreuzer Ikaros: Roman (German Edition)

Titel: Drachenkreuzer Ikaros: Roman (German Edition)
Autoren: Michael Szameit
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Qualle in den Mund und denkt: Wird er kommen? Wird er mir das verzeihen? Er kommt sicher, aber was dann?
    Hoch über ihr fauchen Plasmabrenner und zersäbeln Laserstrahlen die Dunkelheit.
    Wenn sie heute noch fertig werden, haben sie den Plan um fast zwölf Prozent überboten, denkt sie. Und das erstemal in ihrem Leben empfindet sie wirklich Achtung vor solcher Leistung.
    Die Kuppel über Amorix ist an einigen Stellen gerissen, aber aufgrund der Zellenstruktur ist die Reparatur nicht so kompliziert. Noch während der Sonnenbeben sind Havariekommandos darangegangen, die Lecks notdürftig zu schließen.
    Eigentlich ist kaum etwas passiert, von den Rissen abgesehen. Nur die Achternak-Pylone hat etwas gewackelt, weil sie damals höher gebaut wurde als vorgesehen und keine neuen statischen Berechnungen angefertigt worden waren. Man hatte eben einfach und unkompliziert die Kennziffern übererfüllt, wie Goff es ironisch kommentierte. Die Pylone hat also gewackelt, und der Mann obendrauf ist runtergefallen. Das war alles. Auf der Erde.
    Dafür konnte sich Hendrikje endlich einmal das Gesicht dieses versteinerten Menschen ansehen. Der Kopf lag inmitten der Plusterfarnrabatten, nur die Nase war abgeschlagen. Dieser Achternak hatte speckige Wangen und keine Haare. Und tote Augen, wie ein Blinder. Man sollte solchen Skulpturen wenigstens farbige Augen machen.
    In den nächsten Wochen wird man ein neues Denkmal einweihen. Hendrikje treten bei diesem Gedanken die Tränen in die Augen, und sie weiß genau, daß es nicht an der Qualle liegt.
    Das Denkmal wird vor dem Urbanidum Universum stehen, in dem sich das Zentrum für Sonnenforschung befindet. Eine Gruppe von Männern, die Arme in den Himmel gereckt, und aus den Ellenbogen wachsen kräftige Schwingen, die sich wie ein Blütenkelch der Sonne öffnen, in die Wolken.
    Hendrikje hat geheult, als Aberschwenz ihr den Entwurf zeigte, und als er mit belegter Stimme sagte, es sei doch wenigstens ein würdevolles und ehrenhaftes Ende gewesen, da schrie sie ihn unbeherrscht an und rannte hinaus, lief ziellos durch Amorix und fand sich plötzlich an der Achternak-Pylone wieder. Von hier aus fiel ihr Blick auf die Tageslosung, und da kam ihr diese verrückte Idee. Jetzt steht sie wieder hier, und auch Goff soll es von hier aus entdecken.
    Wie werden sie aussehen mit diesen toten Augen? denkt sie wehmütig. Flakke, Ellis, Skamander, Styx und die anderen Männer – sie haben ihr eine Aufgabe hinterlassen.
    Ireas muß es gewußt haben, überlegt sie traurig. Er hat mich so merkwürdig angesehen, als er Hermel und mir befahl, mit dem Schlepper zurückzukehren, und dann hat er mit fiebrig glänzenden Augen in die Sonne gestarrt, als ahnte er, daß sie auf die Ikaros wartete… Ganz sicher hat er es gewußt, aber sie haben bis zum allerletzten Augenblick die Meßwerte gesendet und damit die Hypothese dieses Skagit bestätigt. Es ist Geminga, nicht die Sonne. Noch einmal in fünfunddreißig Jahren wird sie beben und vibrieren – aber es wird ein Minimum sein, ein klitzekleines Minimum, und dann haben wir für einige Millionen Jahre Ruhe. Alles wird wieder so sein, wie es immer war.
    Sie seufzt leise. Ruhe – werden wir wirklich Ruhe haben? Brauchen wir überhaupt Ruhe, gibt es so etwas überhaupt in der Welt, die in ständiger Bewegung und Veränderung begriffen ist?
    Als sich eine Hand in ihren Nacken legt, zuckt Hendrikje zusammen, doch wandelt sich der Schreck in wilde Freude, als sie allein am Druck der Finger und an dem eigentümlichen nervösen Zittern erkennt, wer hinter ihr steht. Sie wirbelt herum und fällt Goff um den Hals, verkrallt sich in seinem dichten blauschwarzen Haar und preßt das Gesicht gegen seine Wange. “Warumweinstdu?” fragt er beunruhigt. “Das Denkmal…”, flüstert sie und schluckt krampfhaft.
    “Deristdochaberschonlangetot”, antwortet Goff besänftigend, “solange, daßkeinermehrweiß, werereigentlichwar.”
    “Ich meine, das Denkmal für Ireas und seine Männer…” Goff schweigt lange und streichelt sie. Dabei bemüht er sich, seine Bewegungen zu kontrollieren.
    Bei ihm wirkt es nicht, dieses verdammte Komposit! denkt Hendrikje und schluchzt laut auf. Als er es ihr gesagt hat, glaubte sie, sterben zu müssen. “Wirmachenweiter”, hatte er nur tonlos geantwortet.
    “Wenigstens… sind… Skagit… und… Bruno… durchgekommen”, sagt Goff betont langsam, weil er wohl gemerkt hat, was in Hendrikje vorgeht.
    “Und wir…”, setzt sie matt
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