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Drachenkreuzer Ikaros: Roman (German Edition)

Drachenkreuzer Ikaros: Roman (German Edition)

Titel: Drachenkreuzer Ikaros: Roman (German Edition)
Autoren: Michael Szameit
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hörte er Splittern und Krachen in den Kopfhörern und ein entsetzliches Stöhnen, dann war es totenstill. Skagits Hals war wie zugeschnürt.
    Der Landeapparat hatte Styx und Ellis zu Tode gequetscht…
    Auch jetzt noch, ein Jahr später, zittert Skagit am ganzen Leib, wenn er das Bild von Styx' plattgedrücktem Helm vor Augen hat, aus dem ein kleines Büschel feuerroter Locken hing.
    Flakke konnte nichts für die beiden Überlebenden tun, ihnen nur die Hoffnung geben, daß der Schlepper sie vielleicht retten würde, dazu aber mußte er die Ikaros erst auf Sonnenkurs bringen. Als das geschehen war, schickte er den Raumschlepper sofort zurück.
    Skagit war halb wahnsinnig vor Angst, der Boden unter seinen Füßen brach auf und schob sich zusammen, in den Kopfhörern Brunos Stöhnen – und er konnte nichts weiter tun, als sich hinzulegen, bis an den Rand des Spalts zu kriechen und Bruno immer wieder mit erstickender Stimme zu versichern, daß er ihn nicht allein lassen werde.
    Die Beben dauerten nur wenig mehr als sechs und eine dreiviertel Stunde. Keiner wußte das besser als Skagit, der die komplizierten Bahnverläufe der vier Komponenten von Geminga beinahe auswendig hersagen konnte – und doch kam es ihm vor wie viele Tage.
    In diesen knapp sieben Stunden wurde fast alles vernichtet, was Menschenhand auf dem Merkur errichtet hatte. Die Bebenwellen umliefen den Planten in konzentrischen Ringen und schlugen wie eine Sturmflut über der Basis Hermes zusammen, die in aller Eile geräumt worden war.
    Auf der Erde war kaum etwas zu spüren, und dort, wo es doch zu leichten Bodenstößen kam, waren die Menschen gewarnt: Die Meßdaten der Ikaros gestatteten so sichere Prognosen, daß die Leute wenigstens noch die Zeit hatten, besonders gefährdete Gebiete zu verlassen. So waren keine Menschenleben zu beklagen, auf der Erde jedenfalls…
    Skagit legt sich ein neues Blatt Papier auf den Schreibtisch und starrt gedankenversunken auf die weiße Fläche.
    Hat sich Flakkes Opfer eigentlich gelohnt? denkt er schwermütig. Irgendwo auf der Südhalbkugel ist ein veralteter Wohnbau eingestürzt, einer von diesen schlanken, hundertgeschossigen Türmen, wie man sie vor Jahrhunderten baute. Den Leuten ist nichts geschehen, weil die Computerwarnung noch rechtzeitig eintraf. Alles, was irgendwie dazu geeignet war, rechnete in diesen Stunden nur Bebenprognosen aus, auf der Grundlage der von der Ikaros übermittelten Daten.
    Die meisten der Bewohner hatten das Gebäude ohnehin vorsorglich verlassen. Als die Bebenwarnung eintraf, sollen sich dort noch knapp dreißig Personen aufgehalten haben – fast so viel, wie die Besatzung des Drachenkreuzers zählte. Hat es sich gelohnt?
    Diese Frage geht ihm immer wieder im Kopf herum: War dieses Opfer gerechtfertigt? Als Hendrikje ihn einmal besuchte und ihn bat, die Patenschaft über ihre kleine Tochter zu übernehmen, hätten sie sich fast gestritten deswegen.
    Er beklagte, daß sich drei Dutzend großartige Menschen – wie er sie nannte – aufopfern mußten, daß dies doch ungerecht sei, und wollte einfach nicht ihr Argument akzeptieren, daß niemand vorhersagen konnte, wie groß die Gefahr für die Erde wirklich war. Dieser Hermel Goff vom MOBS war auch dabei und mußte seinen Senf dazugeben. Es seien doch immer die Besten und Mutigsten, die diese Opfer brächten, sagte er, und wenn es solche Leute eines Tages nicht mehr geben sollte, dann könnten sich die Menschen mit den Wanzen und Bandwürmern verbrüdern. Dann faselte der Kerl noch was von einer Moralischen Revolution, in der sich die Menschen seit Beginn der Zivilisation befänden. Er schien sehr zufrieden mit seinen Erkenntnissen. Auch die Frau akzeptierte sein Gequatsche.
    Die Patenschaft über die kleine Daoud übernahm Skagit trotz aller Meinungsverschiedenheiten. Das war er der Hendrikje Greiff schuldig, die ihm dieses Labor verschafft und damit die Möglichkeit gegeben hat, seine Forschungen zum Geminga-Problem zu erweitern und die Ergebnisse in eine allgemeine Theorie über Brechung, Reflexion, Polarisation und Transformation von Schwerewellen zu fassen. Wenn es ihm nun noch gelingt, gemeinsam mit seiner Arbeitsgruppe die Frage der virtuellen Schwerefelder in den Griff zu bekommen… Skagit schiebt den Gedanken beiseite.
    Die kleine Daoud – nun, sie ist nicht ganz gesund, aber ein Jahr Wachstumsstimulation werde genügen, hat Goff gesagt. Abgesehen von den Füßen, ist ja auch alles in Ordnung. Goff muß das wissen – als
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