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Drachenkreuzer Ikaros: Roman (German Edition)

Drachenkreuzer Ikaros: Roman (German Edition)

Titel: Drachenkreuzer Ikaros: Roman (German Edition)
Autoren: Michael Szameit
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als Klugwarm erschrocken den Griff lockert, befiehlt er: “Stütze mich! Geh da entlang!”
    Klugwarm setzt sich torkelnd in Bewegung. Jeder Schritt ist für Skamander quälend. Immer dichter wird der Qualm, der ihnen entgegenquillt, doch als Klugwarm hustend und röchelnd stehenbleibt, dreht sich Skamander ächzend nach den anderen um und sieht etwas glühend und dampfend aus dem Spalt brodeln wie hellrot leuchtenden Schlamm.
    Magma! durchzuckt es ihn. Da schießen auch schon feurige Spritzer aus dem Riß im Felsboden, und Skamander meint die Hitze – die für die Mitglieder der Glumpe mörderisch sein muß! – sogar durch den Skaphander zu spüren. Zweiundvierzig Grad Außentemperatur!
    “Vorwärts!” keucht er entschlossen, und als Klugwarm aufstöhnend den ersten Schritt in die undurchdringliche Rauchwand wagt, greift Skamander schnell noch Rochs Klaue, der mit vorgestrecktem Arm hinter ihnen herstolpert. Die kleine Schisch schreit, daß es Skamander schier das Herz zerreißen will. Rochs Atem klingt wie Kettenrasseln. “Weiter! Schnell!” brüllt Skamander.
    Sie stolpern durch undurchdringliche Finsternis, er verliert beinahe die Besinnung vor Schmerzen.
    Dann hört er plötzlich nicht mehr das Schreien der kleinen Schisch. “Halt!” ruft er, dreht sich um und stürzt dabei fast zu Boden, weil ihm vor Schmerz die Knie einknicken. Hastig greift er nach dem Kind, aber Roch gibt es nicht her. Er steht da wie zu Stein erstarrt, und seine milchigen Augen sind wie Eisklumpen. Skamander muß ihm mit Gewalt den Arm wegbiegen, um das Kind fassen zu können.
    Selbst seine Helmlampe vermag kaum, den dichten Rauch zu durchdringen, aber das Gesicht des Kindes ist in ihrem Schein zu erkennen. Der spitze Kopf liegt in Skamanders Armbeuge, der Mund ist weit geöffnet, und die Lippen zittern kaum merklich. Skamander regelt hastig die Luftzufuhr seines Raumanzugs auf und pumpt so viel Sauerstoff in den Skaphander, wie nur irgend geht, dann schließt er das Helmventil und löst den Schlauch. Gerade als er das Schlauchende vor Schischs Gesicht halten will, vernimmt er einen dumpfen Aufschlag. Roch ist, ohne einen Laut von sich zu geben, steif wie ein Brett umgefallen. Skamander sieht nur noch die verkrüppelten Füße, an denen die Zehenstummel wie unter Stromstößen zucken, dann zieht Roch mit einem Ruck die Beine an und streckt sie wieder. Und nun liegt er ganz ruhig…
    Der Sauerstoff faucht der kleinen Schisch als weißlicher Nebel ins Gesicht. “Weiter!” befiehlt Skamander.
    Nach wenigen Schritten bricht auch Klugwarm zusammen. Bring die kleine Schisch in eure Welt! hört Skamander die Stimme seines fremden Bruders.
    Aufschreiend vor Qual, läßt er sich auf die Knie nieder, schaut Klugwarm ins Gesicht, preßt dabei aber das Kind gegen seine Brust und hält mit zitternder Hand den Schlauch, trotz der betäubenden Schmerzen. Gib ihr… viel Wärme… Die gespaltenen Lippen des häßlichen Riesen flattern unter dieser letzten Kraftanstrengung.
    Skamander schaut verzweifelt in die schönen hellblauen Augen des Riesen, die das einzig Menschliche in diesem Gesicht sind.
    Vor über dreißig Jahren haben solche Augen ihn beinahe jeden Tag liebevoll angelächelt, die Augen seines Vaters…
    Da rüttelt und schüttelt es wieder unter seinen Füßen, erneut bäumt sich der Fels auf.
    Skamander fällt und versucht instinktiv, das Kind in seinem Arm vor dem Aufprall zu schützen. Auf der Seite liegend, sieht er feurige Fontänen das Dunkel zerschneiden, sieht, wie sich die Decke des Gangs wölbt und dehnt, hört das Krachen und Splittern.
    Als die Decke über ihm reißt, blickt er geradewegs in die sengende Sonne, und noch bevor die entfesselte Flut des tobenden Sterns sein Denken auslöschen kann, poltern gewaltige Gesteinsbrocken herab und zermalmen ihn und die kleine Schisch.
    Skamander spürt nicht mehr, wie die Felsstücke das Leben in ihm zertrümmern. Rauschen und Zirpen naher und ferner Gedanken umhüllen ihn mit wohltuender Wärme, und das letzte, was er sieht und fühlt, ist ein Bild, das ihm eine tiefe Ruhe gibt: Aus dräuenden Gewitterwolken fallen Regentropfen, sie stürzen in einen gewaltigen Ozean und lösen sich in ihm auf, werden eins mit ihm. Und Skamander ist einer dieser Milliarden Tropfen…

KAPITEL 24
    Fröstelnd steht Hendrikje am Fuß der Achternak-Pylone und schaut zum Urbanidum Maximum hinüber. Es ist kurz vor Mitternacht, gleich muß die neue Tageslosung aufleuchten. Hendrikje schiebt sich eine
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